Bringt Trump die Jobs wirklich zurück?
5. Dezember 2019Das produzierende Gewerbe und die großen Industrien mit ihren vielen Jobs den USA wieder stark zu machen, ist das zentrale Element von Trumps politischer Agenda, seit er 2016 angekündigt hatte, er wolle sich um die Präsidentschaft bewerben.
Donald Trump hatte die Vorgängerregierungen scharf dafür kritisiert, es zugelassen zu haben, dass amerikanische Unternehmen ihre Produktion in Länder wie Mexiko und China verlegten. Er versprach, diese Jobs wieder in die USA zurückzubringen. Obwohl sich Trump selbst als "Helden der industriellen Wiederbelebung" feiert, halten einige Beobachter seine Erfolge auf diesem Gebiet eher für armselig.
"Es hat überhaupt keine Wiederbelebung der Beschäftigung im produzierenden Gewerbe in den USA gegeben", sagte David Dollar, Experte für sino-amerikanische Wirtschaftsbeziehungen bei der Brookings Institution, einer parteiunabhängigen Denkfabrik in Washington, D.C. "Als Trump ins Amt kam, stand das produzierende Gewerbe für 8,1 Prozent der Beschäftigung im zivilen Bereich - und auch heute sind es 8,1 Prozent", so Dollar zur DW.
Das Institut für Versorgungsmanagement (ISM) - eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in Tempe, Arizona - hat in dieser Woche Daten veröffentlicht, nach denen das produzierende Gewerbe im November 2019 den vierten Monat in Folge geschrumpft ist. Die Auftragseingänge sind auf den niedrigsten Stand seit 2012 zurückgefallen.
Selbstgemachte Probleme
Die "America first"-Politik und die protektionistischen Maßnahmen der Regierung haben für allgemeine Verunsicherung, handelspolitische Vergeltungsmaßnahmen und gestörte Versorgungsketten gesorgt, während sie die Investitionsbereitschaft hemmen und Neueinstellungen behindern, so die Experten.
Zu den vielen Zoll-Streitigkeiten, die der US-Präsident in seiner Amszeit vom Zaun gebrochen habe, sagte Jacob Funk Kirkegaard vom Peterson Institute for International Economics, einer Washingtoner Denfabrik, zur DW: "Trumps Handelskriege sind beinahe allein verantwortlich für sein Versagen im produzierenden Gewerbe."
Kirkegaard erklärt das so: "Trotz für Friedenszeiten rekordverdächtiger fiskalischer Anreize, anhaltender Niedrigzinsen und einer großzügigen Senkung der Unternehmenssteuern, bleibt die Investitionsbereitschaft sehr niedrig. Die Unsicherheit beim Handel drückt auf die Risikobereitschaft der Unternehmenschefs und die Unternehmensprofite stagnieren."
Die Jobs sind nicht zurückgekehrt
Washingtons Handelsstreit mit Peking habe zwar dazu geführt, dass einige Produktionen von China nach Mexiko oder Vietnam verlagert worden sind, sagt David Dollar von der Brookings Institution. In die USA seien die Jobs aber nicht zurückgekommen. "Gleichzeitig sind viele US-Firmen von Komponenten und Maschinen aus China abhängig und werden von den Zölle getroffen."
Marick Masters, ein Wirtschaftsprofessor, der sich an der Wayne State University auf Arbeitsfragen spezialisiert hat, bewertet Trumps Job-Bilanz dagegen als "generell positiv". Seine Handelspolitik habe einen "beträchtlichen politischen Reiz" in den USA, so Masters zur DW: "Trump gefällt jenen Menschen, die davon frustriert waren, dass sich die USA mit ihren Handelspartnern nicht anlegen wollten. Seine Bereitschaft, zurückzuschlagen, spricht viele Menschen an."
Wie wichtig ist die Produktion?
Das produzierende Gewerbe hat einen Anteil von elf Prozent um amerikanischen Bruttoinlandsprodukt, so Zahlen des US-Handelsministeriums aus dem zweiten Quartal.
In früheren Jahrzehnten war der Sektor bedeutender. Doch er gilt noch immer als wichtig für die Innovationsfähigkeit, außerdem sind Jobs in der Produktion meist gut bezahlt. Peter Navarro, der den Nationalen Handelsrat des Weißen Hauses leitet, sieht die Produktion als Multiplikator, weil dadurch auch in anderen Bereichen viele Jobs entstehen.
Der Unternehmerverband "National Association of Manufacturers" hat errechnet, dass jeder Dollar, der in der Produktion ausgegeben wird, für einen Wertzuwachs von 1,81 Dollar an anderer Stelle der Wirtschaft sorgt. Die Produzenten seien die größten "Multiplikatoren" der gesamten Wirtschaft.
Jobs in der Produktion seien tendenziell auch besser bezahlt und sorgten auch für ein entsprechendes Niveau bei der Bildung, war 2018 in einer Studie des amerikanischen Economic Policy Institute zu lesen.
Während seines Wahlkampfes und in seiner Präsidentschaft hatte Trump fest versprochen, den seit langem anhaltenden Abwärtstrend der industriellen Produktion zu beenden und den sogenannten "Rust Belt" im mittleren Westen wiederzubeleben. Hier hatten 2016 besonders viele Menschen für Trump gestimmt.
Seitdem Trump Präsident ist, hätten US-Unternehmen 400.000 neue Jobs in der Produktion geschaffen, ist auf der Website des Weißen Hauses zu lesen.
Was das für die Wiederwahl bedeuten kann
Doch die Abkühlung der Konjunktur und die wirtschaftliche Unsicherheit könnten einen entgegengesetzten Effekt für Trump in den Rust-Belt-Staaten haben, sagen einige Analysten. Große Unternehmen wie John Deere und Caterpillar warnen vor sinkenden Gewinnen, die Angst vor Entlassungen wächst.
All das könnte Trumps Chancen auf eine Wiederwahl schmälern, sagte Kirkegaard vom Peterson Institute: "Um wiedergewählt zu werden, muss Trump in den Staaten im oberen Mittleren Westen erneut gewinnen." Hier habe er 2016 nur eine knappe Mehrheit gehabt. "Wenn das produzierende Gewerbe dort aber in die Rezession steckt und Jobs streicht, wird es für Trump schwierig."
Im ganzen Land trifft die Delle bei den Produzenten die republikanischen Bezirke am stärksten, zeigen Daten der Brookings Institution. Das kann wahlentscheidend sein in stark umkämpften Staaten wie Wisconsin und Michigan, wo in manchen Bezirken jeder fünfte Arbeitsplatz in der produzierenden Industrie liegt.
"Trumps Wiederwahl hängt in hohem Maße von der Lage der Wirtschaft und dem vermuteten Grad an 'Extremismus' auf Seiten seines demokratischen Herausforderers ab", sagt Marick Masters von der Wayne State University. "Sollte die Wirtschaft bei wachsender Arbeitslosigkeit in eine Rezession schlittern, werden Trumps Chancen auf Wiederwahl sinken. Wenn die Wirtschaft aber weiterhin gut läuft und die Demokraten einen extremen Linken nominieren, dann steigen seine Chancen."
Schwächelnde Geschäftsaussichten und die nachlassende globale Nachfrage haben US-Fabriken hart getroffen. Außerdem dämpfen Handelskonflikte und zunehmender Protektionismus auch das Wachstum in anderen Ländern.
Wer hat die Schuld? Na, die Fed natürlich!
Unterdessen versucht Trump, die Schuld am industriellen Rückgang der US-Notenbank Fed in die Schuhe zu schieben. Der Präsident hat die Geldpolitik der Fed mehrfach scharf kritisiert. Mit ihren Zinserhöhungen habe sie den Dollar-Kurs in die Höhe getrieben und so US-Waren auf anderen Märkten verteuert.
Im Bemühen, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, forderte Trump von der Zentralbank, die Zinsen zu senken - auch wenn ihm Experten sagten, die Probleme seien eher beim Handel als bei der Geldpolitik zu suchen.
Seit dem Sommer hat die Fed die Leitzinsen wieder gesenkt, in drei Zinsschritten auf derzeit 1,75 Prozent. Trump scheint das nicht zu reichen.
"Unternehmer werden vom starken Dollar behindert, der wegen der lächerlichen Politik der Federal Reserve nach oben geschossen ist", twitterte Trump am Montag (2.12.2019).
"Die Fed sollte die Zinsen senken (es gibt fast keine Inflation). Das wird uns wieder wettbewerbsfähig machen und die Produktion wird durch die Decke gehen!", so Trump auf Twitter. "Der Dollar ist gegenüber anderen Währungen zu stark", fügte er hinzu. Im August hatte er getwittert, die Fed erschwere "unseren großen Produzenten wie Caterpillar, Boeing" das Geschäft.
Doch trotz der Schwäche großer Industriebetriebe, sagt Brookings-Analyst Dollar, laufe die US-Wirtschaft im Großen und Ganzen gut. "Der Großteil der Arbeitsplätze konzentriert sich im Dienstleistungssektor - und der wächst weiterhin einigermaßen gut." Für die Präsidentschaftswahl sei es die Lage der Gesamtwirtschaft wichtiger als die Lage im produzierenden Gewerbe, ist Dollar überzeugt.