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Bartholomaios I. auf Deutschlandreise

Klaus Krämer8. Mai 2014

Der zehntägige Deutschlandbesuch des Ehrenoberhaupts der Weltorthodoxie, Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel ist offiziell ein Pastoralbesuch. Seine politische Dimension ist jedoch nicht zu verkennen.

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Koptische Kirche Kreuz
Bild: AFP/Getty Images

Sechs deutsche Städte in zehn Tagen, zahlreiche Begegnungen mit den höchsten orthodoxen, katholischen und evangelischen Kirchenrepräsentanten, Gespräche mit den Spitzenvertretern des Staates, Reden vor besonderem Publikum, öffentliche Ehrungen. Über mangelnde Aufmerksamkeit wird sich das Oberhaupt der Weltorthodoxie vom 10. – 19. Mai nicht beklagen können. Warum auch?

Eigentlich wollte Bartholomaios I. bereits im vergangenen Jahr seinen zweiten Besuch in Deutschland absolvieren, denn da blickte die griechisch-orthodoxe Metropolie in der Bundesrepublik auf ihr 50-jähriges Bestehen zurück. Damals musste der Besuch aufgrund von Terminproblemen verschoben werden. Zur Metropolie gehören bis zu 500.000 griechisch-orthodoxe Christen, die nach eigenen Angaben mehr als 70 Kirchen und über 150 Gottesdienststätten in Deutschland haben.Besonders deren Beitrag zur Integration griechischer "Gastarbeiter", wie sie damals noch genannt wurden, bezeichnen Kenner heute als Erfolgsgeschichte. Das Verdienst der griechisch-orthodoxen Metropolie: Sie bot den Migranten eine vertraute Glaubensheimat in der Fremde.

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Die griechisch-orthodoxe Kirche in Esslingen erwartet den PatriarchenBild: Griechisch-Orthodoxe Kirche "Maria Verkündigung" Esslingen, 2013

Befürworter von Reformen

Patriarch Bartholomaios I., seit 1991 an der Spitze der Weltorthodoxie, gilt als reformorientierter Vertreter seiner Kirche. Erst vor einigen Wochen gelang es ihm, die Oberhäupter von elf orthodoxen Nationalkirchen für ein panorthodoxes Konzil im Jahr 2016 zu gewinnen – das erste seit der Kirchenspaltung im Jahr 1054. Dabei soll die Einheit der Orthodoxie gestärkt und deren Zukunftskurs beraten und festgelegt werden. Ein Umstand, der sich bei seinem Deutschlandbesuch auch auf das Klima der Begegnungen mit Repräsentanten jener Orthodoxen auswirken könnte, die keine griechischen Wurzeln haben. Vielleicht kann das Zusammentreffen mit den Mitgliedern der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland ein Art Vorreiterrolle spielen.

Anerkennung aus der Ökumene

Wird die geplante Synode der orthodoxen Kirchen auch positive Folgen für den Dialog mit Katholiken und Evangelischen haben? Bartholomaios engagiert sich in seinem Patriarchen-Amt deutlich für die Ökumene. Das spiegelt sich auch seinem Besuchsprogramm wieder. In Bonn wird es Gespräche mit der römisch-katholischen Deutschen Bischofskonferenz geben. Deren Vorsitzender, Reinhard Marx wird ihn zusätzlich noch zwei Mal in seiner Funktion als Erzbischof von München und Freising in der bayerischen Landeshauptstadt empfangen. Die Katholisch-Theologische Fakultät der Stadt, in der Bartholomaios einst studierte, wird ihm die Ehrendoktorwürde verleihen. Darin spiegelt sich möglicherweise auch die katholische Wertschätzung für ökumenische Signale des Patriarchen wieder. Gemeinsam mit Papst Benedikt XVI. nahm Batholomaios nach Jahrzehnten des Schweigens die Einigungsgespräche beider Kirchen wieder auf.

Metropolit Augustinus Griechisch-Orthodoxe Kirche in Esslingen
Griechisch-orthodoxe Liturgie in EsslingenBild: Griechisch-Orthodoxe Kirche "Maria Verkündigung" Esslingen, 2013

Außerdem reiste der Patriarch im März 2013 als erstes Oberhaupt der orthodoxen Kirche seit der Kirchenspaltung 959 Jahre zuvor zur Amtseinführung eines römisch-katholischen Oberhauptes nach Rom. Ende Mai wird er Papst Franziskus wieder treffen - zu Gesprächen während dessen Besuchsreise im Heiligen Land.

Patriarch Bartholomäus I. und Papst Franziskus I. im März 2013
Annäherung: Patriarch Bartholomaios I. und Papst Franziskus I.Bild: picture alliance/INFOPHOTO

Nicht minder ehrerweisend werden die Begegnungen des 270. Nachfolgers des Apostels Andreas mit evangelischen Repräsentanten sein. Begegnungen mit den Leitern einzelner Landeskirchen und mit Nikolaus Schneider, dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche, stehen ebenso auf dem Programm, wie ein öffentlicher Vortrag im Berliner Dom. Die Evangelische Akademie Tutzing verleiht Bartholomaios am 17. Mai schließlich den "Tutzinger Löwen". Mit dieser Auszeichnung werde das Engagement des Patriarchen "für die weltweite Ökumene" gewürdigt, begründete die protestantische Denkfabrik vom Starnberger See die Vergabe.

Politische Spitzengespräche

Dass das Oberhaupt der Weltorthodoxie zu getrennten Gesprächen vom Bundestagpräsidenten, dem Bundespräsidenten und der Bundeskanzlerin empfangen wird ist eine Ehre, die wenigen hohen Staatsgästen zuteil wird. Gesprächsthemen gibt es zuhauf: Die Vertreibung von Christen aus dem Nahen Osten und Nordafrika, die Situation der Christen im syrischen Bürgerkrieg und auf der Flucht, der Konflikt zwischen Ukrainern und Russen, bei dem Orthodoxe gegen Orthodoxe kämpfen. Wie hatte der Patriarch erst kürzlich in seiner Osterbotschaft geschrieben: "Die Trommeln des Todes und der Finsternis werden derzeit wie besessen geschlagen."

Angela Merkel beim Patriarchen Bartholomäus II
Trafen sich bereits 2004 in der Türkei - der Patriarch und Angela MerkelBild: AP

Türkische Unterdückung

Der Patriarch von Konstantinopel hat seinen Dienstsitz in Istanbul. Doch das Verhältnis seiner Kirche zum türkischen Staat ist mehr als gespannt. Die wenigen tausend verbliebenen orthodoxen Christen in der Türkei sind Diskriminierungen und Repressalien ausgesetzt. Ein Beispiel ist die 1971 von der damalige türkische Regierung geschlossene orthodoxe theologische Hochschule von Chalki. Sie ist elementar wichtig ist für den Fortbestand des Patriarchats. Weil hier keine Priester mehr ausgebildet werden dürfen, fehlt den Gläubigen und damit der Kirche insgesamt über kurz oder lang die theologisch-geistliche Führung. Patriarch Bartholomaios kämpfte bisher erfolglos für die Wiedereröffnung. Ob er dieses und andere Themen staatlicher Unterdrückung gegenüber dem türkischen Botschafter in Deutschland ansprechen wird? Eine Begegnung mit ihm steht nämlich auch auf dem Programm des höchsten orthodoxen Würdenträgers der Welt.