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London isoliert

Christoph Hasselbach5. März 2013

Die Finanzminister der EU wollen Banker-Boni gegen britischen Widerstand begrenzen. Aber sie wollen London trotzdem ein wenig entgegenkommen, um nicht die britische Euroskepsis noch weiter anzuheizen.

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Symbolbild Managergehälter (Foto: piggy bank sterling union jack © Z #30469496)
Bild: Fotolia/Z

Die Briten standen allein auf weiter Flur. Von allen 27 Finanzministern erhob nur George Osborne Einspruch gegen den Plan, die Bonuszahlungen für Top-Banker zu begrenzen. Aber es galt hier keine Einstimmigkeit, die Briten hätten also einfach überstimmt werden können. Doch London einfach als Buhmann in die Ecke zu stellen, das wollten zahlreiche Finanzminister nicht. Sie gaben sich Mühe, die Briten mit einzubeziehen. Der irische Finanzminister und Ratsvorsitzende Michael Noonan hatte bereits vor der Sitzung selbstbewusst gesagt, er habe "den bestmöglichen Kompromiss zustandegebracht. Wir waren uns der britischen Haltung sehr wohl bewusst, und wir haben eine Reihe von britischen Wünschen auch durchgebracht." Doch es habe nun keinen Spielraum mehr gegeben.

Das Entgegenkommen bedeutet nun, dass mit dem Parlament und dann abschließend mit den Mitgliedsstaaten noch kleine Nachbesserungen gesucht werden sollen. Was die Boni betrifft, so werden die Verhandlungen aber am Grundsatz nichts mehr ändern: In Zukunft dürfen Bonuszahlungen das Grundgehalt nicht mehr übersteigen. Wenn die Aktionäre zustimmen, darf es auch das Doppelte sein.

"Jetzt ist Schluss!"

Doch Regelungen zu den Boni sind nur Teil eines Paketes, mit dem die EU die Lehren aus der Finanz- und Schuldenkrise ziehen will. Zu wenig Regulierung, zu wenig Eigenkapital, um mit Engpässen fertigzuwerden, zu wenig Transparenz und falsche Anreize zum Risiko hätten dazu geführt, dass die Lasten dann oft beim Steuerzahler gelandet seien, meinte Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Der sonst so zurückhaltende Franzose rief in der Pressekonferenz aus: "Es reicht! Es reicht! Jetzt ist Schluss! Jeder muss seine Verantwortung übernehmen."  Zu allen genannten Problemen habe die EU Lösungen gefunden: "Eine rigorose Überwachung der Banken, robuste Eigenkapitalregeln, Transparenz in den Aktivitäten und Bescheidenheit bei den Vergütungen."

Osborne spricht mit Kollegen Photo: picture-alliance/dpa
Der britische Schatzkanzler Osborne (rechts) hält nichts von DeckelungBild: picture-alliance/dpa

Im Einklang mit der Volksseele

Die Stimmung unter den Ministern ist - bis auf Osborne - eindeutig. Und sie sehen sich im Einklang mit den Bürgern. Auch die Volksabstimmung in der Schweiz über ein verschärftes Aktienrecht wurde mehrfach positiv erwähnt. Die österreichische Finanzministerin Maria Fekter meinte, bisher seien vielfach Bankmanager aus Eigeninteresse hohe Risiken eingegangen, "weil die Boni so groß waren." Ihr luxemburgischer Amtskollege Luc Frieden wischte Bedenken beiseite: "Die Banken selbst können noch immer bestimmen, wie hoch das Grundgehalt ist." Auch Luxemburg ist ein bedeutender europäischer Finanzplatz. Doch, so Frieden, es gehe "nicht darum, Vergütungen zu verhindern. Es geht nur darum zu verhindern, dass Menschen hochrisikoreiche Geschäfte machen, nur um ihr Einkommen zu erhöhen."

Das wichtigste Argument gegen die Begrenzung lautet, ganz Europa werde Talente an Singapur oder New York verlieren, wenn die EU die Bezahlung zu sehr begrenze. Auch davon will der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem nichts wissen. Er sehe diese Gefahr keineswegs. "Ich glaube, der Bankensektor sollte mit der Realwirtschaft und mit realen Menschen eng verbunden sein, und reale Menschen machen sich große Sorgen über die Art, wie die Dinge im Finanzsektor laufen." Sein Land wolle die Boni viel stärker deckeln, als es die EU nun vorhabe.

Schäuble will die Briten ein wenig schonen

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte sich mit dafür eingesetzt, die Briten nicht zu sehr vor den Kopf zu stoßen. Das scheint aber eher eine Sache der Form zu sein. Schäuble betont nämlich, dass es jetzt nur noch um Details geht: "Was wir erreicht haben, wird nicht mehr in der Sache infragegestellt." Es gebe nur noch "begrenzte" Möglichkeiten, Änderungen vorzunehmen.

Londoner Bankenhochhäuser Photo: picture-alliance/dpa
Wandert das Londoner Geschäft nach Asien?Bild: picture-alliance/dpa

Als Grund für das Entgegenkommen sieht Schäuble die Chance, dass die britische Regierung angesichts innenpolitischer Schwierigkeiten nun ihr Gesicht wahren kann. Die Stimmung in Großbritannien wird zunehmend europafeindlich. Schäuble sagte offen: "Wir wollen nicht die Kräfte stärken, die aus der EU rauswollen." Ob die Rechnung aufgeht, steht auf einem anderen Blatt. Und es ist auch unklar, ob das Europaparlament mitspielt.