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Politik

"Verbrechen von Srebrenica war kein Genozid"

15. November 2018

Im Interview mit DW-TV sprach die serbische Premierministerin Ana Brnabić über die Aufarbeitung des Bosnienkrieges, äußerte sich zu Serbiens Chancen auf einen EU-Beitritt und zur Pressefreiheit in ihrem Land.

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Serbische Premierministerin, Ana Brnabić
Bild: DW/M. Martin

Das Massaker von Srebrenica, sagte die serbische Premierministerin Ana Brnabić in der DW-Politik-Talkshow "Conflict Zone", sei "ein schreckliches Verbrechen" gewesen, aber kein Genozid. Auch auf Nachfrage bekräftigte Brnabić, das Massaker sei "ein abscheuliches Verbrechen, es war ein Kriegsverbrechen", der Begriff Völkermord sei jedoch unzutreffend: "Genozid bedeutet, dass man die gesamte Bevölkerung, Frauen, Kinder tötet, und das war nicht der Fall."

Im Juli 1995, während des Bosnienkrieges, ermordeten Soldaten der Republika Srpska in der Gegend um den Ort Srebrenica mehr als 7000 muslimische, hauptsächlich männliche, Bosnier. Srebrenica liegt in der 1992 gegründeten Republika Srpska, dem serbisch dominierten und überwiegend orthodoxen Teil des heutigen Bosnien-Herzegowina. Der UN-Gerichtshof für das ehemalige Jugoslawien stufte das Massaker als Genozid ein.

Brnabić ergänzte im DW-TV, das Massaker sei "nicht im Namen des serbischen Volkes verübt worden", und Serbien und die Serben könnten nicht kollektiv dafür beschuldigt werden. "Serbien ist bei weitem das beste Beispiel in der Region im Umgang mit Kriegsverbrechen", antwortete BBrnabić dem Conflict-Zone-Moderator Tim Sebastian auf die Frage, warum so wenige hochrangige Akteure strafrechtlich verfolgt würden. "Vielleicht können wir mehr tun und das werden wir auch. Serbien wird seinen Beitrag leisten, die Rechtsstaatlichkeit sicherzustellen, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und der Zukunft zuzuwenden."

Bosnien und Herzegowina Geschichte über einen Knochenjäger
Der Friedhof in Srebrenica zeugt vom Massenmord an muslimischen BosniernBild: DW/Z. Ljubas

Kein baldiger EU-Beitritt Serbiens

Ein weiteres Thema im DW-Interview war Serbiens EU-Beitritt. Ihr Land sei noch nicht weit genug, um der EU beizutreten, sagte die Premierministerin, und das werde es auch vor 2025 nicht sein: "Falls die EU sagt, ihr könnt morgen beitreten, würde ich sagen, dass wir nicht bereit sind." Ein jetziger Beitritt, so Brnabić, hätte negative Folge für Serbien und die EU. Die letzten Jahre hätten gezeigt, dass EU-Beitritte den Staatenbund schwächen, wenn Länder zu früh beitreten: "Ich glaube nicht, dass die Erweiterungen in der Vergangenheit besonders erfolgreich waren."

Trotzdem kann Brnabić dem Erweiterungsprozess Positives abgewinnen. "Was wichtig ist, ist dass wir alle Reformen tatsächlich umsetzen und dadurch als Gesellschaft politisch und wirtschaftlich bereit werden für die EU", so die Premierministerin. Sei das erreicht, werde die Mitgliedschaft in der EU eine "natürliche Konsequenz" sein. "Wir wollen teil der EU sein, weil die EU ein Friedensprojekt ist und dazu noch ein erfolgreiches, weil wir erstmals in der Geschichte Europas langfristig Frieden haben", so Brnabić.

Als entscheidend für den EU-Beitritt gilt allerdings auch die Normalisierung der Beziehung Serbiens zum Kosovo. Die meisten Mitgliedsstaaten haben das Kosovo als unabhängigen Staat anerkannt. Belgrad erhebt aber weiterhin Anspruch auf das Gebiet, das es seit 1999 nicht mehr verwaltet.

DW - Ana Brnabić bei Conflict Zone
Brnabić im Gespräch mit DW-Moderator Tim SebastianBild: DW

Die Europäische Kommission hat darauf hingewiesen, dass Serbien und Kosovo, das mittlerweile in die EU will, sich einigen müssen, damit sie in die Staatengemeinschaft aufgenommen werden können.

Pressefreiheit in Serbien: "Wir haben viel zu tun"

Als weitere Baustelle in Serbien gilt die Pressefreiheit. Die Kritik der EU am mangelnden Fortschritt bei der Medienfreiheit in Serbien konterte Brnabić bei Conflict Zone: "Ich sehe, dass es in Serbien Pressefreiheit gibt. Ich sehe täglich in den Medien Kritik am Präsidenten, an mir selbst, an der Regierung." Allerdings räumte die Premierministerin auch ein: "Wir haben in Serbien viel zu tun und kümmern uns darum. Ich denke, die Situation verbessert sich. Auf alle Fälle ist sie nicht schlechter geworden."

In serbischen Medien stieß das Interview mit Ana Brnabić auf teils heftige Reaktionen - nach dem Motto: Der "freche" Journalist und die "tapfere Ana".

Serbian PM Ana Brnabic on Conflict Zone