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"Janukowitsch will keine friedliche Lösung"

Roman Goncharenko30. Januar 2014

Im DW-Interview kritisiert der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok (CDU), die völlige Kompromisslosigkeit des ukrainischen Präsidenten.

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Portrait von Elmar Brok (Foto: Konrad-Adenauer-Stiftung)
Bild: KAS

Deutsche Welle: Das ukrainische Parlament hat am Mittwochabend (29.01.2014) ein Amnestiegesetz für oppositionelle Protestteilnehmer verabschiedet. Im Gegenzug sollen sich Demonstranten aus besetzten Verwaltungsgebäuden wie dem Kiewer Stadtrat zurückziehen. Wie bewerten Sie die Lage in Kiew?

Elmar Brok: Sie ist außerordentlich schwierig. Wenn ich sehe, dass der Präsident eingegriffen hat, als die Parteien (am Mittwoch, den 29.01.2014, im Parlament, Anm. d. Red.) auf dem Weg waren, sich auf eine vernünftige Lösung zu einigen, dann muss man sehen, dass dieser Präsident offensichtlich keine friedliche Lösung will.

Was fällt Ihnen dabei besonders auf?

Die absolute Härte, die dieser Präsident und seine Gefolgsleute zeigen. Sie sind absolut nicht bereit, Kompromisse zu machen. Sie haben eine einseitige Sicht: Dass Gewalt von der anderen Seite ausgeht. Ich glaube, es ist ein völliger Realitätsverlust, verbunden mit einem totalen Machtanspruch.

Wie kann eine friedliche Lösung aussehen?

Die friedliche Lösung sieht so aus, dass die Gesetze hier in Ordnung gebracht werden. Einschließlich der Gesetze, die zur Unterzeichnung anstanden - die mit selektiver Justiz, mit der Reform des Rechtsapparats zu tun haben. Auch die Sonderrechte des Generalstaatsanwaltes müssen beseitigt werden. Notwendig ist ein neues Wahlrecht, das überprüfbar ist, das faire Wahlen möglich macht und die Wiedereinführung der Verfassung von 2004, die stärker zu einer parlamentarischen Demokratie führt. Es geht darum, dem Präsidenten diese totale Macht zu nehmen. Dafür ist es wichtig, dass damit Daten für Wahlen verbunden sind.

Die ukrainische Opposition fordert schon seit Monaten Sanktionen gegen die politische Führung in Kiew. Warum tut sich die EU so schwer damit?

Weil Sanktionen doch erst kommen können, wenn man zu Ende verhandelt hat. Man kann nicht Sanktionen erlassen und verhandeln - sondern eins kommt nach dem anderen.

Wann macht die Europäische Union Ernst?

Das muss im Laufe dieser Gespräche noch abgewartet werden. Aber ich nehme an, dass - wenn es diese Woche so weitergeht - man in der nächsten Woche an Listen arbeiten wird, wo persönlich Verantwortliche für Gefangennahme, Tötungen, Folter und Verurteilungen, die nicht hinnehmbar sind, ein Einreiseverbot bekommen - und das auch mit dem Schließen von Bankkonten verbunden sein könnte.

Vermittelt die EU zwischen den Konfliktparteien?

Wir haben diese Woche intensiv versucht zu vermitteln. Unsere Delegation der EU-Parlamentarier ist da - und wir sind noch mitten drin. Der zuständige Erweiterungskommissar Stefan Füle war vor Ort, die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton auch. Aber das scheint alles nicht gefruchtet zu haben. Ich fühle mich schon getäuscht.

Getäuscht von Präsident Janukowitsch?

Vom Präsidenten, von der Politik dieser Regierung, der Partei der Regionen, die immer einen Schritt voran geht und dann zwei Schritte zurück.

Haben Sie und Ihre EU-Kollegen Janukowitsch den Rücktritt oder Neuwahlen nahegelegt?

Keinen Rücktritt, aber wir sagen, dass die Verfassung von 2004 eine gute Basis ist. Die würde möglich machen, dass im Oktober oder November Wahlen für das Präsidentenamt stattfinden können. Aber ich meine, dass viel schneller auch noch Parlamentswahlen stattfinden sollten. Wenn ein Land so zerstritten ist, dann ist es das Beste, man lässt den Bürger entscheiden und setzt ihn nicht unter Druck und bringt ihn nicht ins Gefängnis.

Ukrainische Politiker sagen, das Land stehe kurz vor einem Bürgerkrieg. Teilen Sie diese Einschätzung?

Wenn der Präsident weiter so vorangeht, fürchte ich, ja. Er kann keine Lösungen anbieten, die allein seinem Interesse dienen und völlig gegen den Willen der Bevölkerung vorgehen. Das ist ein nicht tragbarer Zustand.

Elmar Brok (CDU) ist Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament.