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Terrorismus

Bruder al-Bakrs sinnt auf Rache

15. Oktober 2016

Nach dem Suizid des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr denkt sein Bruder Alaa über Vergeltung nach. Im DW-Interview deutet er an, dass er die syrischen Flüchtlinge meint, die seinen Bruder der Polizei übergeben haben.

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Screenshot DW Interview mit Alaa Albakr
Bild: DW

DW-Interview: Jaber al-Bakrs Bruder schwört Rache

In einem Video-Interview der Deutschen Welle (DW) spricht Alaa al-Bakr nach dem Freitod seines Bruders Dschaber al-Bakr eine vieldeutige Drohung aus: "Meine Reaktion als Araber ist Rache." Auf die Nachfrage, was er damit meint, wird Alaa al-Bakr gegenüber dem DW-Reporter Jaafar Abdul Karim deutlicher: "Du verstehst schon. Ich habe nichts weiter dazu zu sagen. Ich werde als Flüchtling kommen." 

Im ersten Videointerview seit sein Bruder am Mittwoch erhängt in seiner Gefängniszelle im Gefängnis in Leipzig gefunden wurde, betonte Alaa al-Bakr, dass er von der Unschuld seines jüngeren Bruders überzeugt sei. "Ich habe ihn doch erzogen. Ich weiß wie er ist. Er ist kein Terrorist", erklärte er.

Dschaber habe ihm von Bemühungen berichtet, ihn zu radikalisieren. In Deutschland hätten einige Imame in Berliner Moscheen für eine kurze Zeit versucht, "ihn einer Gehirnwäsche zu unterziehen", sagte Alaa al-Bakr. Dies sei ihnen jedoch nicht gelungen. "Hätten sie es geschafft, wäre er nach Syrien geflogen und nicht mehr zurückgekommen", so Alaa al-Bakr.

Vorwürfe gegen deutsche Polizei

In dem DW-Interview forderte al-Bakr die Herausgabe des Leichnams seines Bruders. Zugleich kündigte er rechtliche Schritte gegen die sächsischen Behörden an und warf der deutschen Polizei vor, Dschaber getötet zu haben. "Ich will die Polizei verklagen in Deutschland, im Bundesland Sachsen", sagte der Syrer.

Alaa al-Bakr ist nach eigenen Angaben 30 Jahre alt, verheiratet, wohnt mit den Eltern und sieben Geschwistern - einem Bruder und sechs Schwestern - in Rif Dimashq in der Nähe von der Hauptstadt Damaskus. Die Familie lebt nach seinen Angaben von Handel und Landwirtschaft. Die Eltern Dschabers betrachten den Toten nach Darstellung seines Bruders Alaa als Märtyrer, auf den sie stolz seien.

Tipp vom US-Geheimdienst?

Derweil berichtet die Zeitung "Welt am Sonntag", der entscheidende Hinweis auf den terrorverdächtigen Syrer sei von einem US-Geheimdienst gekommen. Dieser habe Telefonate des 22-jährigen Syrers mit einem Kontaktmann der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien abgehört und die deutschen Behörden informiert. In einem der abgefangenen Gespräche ging es demnach um die Herstellung von Sprengstoff und mögliche Anschlagsziele. Ein "großer Flughafen in Berlin" sei "besser als Züge", habe Dschaber al-Bakr dabei gesagt, schrieb die Zeitung unter Berufung auf Ermittlerkreise.

Al-Bakr hatte sich am Mittwoch in seiner Gefängniszelle in Leipzig erhängt. Er war nach einer bundesweiten Fahndung in der Nacht zum Montag wegen mutmaßlicher Anschlagspläne festgenommen worden. In einer von ihm genutzten Wohnung in Chemnitz hatten Ermittler zuvor bei einer Durchsuchung eineinhalb Kilogramm hochexplosiven Sprengstoff gefunden.

Al-Bakr war von drei Landsleuten in einer Leipziger Wohnung überwältigt worden, in der er sich aufhielt. Sie fesselten ihn und riefen die Polizei. Gegenüber dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" bestritten die Männer, Komplizen des mutmaßlichen Terroristen zu sein. Das hatte dieser laut Berichten vor seinem Suizid in Vernehmungen behauptet. "Wir hatten nie im Leben etwas mit ihm zu tun", sagte einer von ihnen dem Magazin.

Vielmehr hätten auch sie sich von al-Bakr bedroht gefühlt. "Er wollte auch uns töten", sagte der Mann. Der 22-Jährige sei "wahnsinnig" gewesen. Aus Angst vor Racheakten von IS-Anhängern hält sich das Trio demnach derzeit bei Freunden in einer anderen deutschen Stadt versteckt. Nach Leipzig wollen sie aus Sicherheitsgründen auf keinen Fall zurück.

kle/pg (DW, rtr, dpa, afp)