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Unternehmen nicht auf harten Brexit eingestellt

Mischa Ehrhardt
13. Februar 2019

Noch anderthalb Monate bis zum Austrittsdatum: Ein chaotischer, "harter" Brexit wird immer wahrscheinlicher. Umso bemerkenswerter, dass sich viele Unternehmen noch nicht auf dieses Szenario vorbereitet haben.

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Brexit Symbolbild LKW's im Hafen von Dover
Bild: picture-alliance/empics/G. Fuller

"Die Finanzaufsicht und die Banken haben große Anstrengungen unternommen, um sich auf einen harten Brexit vorzubereiten." So lautet zwar die gute Nachricht des Bundesbank-Vorstandes Joachim Wuermeling. Mittelständische Betriebe allerdings scheinen im Hintertreffen zu sein. "Sorgen macht mir allerdings, dass sich viele Unternehmenskunden der Institute bisher nur unzureichend mit den Folgen des Brexits für ihre Finanzgeschäfte beschäftigt haben." Insbesondere mittelständische Firmen sind hiermit gemeint.

Ein ungeordneter Brexit, so prognostizieren die meisten Experten, wird einiges an Chaos mit sich bringen. Denn von einem auf den anderen Tag wäre Großbritannien formal ein Land wie jedes andere außerhalb der Europäischen Union. Es würde Grenzkontrollen und Zollschranken geben, für Menschen und Waren. Deswegen müssten vor allem Firmen, die in irgendeiner Form Handel mit Großbritannien treiben, sich auch auf diesen schlechtesten Fall eines harten Brexit vorbereiten.

Banken gut vorbereitet

Aus Banken ist in der Tat überwiegend zu hören, dass man sich auch auf das Worst-Case-Szenario eines ungeordneten Brexit eingestellt hat. Am deutlichsten sichtbar ist das anhand der Tatsache, dass viele Banken Teile von Abteilungen aus London auf das europäische Festland verlegen oder bereits verlegt haben. Ziele sind vor allem Paris oder Frankfurt. "Mehr als 45 Finanzinstitute sind dabei, ihre Präsenz in Deutschland neu zu etablieren oder signifikant zu stärken", sagte Felix Hufeld, Präsident der Finanzaufsicht Bafin kürzlich bei einem Neujahrsempfang in Frankfurt.

Ein Problem für viele Unternehmen besteht nach Ansicht der Bundesbank etwa darin, dass im Zuge des Brexits Verträge angepasst werden müssen. Aus diesem Grund hätten Banken ihre Unternehmenskunden angeschrieben, um auf dieses Problem aufmerksam zu machen. Allerdings sind die Rückmeldungen bescheiden ausgefallen. "Wir appellieren deswegen an alle Unternehmen und Privatkunden, auf entsprechende Anforderungen von Banken spätestens jetzt zu reagieren."

100.000 Jobs gefährdet?

Denn im schlechtesten Fall können sonst Geschäfte nicht mehr fortgeführt oder finanziert werden. Auch der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) schlägt Alarm. "Wir sehen dem Stichtag am 29. März 2019 mit wachsender Sorge entgegen", sagte BVMW-Präsident Mario Ohoven auf Anfrage der DW. Der Verband geht davon aus, dass jedes vierte seiner Mitglieder unzureichend auf den nahenden Brexit vorbereitet ist. "Es ist unverantwortlich, weiterhin darauf zu hoffen, der Austritt Großbritanniens aus der EU könne doch noch vermieden werden."

Deswegen fordert Ohoven, die Bundesregierung müsse eine Brexit-Task-Force ins Leben rufen, um gemeinsam mit Wirtschafts- und Unternehmensvertretern ein Notfallprogramm zu erarbeiten. Der BMVW schätzt, dass im Falle eines ungeordneten Brexits rund 100.000 Arbeitsplätze in Deutschland gefährdet sind. Das deckt sich mit einer Studie, die das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) am zurückliegenden Wochenende veröffentlicht hatte.