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Politik

Corona-"Notbremse" ist da

23. April 2021

Lange war in Deutschland um einheitliche Anti-Corona-Maßnahmen gerungen worden. Jetzt gilt die "Bundesnotbremse". Die wichtigsten Regeln im Überblick.

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Deutschland Coronavirus l Nächtliche Ausgangssperre in Köln, Polizei
Bild: Christoph Hardt/Geisler-Fotopres/picture alliance

Nach langem Ringen gibt es in Deutschland einheitliche Regeln für alle Bundesländer im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Bundestag, Bundesrat und Bundespräsident haben zugestimmt, so dass die "Bundesnotbremse" von Samstag (24.4.2021) an in ganz Deutschland gilt. Ab sofort sind für die meisten Vorschriften nicht mehr die 16 Bundesländer zuständig, die sehr unterschiedliche Regeln erlassen hatten. Das hatte immer wieder zu Verwirrung und Unverständnis geführt.

Das neue Gesetz gilt nun für alle Kreise und kreisfreien Städte im ganzen Bundesgebiet mit einer Siebentage-Inzidenz von 100 Fällen (Ansteckungen binnen sieben Tagen pro 100.000 Einwohner) an drei aufeinanderfolgenden Tagen. Fast überall in Deutschland wird die "Bundesnotbremse" ab Samstag scharf gestellt, weil in fast allen Orten die Grenzwerte überschritten werden.

Ausgangssperre

Zwischen 22 Uhr abends und 5 Uhr morgens sollen die Menschen in der Regel nicht mehr ihre Wohnung verlassen. Ursprünglich sollte die Vorschrift sogar schon von 21 Uhr an greifen. Zwischen 22 und 24 Uhr bleibt "im Freien stattfindende körperliche Bewegung allein" jedoch gestattet, steht im Gesetz. Also zum Beispiel Joggen oder der Spaziergang um den Häuserblock. Der Weg zur Arbeit bleibt ohnehin erlaubt. Ansonsten darf das eigene Grundstück nur zur "Abwendung einer Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum" verlassen werden. 

Deutschland Coronavirus l Nächtliche Ausgangssperre in Köln
In Köln gilt die Ausgangssperre schon jetztBild: Mika Volkmann/picture alliance

Die Ausgangssperre war politisch besonders umstritten, weil sie Grundrechte massiv einschränkt. Beim höchsten deutschen Gericht, dem Bundesverfassungsgericht, wird gegen die Ausgangssperren geklagt. Außerdem bezweifeln einige Wissenschaftler, dass Ausgangssperren bei Nacht wirklich gegen eine Verbreitung des Corona-Virus wirksam sind.

Private Kontakte

Greift die "Bundesnotbremse", gilt die Regel: Ein Haushalt "einschließlich der zu ihrem Haushalt gehörenden Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres" darf sich nur noch mit einem weiteren Menschen treffen. Zu Trauerfeiern dürfen sich bis zu 30 Menschen versammeln.

Schulen

Über das Thema Corona an Schulen gab es zwischen den Bundesländern immer wieder heftigen Streit. Ein Teil der Schüler in Deutschland hat seit Monaten kein Schulgebäude mehr von innen gesehen. Stattdessen sitzen sie allein vor dem Computer. Testen soll helfen. Schüler und Lehrer müssen sich für die Teilnahme am Präsenzunterricht zwei Mal pro Woche auf eine mögliche Corona-Infektion hin testen lassen. Ab einer Inzidenz von 100 ist Wechselunterricht vorgesehen; also nur die Hälfte der Schüler kommt zum Unterricht in die Klassenräume.

Coronavirus Selbsttest an Berliner Schule
Die Schülerin testet sich vor Unterrichtsbeginn selbst Bild: Jörg Carstensen/dpa/picture alliance

Neu ist, dass nun der Unterricht in Anwesenheit bereits ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 165 an drei aufeinanderfolgenden Tagen nicht mehr gestattet ist. Bislang galt der höhere Wert von 200. Nur wenn der Inzidenzwert 165 fünf Tage in Folge unterschritten wird, kann der Unterricht schrittweise wieder aufgenommen werden. Diese Regeln gelten auch für Berufsschulen, Universitäten, andere Bildungseinrichtungen und Kindertagesstätten.

Einkaufen

Die gute Nachricht: Läden des täglichen Bedarfs wie Supermärkte, Lebensmittelgeschäfte, Drogerien, Buchhandlungen und Apotheken bleiben geöffnet - unabhängig vom Ansteckungsgeschehen.

Für andere Geschäfte gilt: Bei einer Inzidenz zwischen 100 bis 150 ist Einkaufen möglich, wenn der Kunde einen negativen, tagesaktuellen Corona-Test vorweisen kann und vorher einen Termin gebucht hat. Generell gilt die Pflicht, eine medizinische Schutzmaske zu tragen. Steigt der Inzidenzwert über 150, ist lediglich eine Abholung vorher bestellter Ware möglich. Das sogenannte Click and Collect.

Homeoffice

Längst weiß man, dass sich viele Menschen am Arbeitsplatz mit dem Corona-Virus infizieren. Die bisherige Verordnung zum Homeoffice wird nun Gesetz und damit das Homeoffice zur Pflicht, wenn es geht. Es gilt: Arbeitgeber sind generell verpflichtet, das Arbeiten im Homeoffice anzubieten. Aber auch die Arbeitnehmer haben die Pflicht, ein Homeoffice-Angebot anzunehmen, wenn der Arbeitgeber das anbietet, "soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen". So steht es im geänderten Infektionsschutzgesetz. Die Unternehmen müssen ihren Mitarbeitern zudem zwei Mal pro Woche einen Corona-Test anbieten.

Stuttgart Kino geschlossen wegen Coronavirus
Kinos und andere Kultureinrichtungen hoffen auf bessere ZeitenBild: picture-alliance/dpa/S. Gollnow

Kultur, Gastronomie

Für Kultur und Gastronomie gehen die harten Zeiten weiter. Liegt die Sieben-Tage-Inzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen über 100, müssen Theater, Opern, Konzerthäuser, Musikclubs, Kinos und so weiter geschlossen bleiben. Für die Kulturschaffenden ein harter Schlag. Planungen, neue Inszenierungen seien so schlicht unmöglich, kritisieren viele Kulturschaffende.

Deutschland: Corona statt Carmen

Die Außenbereiche von Zoos und botanischen Gärten sollen für Besucher geöffnet bleiben, sofern diese einen aktuellen Negativ-Corona-Test vorweisen können.

Die Gastronomie ist eine von der Corona-Krise am härtesten gebeutelte Branche. Liegt die Inzidenz über 100, müssen Gaststätten und Kantinen geschlossen bleiben. Ausnahmen gelten aber für Pflegeheime oder Reha-Zentren. Weiterhin erlaubt bleibt das Abholen und die Lieferung von Speisen und Getränken. Die Vermietung touristischer Übernachtungsmöglichkeiten bleibt verboten.

Dauer der Regelungen

Alle Regelungen sind erst einmal befristet bis zum 30. Juni. Bisher hieß es, die "Bundesnotbremse" solle nur gelten, solange in Deutschland eine epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt ist, so wie zur Zeit. Der Bundestag muss dies alle drei Monate debattieren und die Notbremse eventuell verlängern.

Volker Witting
Volker Witting Politischer Korrespondent für DW-TV und Online