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Politik

Bundesregierung begrüßt "Paradise Papers"

6. November 2017

Die "Panama Papers" sind noch nicht ganz aufgearbeitet, da haben Journalisten weitere Steuertricks von Politikern, Konzernen und Superreichen in aller Welt offen gelegt. In Berlin freut man sich darüber.

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Paradise Papers | Steueroasen: Der Yachthafen von Valetta, Malta
Bild: picture-alliance/Jürgen Effner

Wie kann die Weltgemeinschaft für Steuergerechtigkeit sorgen, also sicherstellen, dass jeder, der Steuern zahlen muss, dies auch tut? Auf dem letzten G20-Gipfel, der im Juli unter deutscher Führung in Hamburg stattfand, war das ein großes Thema. Kurz vor dem Gipfel hatte die OECD eine schwarze Liste mit den Namen jener Staaten veröffentlicht, die in Steuerfragen gegen internationale Transparenz-Kriterien verstießen. Fast allen Genannten war das so peinlich, dass sie kurzerhand erklärten, ihre Standards verbessern zu wollen. Am Ende stand nur noch Trinidad und Tobago auf der Liste.

Doch damit ist es nicht getan. Das zeigen die neuesten Enthüllungen der sogenannten "Paradise Papers" zu Offshore-Briefkastenfirmen mit Daten von zwei Finanzdienstleistern sowie den Unternehmensregistern aus 19 Steueroasen.Das Geschäft mit der "kreativen Steuervermeidung" floriert. Wo sind also die Fortschritte im Kampf gegen Steuerschlupflöcher und Steuerhinterziehung? Ist der Staat, ist auch die deutsche Bundesregierung machtlos?

Deutschland Angela Merkel G20 Raute
G20 Gipfel in HamburgBild: Getty Images/S. Gallup

"Es gibt Fortschritte"

Regierungssprecher Steffen Seibert will das so nicht stehen lassen. Die Bundesregierung setze sich seit Jahren auf europäischer und auf internationaler Ebene für mehr Steuergerechtigkeit ein. Es gebe Fortschritte, so unter anderem den erst kürzlich in Kraft getretenen automatischen, internationalen Informationsaustausch über Finanzkonten. An dem seien aktuell 50 und ab 2018 hundert Staaten beteiligt, so Seibert.

Doch nicht ohne Grund sprach Ex-Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble schon immer vom Kampf gegen die Hydra, das vielköpfige Ungeheuer aus der griechischen Mythologie. "Sie schlagen einen Kopf ab und es wachsen neue nach", sagt auch Seibert. "Deswegen ist es eine internationale gesetzgeberische Arbeit, die nie ganz fertig sein wird." Die aber trotzdem weiter intensiv vorangetrieben werden müsse.

Hilfreiche Journalisten

Dabei kann der Staat alle Hilfe brauchen, die er bekommen kann. "Diese Veröffentlichung und die dahinter stehende Arbeit der Medien ist zu begrüßen", sagte Seibert zu den "Paradise Papers". "Weil sie Strukturen, Akteure und Nutznießer steuerlicher Parallelwelten bekannt macht." Die Veröffentlichungen würden das unterstützen, was der Bundesregierung wichtig sei: "Der Transparenzprozess auf der europäischen wie auf der internationalen Ebene erzeugt auf diejenigen Länder Druck, die sich bisher diesem Prozess verschließen."

Paradise Papers belasten US-Handelsminister

"Transparenz ist der Untergang jeder Steueroase, weil Gelder eben nicht mehr vor den Steuerbehörden versteckt werden können", so Seibert weiter. Im Bundesfinanzministerium hofft man darauf, möglichst viele der in den "Paradise Papers" enthaltenen Daten nutzen zu können. "Wir würden es begrüßen, wenn die Informationen der Finanzverwaltung zur Verfügung gestellt würden", sagt Daniel Fehling, Sprecher des Bundesfinanzministeriums. "Damit wir hinter die Schachtel schauen und erkennen können, welche Vermögenswerte welcher Person zuzuordnen sind." Aus dem Bundesinnenministerium kommen ähnliche Forderungen. Dort heißt es, dass auch die Strafverfolgungsbehörden Zugriff auf die Daten erhalten sollten.

Handlungsbedarf auch in der EU

Aus dem Bundesjustizministerium, das bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung noch von SPD-Minister Heiko Maas geführt wird, kommt die Forderung nach mehr Transparenz und Vereinheitlichung von Steuerregeln in der gesamten EU. Nur so könnte Deutschland auch weltweit glaubwürdig für mehr Steuergerechtigkeit eintreten. Die "Paradise Papers" zeigten einmal mehr, wie notwendig diese Arbeit sei.

Großunternehmen sollten transparenter machen müssen, wo sie wie viel Steuern zahlen. "Es kann doch nicht sein, dass etwa Internetgiganten in Europa riesige Milliardengewinne erzielen, aber nur minimale Steuern zahlen", so Maas. Die Unternehmen profitierten enorm vom europäischen Wirtschaftsraum, sie sollten auch einen höheren Beitrag für das Gemeinwesen zahlen. "Wir müssen Steuerschlupflöcher innerhalb der EU schließen. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit."

Schwarze EU-Liste in Arbeit

Im Bundesfinanzministerium wird in diesem Zusammenhang auf eine "europäische schwarze Liste" zu Steueroasen verwiesen, an der zurzeit noch gearbeitet werde. "Da geht es nicht nur um Transparenz, sondern auch um Fragen von fairem Steuerwettbewerb und die Mindestbesteuerung", so Ministeriumssprecher Fehling. Ende des Jahres solle die Liste fertig sein.

Symbolbild Organisation Attac Steoeroase Angriff Demonstranten
Schon 2008 demonstrierte die Organisation Attac vor dem Kanzleramt gegen Steueroasen Bild: picture-alliance/dpa

Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft ist der Meinung, dass bei Steuerflucht und Steuerhinterziehung bislang zu wenig auf Europa geschaut werde. So seien im Bundestag zuletzt nur Meldepflichten zu Briefkasten- und Steueroasen-Geschäften mit Drittstaaten geschaffen worden. Die künftige Bundesregierung müsse sich des Themas dringend annehmen.

Kritik von Oxfam und Attac

Die Entwicklungsorganisation Oxfam bezeichnet die "Paradise Papers" als Weckruf für Deutschland und die EU. Indem Konzerne Steuerzahlungen vermeiden, würden den Staaten Jahr für Jahr dreistellige Milliardenbeträge entgehen. Allein in Entwicklungsländern fehlten dadurch mindestens 100 Milliarden US-Dollar jährlich. Das sei ein Beitrag, der fast der weltweiten Entwicklungshilfe entspreche. Die globalisierungskritische Organisation Attac fordert ein öffentliches Transparenzregister und ein Verbot von Geschäften in Steuerparadiesen. "Es gibt durchaus wirksame Mittel gegen Steuertricks von Konzernen und Reichen - sie müssen nur angewandt werden", so Attac-Sprecher Alfred Eib.