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Berlin beklagt einseitige russische Berichte

19. Februar 2016

Zeichnen russische Medien vorsätzlich ein negatives Bild Deutschlands? Die Bundesregierung ist besorgt und schaut genau hin. Eine Sprecherin sagt, es gebe an einzelnen Stellen eine "tendenziöse Berichterstattung".

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Russische Zeitungen (Foto: Fotolia)
Bild: imago/fotoimedia

Die Bundesregierung sieht in der Berichterstattung von russischen Medien über Deutschland negative Tendenzen. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz sagte in Berlin, die "verstärkten Aktivitäten der russischen Medien und der Medienarbeit" würden in Berlin "aufmerksam" verfolgt. "An einzelnen Stellen gibt es durchaus eine tendenziöse Berichterstattung zu beobachten." Als Beispiele nannte Wirtz den Ukraine-Konflikt und den "Fall Lisa" um die vermeintliche Vergewaltigung einer deutsch-russischen 13-Jährigen in Berlin.

Der "Fall Lisa" löste Proteste von Russlanddeutschen und diplomatische Spannungen aus, nachdem Russlands Außenminister Sergej Lawrow der deutschen Polizei "Vertuschung" in der Sache vorgeworfen hatte. Der angebliche Entführungsfall hatte in den sozialen Medien für Empörung gesorgt, nachdem in einem Bericht eines russischen Fernsehkanals behauptet worden war, die Berliner Polizei vertusche den Vorfall. Der TV-Bericht stellte die vermeintliche Gruppenvergewaltigung des Kindes in einen direkten Zusammenhang zu den Flüchtlingen in Deutschland. Am Ende stellte sich heraus, dass die Jugendliche die Geschichte komplett erfunden hatte.

Auftrag an Geheimdienste?

Wirtz reagierte mit ihren Äußerungen auf einen Bericht von "Süddeutscher Zeitung", Norddeutschem Rundfunk und Westdeutschem Rundfunk. Der Rechercheverbund hatte am Donnerstag gemeldet, das Bundeskanzleramt und einige Ministerien wollten in Erfahrung bringen, wie es zuletzt zur Häufung von Desinformationen von russischer Seite gekommen sei. "Wir wollen wissen, ob dahinter ein Konzept steckt", wurde eine mit den Untersuchungen vertraute Person zitiert.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und das Büro von Bundespräsident Joachim Gauck interessierten sich dafür, ob die Regierung in Moskau gezielt mit propagandistischen Mitteln Einfluss auf Deutschland nehme. Der Bundesnachrichtendienst und der Verfassungsschutz seien auf die Sache angesetzt, hieß es.

Vize-Regierungssprecherin Wirtz bestätigte diese Darstellung nicht und wollte "zu den operativen Details zur Arbeit unserer Nachrichtendienste keine Auskunft geben". Sie betonte jedoch, dass Mitglieder der Bundesregierung über die Berichterstattung im "Fall Lisa" "durchaus verwundert" gewesen seien. "Es ist natürlich so, dass die Bundesregierung das mit Interesse beobachtet, weil das ja durchaus auch Auswirkungen auf in Deutschland lebende Russen hat."

Gesteuerte Kampagne?

Wie "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR weiter berichten, beaufsichtigt im Kanzleramt der für die Geheimdienste zuständige Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche die laufenden Ermittlungen. Auch das Auswärtige Amt sei informiert und eingebunden. Der Sprecher des Außenministeriums, Martin Schäfer, sagte am Freitag, er sei besorgt, dass es in russischen Medien eine Berichterstattung über Deutschland gebe, "die manchmal darunter leidet, dass sie nicht umfassende Informationen weitergibt". Es sei aber unklar, "wer das steuert oder ob es überhaupt gesteuert" sei. "Wir versuchen, daraus unsere Schlussfolgerungen zu ziehen."

Seit den Übergriffen von Köln in der Silvesternacht wird Deutschland in russischen Medien verstärkt als Land kurz vor dem Zusammenbruch dargestellt. Die Botschaft Kreml-treuer Medien lautet: Europa ist schwach, ein unsicherer Ort, überrannt von Fremden. Die großen Fernsehsender beeinflussen zudem auch viele der etwa 2,3 Millionen Menschen in Deutschland, die aus der früheren Sowjetunion stammen.

kle/uh (dpa, rtr, afp)