Bundesregierung legt Aufnahmeprogramm für Afghanen vor
17. Oktober 2022Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und Bundesinnenministerin Nancy Faeser haben sich auf ein Aufnahmeprogramm für besonders gefährdete Menschen aus Afghanistan verständigt. Geplant sei, pro Monat etwa 1000 Afghaninnen und Afghanen mit ihren Familienangehörigen in Deutschland zu beherbergen, teilten die beiden Ministerinnen in Berlin mit. Damit knüpfe die Regierung an bereits erfolgte Unterstützung für Menschen in Afghanistan seit der Machtübernahme der islamistischen Taliban an.
Im Fokus des neuen Programms stehen demnach Menschen, die sich "durch ihren Einsatz für Frauen- und Menschenrechte oder durch ihre Tätigkeit in den Bereichen Justiz, Politik, Medien, Bildung, Kultur, Sport oder Wissenschaft besonders exponiert haben und deshalb individuell gefährdet sind". Gleiches gelte für Afghaninnen und Afghanen, "die aufgrund ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität oder ihrer Religion eine sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles ergebende spezifische Gewalt oder Verfolgung erfahren beziehungsweise erfahren haben".
Baerbock erklärte: "Viele Menschen in Afghanistan leben jeden Tag in Angst vor Verfolgung und Gewalt - Menschen, die mit uns an eine bessere Zukunft Afghanistans geglaubt, sie gelebt, sich dafür eingesetzt haben." Die Grünen-Politikerin fügte hinzu: "Vor allem Frauen und Mädchen rauben die Taliban seit letztem Sommer jede Perspektive und Hoffnung, schränken ihre Rechte immer weiter ein, gehen brutal gegen jede und jeden vor, die sich dagegen wehrt." Besonders an sie richtet sich deshalb das neue humanitäre Aufnahmeprogramm.
"Wir handeln und erfüllen unsere humanitäre Verantwortung", betonte auch die Innenministerin. "Auf der Grundlage festgelegter Aufnahmekriterien können wir besonders gefährdeten und vulnerablen Personen aus Afghanistan Schutz bieten." Faeser wies dabei auch darauf hin, dass sich die für das Aufnahmeprogramm angepeilte Größenordnung an den Aufnahmezahlen orientiere, die es auch bisher schon gegeben habe. Es werde dafür aber nun "ein strukturierter Rahmen" geschaffen, so die SPD-Politikerin.
Viele Ortskräfte in Not
Nach dem Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan im vergangenen Jahr hatten die radikal-islamischen Taliban im August 2021 die Macht übernommen. Viele Menschen, die mit den Streitkräften und anderen westlichen Organisationen gearbeitet haben und zurückgelassen wurden, gerieten in Gefahr. Im Koalitionsvertrag haben die in Berlin regierenden Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP ein humanitäres Aufnahmeprogramm angekündigt.
Den Ministerien zufolge konnten inzwischen fast 26.000 Ortskräfte und andere Härtefälle vorläufig ermöglichte legale Aufnahmewege nach Deutschland nutzen. Rund 38.100 Menschen sei eine Aufnahme zugesagt worden. Unter ihnen seien rund 24.500 ehemalige Ortskräfte, die in Afghanistan für die Bundeswehr, das Auswärtige Amt oder Entwicklungsorganisationen gearbeitet hätten, mit Familienangehörigen.
kle/se (afp, epd, dpa)