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Politik

Weiter deutliche Ost-West-Unterschiede

26. September 2018

Eine Woche vor dem Tag der Deutschen Einheit hat das Kabinett den neuen Bericht zur Lage im zusammenwachsenden Land verabschiedet. Ein Fazit: Die demografischen Umbrüche nach der Wende belasten den Osten immer noch.

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Installation "Berliner Mauer in Jakarta" des indonesischen Künstlers Teguh Ostenrik (Foto: Privat)
Installation "Berliner Mauer in Jakarta" des indonesischen Künstlers Teguh OstenrikBild: Privat

Trotz Fortschritten beim wirtschaftlichen Aufholprozess in den ostdeutschen Ländern sieht die Bundesregierung nach wie vor deutliche Unterschiede zum Westen. Zwar hätten sich 28 Jahre nach der deutschen Einheit die Lebensverhältnisse weiter angenähert, heißt es im Jahresbericht der Regierung zum Stand der Deutschen Einheit. Allerdings liege der Osten etwa beim Lohnniveau und der Wirtschaftskraft im Vergleich zum Westen weiter zurück. Außerdem mangele es an Konzernzentralen großer Unternehmen. Noch immer sei eine deutlich geringere Exportorientierung der ostdeutschen Wirtschaft festzustellen. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Wirtschafts-Staatssekretär Christian Hirte, wird den Bericht an diesem Mittwoch offiziell vorstellen.

Blick in die Grimmaische Straße in Leipzig: Ostdeutsche Großstädte ziehen immer mehr Menschen an (Foto: picture-alliance/dpa/J. Woitas)
Blick in die Grimmaische Straße in Leipzig: Ostdeutsche Großstädte ziehen immer mehr Menschen anBild: picture-alliance/dpa/J. Woitas

Der Strukturunterschied zum Westen schlage sich in den ostdeutschen Ländern etwa in geringeren Forschungs- und Innovationsaktivitäten sowie in einer weniger ausgeprägten Internationalisierung nieder, heißt es in dem Bericht. "Niedrigere Produktivität und fehlende Spitzengehälter treten hinzu." Der Anfang der 1990er Jahre erfolgte, teilweise "dramatische Rückgang" der Kinderzahl sowie die damals starke Abwanderung vor allem junger, gut qualifizierter Menschen habe langfristige Nachwirkungen, heißt es weiter. Trotz eines Anstiegs der Geburtenrate nehme die Einwohnerzahl, insbesondere die Zahl der Erwerbsfähigen, weiter ab. Die Alterung schreite schneller voran als in den westdeutschen Ländern. "Das beeinflusst die Angleichung der Wirtschaftskraft und der Lebensverhältnisse auf vielfältige Weise." Die Bundesregierung wolle weiter daran arbeiten, vorhandene Strukturschwächen im Osten abzubauen. Die im Vergleich zum Westen Deutschlands ungünstigere Altersstruktur und die in vielen ostdeutschen Gegenden geringere Siedlungsdichte begrenzten bereits heute die Zahl der Fachkräfte. "In etwa zwei Dritteln aller Berufe hat sich die Situation in den letzten fünf Jahren weiter zugespitzt; dies gilt vor allem in Ostdeutschland."

Landflucht der jungen und gut qualifizierten Menschen

Problematisch ist laut dem Bericht auch, dass die ländlichen Regionen im Osten zunehmend den Anschluss an die Städte verlören. Demnach ziehen die ostdeutschen Groß- und Universitätsstädte "vor allem junge und gut qualifizierte Menschen an", von denen viele zuvor im ländlichen Raum lebten: "Die Auswirkungen dieser Entwicklung sind im Bereich der technischen und sozialen Infrastruktur bereits heute deutlich spürbar." Die Lebensverhältnisse gestalteten sich zwischen "prosperierenden Regionen wie Berlin und seinem Umland, Leipzig, Dresden und Erfurt einerseits und strukturschwachen Abwanderungsgebieten andererseits" in zunehmendem Maße ungleich, heißt es dem vom Bundeswirtschaftsministerium verfassten Papier. Die Abwanderung in die Städte führe "zu einer weiteren Ausdünnung ländlicher und vor allem peripher gelegener Regionen".

Der Beauftragte der Bundesregierung für die ostdeutschen Bundesländer, Christian Hirte (Foto: picture-alliance/dpa/M. Skolimowska)
Der Beauftragte der Bundesregierung für die ostdeutschen Länder, Wirtschafts-Staatssekretär Christian HirteBild: picture-alliance/dpa/M. Skolimowska

Ostbeauftragter Hirte sieht in dem Bericht aber zugleich Fortschritte im Osten. So habe sich der Arbeitsmarkt positiv entwickelt. Bei der Arbeitslosenquote betrug demnach die Differenz zum Westen Anfang der 2000er Jahre noch mehr als zehn Prozentpunkte, 2017 nur noch 2,3 Prozentpunkte. Außerdem sei Ostdeutschland vor allem stark bei der Erforschung von Schlüsseltechnologien. Nahezu die Hälfte aller Beschäftigten in Ostdeutschland seien Frauen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei im Osten deutlich einfacher möglich. Zwar bestünden weiterhin Lohnunterschiede und die Durchschnittseinkommen seien niedriger als in Westdeutschland. Doch seien die Nettoeinkommen in den neuen Ländern weniger ungleich verteilt als in den alten Ländern.

Rechtsextreme Kriminalität hat abgenommen

Die Zahl der rechtsextremen Gewalttaten ging den Angaben zufolge im vergangenen Jahr sowohl im Osten als auch in Gesamtdeutschland zurück. Insgesamt seien 1054 Delikte gezählt worden, davon 572 in Ostdeutschland. 2016 seien es noch 1600 im ganzen Land und 774 im Osten gewesen. Der Trend sei aber "kein Grund, bei der Bekämpfung rechtsextremistischer Tendenzen nachzulassen".

sti/gri (afp, dpa, epd)