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Der Fall Kurnaz

18. Oktober 2006

Das Verteidigungsministerium hat eingeräumt, dass der Deutsch-Türke Murat Kurnaz in Afghanistan Bundeswehrsoldaten begegnet ist. Einen Wortwechsel oder gar Misshandlungen habe es aber nicht gegeben.

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Porträt von Murat Kurnaz (September 2006)
Murat Kurnaz (September 2006)Bild: AP/Radio Bremen TV

Der Verteidigungsausschuss des Bundestages hat am Mittwoch (18.10.) in Berlin mit den Beratungen über die Vorwürfe des ehemaligen Guantánamo-Häftlings Murat Kurnaz begonnen. Die Bundestagsfraktionen von Union und SPD erwägten die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses für den Fall, dass sich die Foltervorwürfe gegen die Bundeswehr erhärten sollten. Dazu könne der Verteidigungsausschuss des Bundestages mit den Rechten eines Untersuchungsausschusses ausgestattet werden und zügig agieren. Die FDP ist gegen eine solche Einsetzung. Wenn der Verteidigungsausschuss die Untersuchungen an sich ziehe, würden alle Vorgänge in nichtöffentlicher Sitzung behandelt, sagte der FDP-Innenexperte Max Stadler. Dies sei eine Taktik, die Öffentlichkeit herauszuhalten.

Nur verbaler Kontakt

Bislang haben sich die Vorwürfe allerdings nicht bestätigt. Nach Aussagen des CSU-Staatssekretär Christian Schmidt habe es sich bei der Begegnung von Bundeswehrsoldaten mit dem ehemaligen Guantánamo-Häftling Murat Kurnaz nur um verbalen Kontakt gehandelt, nicht jedoch um körperlichen. Nach bisherigem Stand der Ermittlungen gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass deutsche Soldaten Kurnaz misshandelt hätten.

Bundestagsabgeordnete meldeten dazu weiteren Klärungsbedarf an. Überlegungen, für einen weiteren Untersuchungsausschuss wurden aber vorerst zurückgestellt. Bei den Soldaten handelt es sich vermutlich um Männer der Eliteeinheit KSK (Kommando Spezialkräfte), die Kurnaz kurzzeitig in Afghanistan bewacht hatten.

Es bleiben aber auch noch andere Fragen offen, so die FDP-Verteidigungsexpertin Birgit Homburger. So sei bislang unklar, unter welchen Umständen Kurnaz festgenommen wurde. Auch da könnten KSK-Soldaten eine Rolle gespielt haben. Paul Schäfer von der Linksfraktion sagte ebenfalls, es gehe nicht nur um die Misshandlungsvorwürfe. Sein Eindruck sei, dass deutsche Soldaten in Afghanistan "Dinge getan haben, die nicht mit der Rechtsstaatlichkeit in Einklang zu bringen sind".

Angeblicher Taliban-Kämpfer

Kurnaz war im Dezember 2001 während einer Pakistanreise als angeblicher Taliban-Kämpfer verhaftet und von dort nach eigenen Angaben zunächst in das US-Lager am Flughafen von Kandahar in Afghanistan und später in das US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba gebracht worden. Der Bundesregierung wirft Kurnaz vor, er sei während seiner Haft in Afghanistan von deutschen Soldaten misshandelt worden. "Ich habe keine Zweifel, dass es Deutsche gewesen sind. Sie haben perfektes Deutsch gesprochen, und auf ihrer Uniform habe ich die deutsche Flagge gesehen", sagte der in Bremen geborene Türke in einer Fernsehsendung der ARD.

Das Bundesverteidigungsministerium hatte Anfang Oktober erklärt, es habe keine Kenntnisse über eine Misshandlung von Kurnaz durch deutsche Soldaten, wolle die Vorwürfe aber lückenlos aufklären. (pl)