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Bundesregierung will angeschlagene Meyer Werft retten

22. August 2024

Für Kanzler Olaf Scholz ist die Werft ein systemrelevantes "Kronjuwel" in Deutschland. Hilfe vom Bund soll deshalb kommen. Das Papenburger Unternehmen hofft auf eine Finanzspritze von fast 2,8 Milliarden Euro.

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Das Kreuzfahrtschiff "Disney Treasure" beim Ausdocken in der Meyer Werft in Papenburg   (03.08.2024)
Das neue, mit Flüssiggas angetriebene Kreuzfahrtschiff "Disney Treasure" in der Werft in Papenburg (Anfang August)Bild: Lars Penning/dpa/picture alliance

Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz hat der angeschlagenen Meyer Werft Hilfe zur Rettung zugesagt. "Wenn alle mitziehen - und daran habe ich keinen Zweifel - dann trägt der Bund seinen Teil zur Lösung bei", sagte Scholz bei einer Betriebsversammlung am Firmensitz in Papenburg. Es seien noch Details zu klären, weil noch die Zustimmung des Bundestages und der EU-Kommission fehlt. "Aber der Bund trägt einen Teil der Lösung mit", versicherte der Kanzler.

Die Werft steckt in einer schweren Krise, weil unter anderem Energie- und Rohstoffpreise gestiegen sind und der Großteil der Kaufpreise für Schiffe erst bei der Auslieferung gezahlt wird.

"Wir lassen die Meyer Werft nicht allein"

Die Bundesregierung, das Land Niedersachsen und die Eigentümer hätten in den vergangenen Wochen mit den Banken verhandelt, sagte der Kanzler. "Wir lassen die Meyer Werft nicht allein." Die Werft sei nicht irgendein Unternehmen, sondern ein "industrielles Kronjuwel", dessen Problem auch nicht in der Qualität seiner Produkte liege.

Scholz bezeichnete die Werft zudem als systemrelevant für die maritime Wirtschaft in Deutschland. Dies gilt als eine Voraussetzung dafür, dass die EU-Kommission den staatlichen Beihilfen zustimmt. "Ich bin sicher: Es geht weiter mit der Meyer Werft hier in Papenburg." Zuvor hatte sich schon Wirtschaftsminister Robert Habeck optimistisch gezeigt, dass die Werft gerettet werden kann.

Bundeskanzler Olaf Scholz mit einem Schutzhelm bei seiner Rede während der Betriebsversammlung der Meyer Werft (22.08.2024)
Kanzler Scholz (bei seiner Rede auf der Betriebsversammlung in Papenburg): "Wir lassen die Meyer Werft nicht allein"Bild: Markus Hibbeler/dpa/picture alliance

Offenbar scheint damit die Entscheidung für eine zeitlich befristete Beteiligung des Bundes und des Landes Niedersachsen an dem Unternehmen gefallen zu sein. Die öffentliche Hand soll auch das Eigenkapital der Werft um 400 Millionen Euro erhöhen. Das ist eine Voraussetzung der Banken, damit das Unternehmen künftig den Bau von Kreuzfahrtschiffen finanzieren kann.

Da der Bau von Kreuzfahrtschiffen zu 80 Prozent von der Werft vorfinanziert werden muss, benötigt sie Bürgschaften, für die ebenfalls die öffentliche Hand geradestehen soll. Bis 2027 braucht das Unternehmen fast 2,8 Milliarden Euro.

Einigung muss bis Mitte September stehen

Laut Meyer Werft sind sich die Banken, der Staat und das Unternehmen samt Eigentümerfamilie über das Rettungspaket im Grundsatz einig. Aber es stehen noch einige wichtige Details an, die geklärt werden müssen. Dazu zählen die Umsiedlung der Holdinggesellschaft von Luxemburg nach Papenburg oder die Organisation eines Konzernbetriebsrats.

Olaf Scholz und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil gehen in Begleitung von  Firmenvertretern und Mitgliedern der Gewerkschaft IG Metall über das Gelände der Meyer Werft
Der deutsche Regierungschef und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (Dritter von rechts) beim Gang durch das WerksgeländeBild: Carmen Jaspersen/REUTERS

Auch müssen die Haushaltsausschüsse von Bundestag und niedersächsischem Landtag noch zustimmen - ebenso die EU-Kommission. Allerdings drängt die Zeit: Bis zum 15. September muss die Einigung stehen, sonst geht der Werft das Geld aus.

Die Werft hat volle Auftragsbücher, mit Bauprojekten in Höhe von 11 Milliarden Euro. Erst vor wenigen Tagen wurde der größte Auftrag der Unternehmensgeschichte über gleich vier Kreuzfahrtschiffe mit dem amerikanischen Disney-Konzern abgeschlossen.

Meyer-Werft-Kreuzfahrtschiff "Carnival Jubilee" wird auf der Ems überführt (30.10.2023)
Meyer-Werft-Kreuzfahrtschiff bei der Überführung (2023): Spektakel auf der EmsBild: Sina Schuldt/dpa/picture alliance

Kürzlich wurde auch mit dem Bau von Plattformen für Konverter begonnen, die nötig sind, um auf der Nordsee erzeugten Windstrom auf das Land zu leiten. Aber nachdem das Unternehmen während der Corona-Pandemie in die roten Zahlen gerutscht war, ist aus Sicht der Banken die Kreditwürdigkeit nicht mehr gegeben. 

Werft wichtig für Niedersachsen 

Für die niedersächsische Landesregierung wäre ein Aus der Werft eine Katastrophe. Berechnungen von Wirtschaftsverbänden zufolge wären insgesamt bis zu 18.000 Menschen indirekt von der Pleite betroffen.

Das Land investierte in den vergangenen Jahrzehnten viel, um die Werft an dem umstrittenen Standort Papenburg zu halten. Die niedersächsische Stadt liegt im Binnenland. Die fertiggestellten Kreuzfahrtriesen müssen über die dazu extra aufgestaute Ems in die Nordsee geschleppt werden. Ein Spektakel, dass jedes Mal hunderte Schaulustige anzieht.

Bei ihren Befürwortern gilt die Meyer Werft aber auch als Technologieführerin in der maritimen Wirtschaft. Ein Ende würde demzufolge über das Unternehmen hinaus der Branche in Deutschland schaden.

sti/AR (dpa, rtr)