Burundi: Chronik einer Krise
Vor einem Jahr wurde Präsident Pierre Nkurunziza für eine umstrittene dritte Amtszeit wiedergewählt. Seitdem haben sich die Fronten in Burundi weiter verhärtet. Ein Ende der Krise ist nicht abzusehen. Ein Rückblick.
Wählen unter hoher Anspannung
21. Juli 2015: Seit drei Monaten tobt ein erbitterter Kampf zwischen Befürwortern und Gegnern einer dritten Amtszeit von Präsident Nkurunziza. Mehr als 80 Menschen sind bei Gewaltakten gestorben. Viele Regimegegner und Journalisten haben das Land verlassen. Die Wahl war erst verschoben worden, nun findet sie statt - boykottiert von der Opposition.
Agathon Rwasa, ein unglücklicher Verlierer?
Am 24. Juli steht fest: Herausforderer Agathon Rwasa hat die Wahl verloren. Präsident Nkurunziza gewinnt schon im ersten Wahlgang mit 69 Prozent der Stimmen. Ende Juli lässt sich Rwasa überraschend zum stellvertretenden Parlamentspräsidenten wählen. Seine ehemaligen Verbündeten sind sauer.
Die Europäische Union in Sorge
Am 1. August ermorden maskierte Täter Adolphe Nshimirimana, Präsident Nkurunzizas Sicherheitschef und rechte Hand. Die Europäische Union zeigt sich in einer Stellungnahme besorgt über die "gefährliche Eskalation der Gewalt". Brüssel fordert "Zurückhaltung" und eine Wiederaufnahme des Dialogs.
Angriff auf die Zivilgesellschaft
Attentat auf Pierre-Claver Mbonimpa, Leiter der Menschenrechtsorganisation APRODH, am 3. August. Er überlebt schwer verletzt und wird nach Belgien ausgeflogen. Seine Familie steht weiter im Visier: Im Oktober wird ein Schwager Mbonimpas ermordet. Einen Monat später trifft es seinen Sohn.
Spannungen zwischen Nachbarn
Seit Beginn der Krise nimmt das Nachbarland Ruanda zahlreiche Flüchtlinge aus Burundi auf. Am 6. November meldet sich Ruandas Staatschef Paul Kagame zu Wort. Jeden Tag würden in Burundi Menschen sterben, Leichen lägen auf den Straßen. "Sie hätten Lehren aus dem ziehen sollen, was hier in Ruanda passiert ist." Nkurunziza wirft Ruanda dagegen vor, Burundier zu rekrutieren, um Unruhe zu stiften.
Die Gewalt eskaliert
Am 12. Dezember schlägt das Regime in Oppositionshochburgen der Hauptstadt Bujumbura zu. Zuvor hatten Rebellen drei Militärlager angegriffen. Insgesamt sterben mehr als hundert Menschen. Die Vereinten Nationen zählen 400 Tote und 3500 politisch motivierte Verhaftungen seit Beginn der Krise.
Die Vereinten Nationen schlagen Alarm
Die Lage in Burundi sei "hochexplosiv", warnen die Vereinten Nationen am 17. Dezember. Das Land sei auf dem Weg in einen Bürgerkrieg. Andere Beobachter warnen vor einem möglichen Völkermord. "Wenn ein Konflikt großen Ausmaßes ausbricht, können wir nicht so tun, als hätten wir es nicht gewusst", sagt Adama Dieng, UN-Sonderbeauftragter für die Verhinderung von Völkermorden.
Eine neue Rebellenbewegung entsteht
Einen Tag vor Weihnachten verkündet der ehemaliger Armeeoffizier Edouard Nshimirimana die Gründung einer neuen Rebellentruppe. Die "Republikanischen Kräfte Burundis" (FRB) sollen Präsident Nkurunziza stürzen. Der habe die Sicherheitskräfte angestiftet, Gewaltakte zu begehen und habe Polizei und Militär gegeneinander ausgespielt, kritisiert FRB-Chef Nshimirimana.
Vergebliche Vermittlungsversuche
Ugandas Präsident Yoweri Museveni eröffnet am 28. Dezember in Entebbe Friedensgespräche zwischen Opposition und Regierung Burundis. Die Afrikanische Union besteht darauf, 8000 Friedenssoldaten nach Burundi zu schicken. Aber Burundis Regierung bleibt bei ihrem Nein.
Vermittlung gescheitert
Anfang Januar sollte es losgehen: Ein Dialogprozess zwischen den verfeindeten Gruppen in der tansanischen Stadt Arusha. Doch der Auftakt wird verschoben. Auch der Besuch einer hochrangigen AU-Delegation in Bujumbura bleibt erfolglos. Burundis Regierung weigert sich, mit dem Oppositionsbündnis CNARED zu verhandeln. Die UN kündigen an, mögliche Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen.
Foltervorwürfe
UN-Menschenrechtskommissar Zeid Ra'ad Al Hussein kritisiert am 18. April, die Sicherheitskräfte würden Gefangene routinemäßig foltern. 354 Fälle hat sein Team seit Jahresanfang verzeichnet. Burundis Regierung müsse die "inakzeptablen und illegalen Praktiken sofort einstellen", fordert Al Hussein.
CNARED muss draussen bleiben
Endlich geht es los: Am 21. Mai beginnen die Friedensgespräche in Arusha. Tansanias Ex-Präsident Benjamin Mkapa ist der Vermittler. Doch das Oppositionsbündnis CNARED ist nicht eingeladen - weil Burundis Regierung sonst nicht teilnehmen würde. Im Juni trifft Vermittler Mkapa die Bündnis-Vertreter zum ersten Mal in Brüssel.
Teuer bezahlte Kritzeleien
Am 3. Juni werden elf Schüler aus der Stadt Muramvya wegen Beleidung des Präsidenten verurteilt. Ihr Vergehen: Sie sollen Fotos des Staatschefs bekritzelt haben. Menschenrechtler gehen auf die Barrikaden. Zuvor waren bereits 300 Schüler in Ruziba vom Unterricht freigestellt worden. Weitere Entlassungen folgen im Juli.
Tod einer ehemaligen Ministerin
Ein weiterer politischer Mord sorgt am 13. Juli für Aufsehen. Diesmal trifft es Hafsa Mossi, ehemalige Ministerin und Vertraute von Präsident Nkurunziza. Die ehemalige Journalistin war Mitglied der Regierungspartei CNDD-FDD und diente auch schon als Kommunikationsberaterin des Staatschefs. Zum ersten Mal wird damit in Bujumbura eine Spitzenpolitikerin gezielt ermordet.
Ein leerer Stuhl in Kigali
Beim Gipfeltreffen der Afrikanischen Union vom 17. bis 18. Juli 2016 geht es auch um die Krise in Burundi. Die burundische Delegation ist an den Gesprächen nicht beteiligt - weil sie sich kurz vor Beginn des Treffens wieder verabschiedet hat. Am Ende können sich die Staats- und Regierungschefs nicht auf Sanktionen einigen. Nkurunzizas fehlende Verhandlungsbereitschaft macht das Patt perfekt.