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In 16 Tagen um die Welt

15. November 2006

Nach seiner Wahlschlappe gilt US-Präsident Bush vielen Beobachtern als "lahme Ente". Doch flügellahm ist er nicht: Während der längsten Auslandsreise seiner Amtszeit trifft er die wichtigsten Führer der Welt.

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George W. Bush entsteigt der Präsidenten-Maschine Air Force One (Archivbild)
Bringt Bush überall hin: Die Air Force One (Archivbild)Bild: AP
Bush und Putin schütteln sich im November 2005 die Hände
Bush und Putin im November 2005Bild: AP

Für Politiker, die es zuhause schwer haben, sind Staatsbesuche im Ausland mit ihren glanzvollen Empfängen oft eine Erholung. Doch auch nach der Schlappe bei den Kongresswahlen dürfte das für die Auslandsreise, die George W. Bush am Dienstag (14.11.2006) antrat, allenfalls begrenzt gelten. Zwar trifft er in den kommenden 16 Tagen die wichtigsten Führer in der Welt, darunter die Präsidenten Russlands und Chinas sowie beim NATO-Gipfel in Riga Europas Spitzen.

Aber Bush erwarten schwierige Auftritte: Fast alle brisanten Themen stehen an, die Atompläne des Iran und Nordkoreas, die Lage in Afghanistan und im Irak, der Welthandel und der Terrorismus. Zudem muss er alles tun, um angesichts der demokratischen Mehrheiten im Kongress nicht schon im vorletzten Jahr seiner Präsidentschaft den Eindruck einer "lahmen Ente" zu erwecken.

Zwischenstopp in Russland

Auf dem Prüfstand steht Bush bereits in Asien - einer Region, die wirtschaftlich boomt und gleichzeitig reich an Konflikten und Problemen ist. Höhepunkt der achttägigen Asienreise ist der Besuch des APEC-Gipfels am Samstag und Sonntag in Hanoi. "Die Führer Asiens wollen sehen, wie er den Rückschlag bei den Wahlen wegsteckt", meinte der frühere Asien-Direktor des Nationalen Sicherheitsrats, Michael Green. Auf dem Gipfeltreffen in Hanoi hoffen die Asiaten nicht nur auf "eine Vision Bushs für die transpazifische Handelsliberalisierung". Staaten wie Singapur, Vietnam, Japan oder Indonesien seien "zunehmend nervös" über Chinas rasanten Aufstieg und Nordkoreas Atomanstrengungen, sie wollten sehen, "ob die USA eine starke, strategische Partnerschaft" garantieren könnten, so der Ex-Bush-Berater.

Auf dem Weg nach Asien legte Bush aber zuerst noch einen Auftankstop in Moskau ein. Mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin beriet Bush über den Atomkonflikt mit dem Iran. Außerdem hätten die beiden Präsidenten über die bilateralen Beziehungen gesprochen, teilte Putins Sprecher Alexej Gromow mit. Das Treffen auf dem Moskauer Regierungsflughafen Wnukowo dauerte etwa eineinhalb Stunden.

Proteste, Terrorismus und Vogelgrippe

In Südostasien dürfte die Begrüßung dann nicht immer so herzlich ausfallen, wie dies in Russland erwartet wird. "Das ist eine Region mit Terroristen, die aktive Beziehungen zur Al Kaida haben, die wir mit unseren Partnern besiegen wollen", erklärt Bushs Sicherheitsberater Stephen Hadley. "Es ist eine Region, in der es ernste transnationale Gesundheitsgefahren wie die Vogelgrippe gibt." In Südostasien vollziehe sich aber auch ein großer wirtschaftlicher Wandel, der das Machtgefüge verändere und damit Unsicherheit in die Region bringe.

Demonstration am Dienstag (14.11.) gegen den Bush-Besuch in Indonesien: Eine verschleierte Frau hält ein Plakat hoch, das Bush hinter Gittern zeigt
Demonstration am Dienstag (14.11.) gegen den Bush-Besuch in IndonesienBild: AP

Bush wird auch in Indonesien erwartet, dem bevölkerungsreichsten muslimischen Land der Welt. Dort scheinen derzeit anti-amerikanische Proteste und Bombenanschläge die schlimmsten Befürchtungen der US-Geheimdienste zu bestätigen. Deshalb wird Bush nur acht Stunden in Jakarta bleiben. Er möchte mit dem Besuch und der ersten Begegnung mit dem indonesischen Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono die moderaten Kräfte in der islamischen Welt stärken. In Washington aber ist die Sorge groß, dass Bilder gewaltsamer Massenproteste gegen Amerika die Stippvisite Bushs überschatten könnten.

Annäherung an Vietnam

Mit Spannung wird zudem erwartet, wie der Empfang in Vietnam ausfällt, wo Bush mit Ministerpräsident Nguyen Tan Dung und Staatspräsident Nguyen Minh Triet zusammentrifft. Sicher wird die Begrüßung nicht so herzlich sein wie beim Besuch seines Vorgängers Bill Clinton vor sechs Jahren, in dessen Amtszeit die Normalisierung der Beziehungen zwischen den ehemaligen Kriegsgegnern fiel.

Inzwischen haben sich die USA und Vietnam weiter angenähert, der Handel floriert. Aber der Krieg, der 1975 mit dem Sieg des kommunistischen Nordvietnams endete, spielt natürlich weiter eine Rolle. Sicher werde es wieder Vergleiche zwischen dem Vietnamkrieg und dem jetzigen Krieg im Irak geben, räumt Hadley ein. Aber die Unterstützung für den Irak-Krieg sei doch deutlich höher als die damals für den Vietnamkrieg, erklärt der Sicherheitsberater.

Am 22. November wird es Bush geschafft haben: Dann wird er wieder in Washington ankommen. Allerdings geht es schon vier Tage später nach Estland und Lettland, wo beim NATO-Gipfel die Verbündeten manche Fragen zum unsicher gewordenen Kurs Amerikas haben werden. (stu)