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Bürgermeister handeln lokal, denken global

Katharina Wecker
13. November 2017

Kommunen und Regionen auf der ganzen Welt setzen sich vermehrt für den Klimaschutz ein. Vor allem Städte spielen eine entscheidende Rolle im Kampf gegen den Klimawandel.

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Deutschland COP23 UN Klimakonferenz in Bonn
Bild: picture-alliance/U. Baumgarten

Vor zwei Jahren wurde das Pariser Klimaabkommen von den Regierungschefs der Welt unterzeichnet. Doch nun sind es Bürgermeister und kommunale Politiker, die die Führung übernehmen und sich verstärkt dafür einsetzen, dass die Klimaziele auch erreicht werden. Anstatt auf Ansagen von oben zu warten, führen sie lokale Maßnahmen zur Reduzierung von CO2-Emissionen ein.

Ganz vorne mit dabei ist eine Allianz von Städten, Bundesstaaten und Unternehmen aus den USA. Nachdem US-Präsident Donald Trump im Juni 2017 den Austritt aus dem Pariser Abkommen angekündigt hat, haben Bürgermeister, Gouverneure, Professoren und CEOs aus dem ganzen Land öffentlich bekundet, weiterhin am internationalen Pakt festzuhalten. Sie wollen dafür sorgen, dass die USA die international zugesagten Klimaziele so weit wie möglich doch noch erreichen.

Auf der Weltklimakonferenz in Bonn hat die Koalition, die sich "America's Pledge", Amerikas Versprechen, nennt, ihr Vorhaben konkretisiert. Sie wollen bis 2025 ihre Emissionen um 26-28 Prozent im Vergleich zum Stand von 2005 reduzieren. Obwohl diese Zusage nicht verbindlich ist, hofft New Yorks ehemaliger Bürgermeister Michael Bloomberg, der zusammen mit Kaliforniens Gouverneur Jerry Brown an der Spitze der Koalition steht, dass die Welt ihr Versprechen annehmen wird - genau so wie die Zusagen der anderen Länder. 

"In Paris hat die USA versprochen, ihre Emissionen zu messen und über Fortschritte zu berichten. Mit America's Pledge machen wir genau das. Und wir werden unseren Teil der Abmachung einhalten, mit oder ohne Washington", sagte Bloomberg auf der Klimakonferenz.

COP23 | New Yorks ehemaliger Bürgermeister Michael Bloomberg auf der Weltklimakonferenz
New Yorks ehemaliger Bürgermeister Michael Bloomberg stellt auf der Weltklimakonferenz "Amerikas Versprechen" vorBild: picture-alliance/dpa/H. Kaiser

Die teilnehmenden Städte, Bundesstaaten und Unternehmen vertreten nach eigenen Angaben mehr als die Hälfte der US-Bevölkerung und Wirtschaftsleistung. Wenn die Koalition ein Land wäre, wäre sie die drittgrößte Wirtschaftsmacht der Welt – und der viertgrößte Verschmutzer.

Die internationale Gemeinschaft auf dem Klimagipfel hat das Versprechen begrüßt. "Die Initiative zeigt, dass der Klimaschutz in Amerika immer noch stark ist", sagte Fidschis Premierminister Frank Bainimarama, der dieses Jahr den Vorsitz der UN-Klimakonferenz inne hält. "Ich hoffe auch, dass dies ein Vorbild für den Rest der Welt sein kann. Regierungen alleine können nicht gegen den Klimawandel gewinnen. Wir brauchen die Unterstützung aller."

Städte als Spielentscheider

Auch außerhalb der USA übernehmen Kommunen, Gemeinden und Unternehmen mehr Verantwortung im Kampf gegen den Klimawandel. Das wird auf der diesjährigen Klimakonferenz besonders deutlich. Bürgermeister aus der ganzen Welt sind hier zusammengekommen, um sich über Ideen und bewährte Verfahren bezüglich der Reduzierung von Treibhausgasemissionen auszutauschen.

Vor allem Städte sind entscheidend für die Umsetzung der Pariser Klimaziele. 70 Prozent der weltweit energie- und transportbezogenen Emissionen werden in Städten verursacht. Und das könnte noch mehr werden. Mehr als die Hälfte aller Menschen leben in Metropolen, bis 2050 sollen es Zwei Drittel der Menschheit sein. In Anbetracht dieser Entwicklung müssen sich Städte neu erfinden, sagen Experten.

Laut Celestine Ketcha Courtes, Bürgermeisterin der Kleinstadt Bangagte in Kamerun, ist Eile geboten: "Wir wachsen schnell. In den kommenden Jahren wird sich [die Bevölkerung in] Afrika verdreifachen, während sie sich im Rest der Welt verdoppeln wird. Deswegen müssen wir jetzt an nachhaltigen Lösungen arbeiten." 

Norwegen European Green Capital Oslo
Die EU-Kommission hat Oslo zur Grünen Hauptstadt Europas 2019 ernanntBild: Imago/Westend61

Die nationalen Regierungen spielen weiterhin eine wichtige Rolle im Kampf gegen Klimawandel. Sie legen die Grundlage mit Gesetzen und Regulierungen. Aber es sollten Gemeinden und Kommunen sein, die lokal die Führung übernehmen, sagt Courtes: "Sie wissen am besten, was vor Ort funktioniert und was nicht."

Etwa 6000 km (3700 Meilen) entfernt von Bangagte setzt sich der Bürgermeister von Oslo in Norwegen aktiv für das Erreichen der Klimaziele ein. Die nationale Regierung fördert mit Subventionen E-Autos, aber erst Maßnahmen auf lokaler Ebene haben zur weiten Verbreitung der Elektromobile geführt, sagt Bürgermeister Raymond Johansen. "In Oslo dürfen Elektroautos die Busspuren benutzen. Wir haben mehr als 1300 Ladestationen bereitgestellt und kostenloses Parken im Stadtzentrum eingeführt".

Norwegens Hauptstadt möchte bis 2020 seine CO2-Emissionen halbieren. Die landesweiten Ziele sind weniger ehrgeizig. Die Regierung hat sich vorgenommen, die Treibhausgasemissionen um 40% bis 2030 zu reduzieren. Städte können als gutes Beispiel voran gehen, meint Johansen. "Wir können viel auf lokaler und regionaler Ebene tun, um die nationale Regierung in die richtige Richtung zu lenken", sagt er.

Globales Netzwerk für lokale Politiker

Zusammen mit 7400 Städten aus 120 Ländern hat Oslo sich freiwillig dazu verpflichtet, erhebliche Beiträge zur CO2-Reduzierung zu leisten. Wenn alle Städte ihren versprochen Beitrag zu der Initiative "Global Covenant of Mayors for Climate and Energy" (Globale Vereinbarung der Bürgermeister für Klima und Energie) umsetzen, könnten sie jedes Jahr Emissionen in Höhe von 1,3 Milliarden Tonnen einsparen. Das ist mehr, als Länder wie Japan oder Brasilien ausstoßen.

Die Initiative ist eins von vielen Netzwerken, die lokale und regionale Politiker kürzlich gegründet haben. Das Netzwerk "Städte und Inseln an vorderster Front" vernetzt Bürgermeister aus verschiedenen Regionen, damit sie von einander lernen und innovative Lösungen kopieren können.

Solomon Islands - Lau Lagoon
Viele Gebäude auf den Salomonen sind direkt am Wasser gebaut, wie diese Gebetsstätte. Das macht sie besonders anfällig für den steigenden Meeresspiegel.Bild: Beni Knight

Andrew Mua, Bürgermeister von Honiara, Haupstadt der Inselnation Salomonen, ist Mitglied des Netzwerks. Die Auswirkungen des Klimawandels sind bereits spürbar in Honiara. Mehrere Atolle drohen zu versinken, Flutwellen verunreinigen Süßwasserreserven und vernichten ganze Ernten. Muas Prioriät ist nun, seine Stadt und Bewohner gegen den steigenden Meeresspiegel zu schützen. "Wir bauen Mauern als Puffer gegen die Wellen. Wir überlegen auch bereits, wie wir die Menschen von den kleinen Inseln umsiedeln können", sagt er.

Der Bürgermeister hofft zusammen mit seinen internationalen Kollegen Lösungen für seine Stadt zu finden. Er möchte das Netzwerk aber auch verwenden, um darauf aufmerksam zu machen, wie dringend der Kampf gegen den Klimawandel ist. "Ich freue mich darauf mit den anderen Bürgermeistern zu arbeiten, um zu schauen, wie wir Emissionen reduzieren können und innerhalb der 2 Grad leben können", sagt Mua. "Alleine können wir es nicht schaffen, aber global schon."