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Cannes startet mit "Grace of Monaco"

Jochen Kürten14. Mai 2014

Das berühmteste Filmfestival der Welt lockt Stars und Regie-Ikonen nach Frankreich. Zum Auftakt strahlte Nicole Kidman als Grace Kelly für die Fotografen. Große Namen locken im Rennen um die Goldene Palme das Publikum.

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Cannes Film Festival 2014 Nicole Kidman mit Tim Roth 14.05.2014
Bild: Reuters

Ein paar Plätze werden frei bleiben bei der Eröffnungsgala. Das steht fest und führte zum ersten kleinen Skandal dieses Cannes-Jahrgangs. Ihr Kommen abgesagt hat nämlich die Fürstenfamilie von Monaco - aus Protest gegen den Eröffnungsfilm "Grace of Monaco". Auch bei der Pressevorführung wurde der umstrittene Film äußerst kühl aufgenommen.

Dabei hätte alles so wunderbar gepasst bei der diesjährigen Ausgabe des renommierten Festivals (14.-25. Mai 2014). Die französische Produktion von Regisseur Olivier Dahan stand seit längerem als Eröffnungsfilm fest. Dahan hatte ein paar entscheidende Jahre aus dem Leben der Hollywood-Schauspielerin Grace Kelly, die zur Fürstin von Monaco wurde, verfilmt. Als glänzendes Biopic mit Starbesetzung: Nicole Kidman übernahm die Titelrolle. Grace Kelly und Fürst Rainier III. hatten sich 1955 am Rande der Festspiele kennengelernt. Von Monaco nach Cannes entlang der Côte d'Azur wären es auch nur ein paar Kilometer für die Fürstenfamilie. Doch die ist außer sich vor Wut. Schon während der Vorbereitungen zum Film hatten sich Familienmitglieder des Herrscherhauses eingemischt in das Drehbuch.

Depressive Fürstin Gracia Patricia

Zu kritisch erschien ihnen das, was der Regisseur auf die Leinwand bringen wollte. Dahan konzentriert sich auf die Jahre des Wechsels der Kelly vom Hollywood-Star zur Fürstin von Monaco. Der junge Filmstar, der bereits mit 25 auf dem Gipfel der Karriere angelangt war, ging mit Fürst Rainier III. nach Europa. Unter der Last der neuen Verantwortung und den Erwartungen des Fürstentums drohte die junge Gracia Patricia erdrückt zu werden. Ihr Mann verlangte zudem das Ende der Schauspielerkarriere - obwohl kein geringerer als Alfred Hitchcock wieder mit der Aktrice filmen wollte. Doch die fügte sich dem Diktat ihres Mannes und wurde depressiv.

Filmstill Grace of Monaco Nicole Kidman Nur im Zusammenhang mit dem Film verwenden
Nicole Kidman als Grace Kelly im Cannes-EröffnungsfilmBild: SquareOne/Universum/2013 Stone Angels

Ein zweiter Erzählstrang schildert die diplomatischen Verwerfungen zwischen dem Fürstentum und Frankreich. Der französische Staatspräsident de Gaulle wollte Monaco nicht weiter als Steueroase akzeptieren. Die Kleinrepublik wurde politisch und wirtschaftlich isoliert und musste sich schließlich dem Druck aus Paris fügen.

Eine zerrüttete Ehe und ein offenbar nur an Profit orientiertes Fürstenhaus - das war den Nachkommen von Rainier III. zu viel. Bei der Verfilmung handele es sich um eine Verdrehung der Familiengeschichte zu rein kommerziellen Zwecken, hieß es aus Monte Carlo. "Grace of Monaco" sei "historisch ungenau" und "unnötig glamourisierend". "Die Fürstenfamilie will mit diesem Film, der nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat, in keiner Weise in Verbindung gebracht werden." Deshalb werde man den Eröffnungsfilm der Festspiele in Cannes boykottieren.

Große Namen - wenig Neulinge

Cannes wird das verkraften. "Grace of Monaco", der einen Tag nach der Cannes-Weltpremiere am 14. Mai europaweit in den Kinos startet, läuft wie fast jeder Eröffnungsfilm eines großen Festivals außer Konkurrenz und wird nach dem Trubel zu Beginn schnell vergessen werden.

Filmstill Grace of Monaco Nicole Kidman Nur im Zusammenhang mit dem Film verwenden
Bild: SquareOne/Universum/2013 Stone Angels

Dafür wird das Rennen um die Goldene Palme, wichtigster Festivalpreis der Welt, sorgen. Auch in diesem Jahr sind wieder viele große Namen dabei - wiewohl es im Vorfeld Kritik gegeben hatte, Cannes setze zu stark auf etablierte Namen und gebe neuen Talenten keine Chance.

Frankreich schickt wieder die meisten Filme ins Rennen. Altmeister Jean-Luc Godard, inzwischen 83 Jahre alt, ist mit einem 3-D-Film gemeldet, Bertrand Bonello bewirbt sich mit einer neuen Yves-Saint-Laurent-Biografie. Außerdem dabei ist Michel Hazanavicius mit dem ersten Film nach seinem Welterfolg "The Artist". Aus Belgien kommen die früheren Palmen-Gewinner, die Brüder Jean-Pierre und Luc Dardenne. Großbritannien schickt die Altmeister des sozialkritischen Kinos Ken Loach und Mike Leigh. Mit Spannung erwartet wird auch das neue Werk des türkischen Regiemeisters Nuri Bilge Ceylan.

Film aus Afrika statt Hollywood-Dominanz

Die Hollywood-Präsenz fällt in diesem Jahr bescheiden aus. Die Filmemacher Bennett Miller und Tommy Lee Jones, den man eher als Schauspieler kennt, gehören nicht zur allerersten Regiegarde. Dafür ist Kanada mit drei der interessantesten Filmemacher des modernen Kinos dabei: David Cronenberg, Atom Egoyan und dem 25-jährigen Wunderkind Xavier Dolan. Filme aus Russland, Argentinien und Japan ergänzen das Programm mit 18 Wettbewerbsbeiträgen. Dass ein Film aus Afrika - "Timbuktu" von Abderrahmane Sissako aus Mauretanien - den Sprung in den prestigeträchtigen Wettbewerb schaffte, ist eine erfreuliche Überraschung.

Wim Wenders und der brasilianische Fotograf Sebastiao Salgado (Foto: Thierry Pouffary/Decia Films)
Wim Wenders (r.) und Sebastião Salgado (m.)Bild: Thierry Pouffary/Decia Films

Und Deutschland? Das wurde wieder einmal übergangen - was schon fast Tradition in Cannes hat. Bis kurz vor Schluss waren noch vier prominente Namen gehandelt worden, die alle ihre neuesten Spielfilme fertiggestellt hatten: Christian Petzold, Andreas Dresen, Fatih Akin und Wim Wenders. Keiner wurde berücksichtigt. Akin hatte seinen Film "The Cut", der ein Kapitel des historischen Konflikts zwischen den Türken und Armeniern schildert, aus freien Stücken zurückgezogen.

Wenders in Nebenreihe

Wim Wenders zeigt zumindest seinen neuen Dokumentarfilm "Salt of the Earth" über den brasilianischen Fotografen Sebastião Salgado in der Nebenreihe "Un certain regard". Somit beschränkt sich die deutsche Beteiligung auf einige Kurzfilme und - aufs Geld. Vier Filme im Hauptprogramm sind deutsche Co-Produktionen. Und immerhin darf Wim Wenders 30 Jahre nach seiner Goldenen Palme für "Paris, Texas" während einer Gala-Vorführung eine restaurierte Fassung seines Meisterwerks zeigen. Es scheint, als ob Cannes dem "Neuen Deutschen Film", der mit Namen wie Fassinder, Herzog, Schlöndorff und eben Wenders verbunden ist, immer noch nachtrauert. Dem filmenden "Nachwuchs" aus Deutschland hingegen wird keine Chance gegeben.