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"Nukleares Säbelrasseln"

Bettina Marx22. Juni 2015

In Rothenburg ob der Tauber hat der amerikanische Verteidigungsminister in seiner Jugend Deutsch gelernt. In Berlin sprach er jedoch Englisch und fand deutliche Worte an die Adresse Moskaus.

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US-Verteidigungsminister Ashton Carter und seine Amtskollegin Ursula von der Leyen in Berlin Foto: REUTERS
Bild: Reuters/H. Hanschke

Der Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor war weiträumig abgesperrt. Passanten und Touristen drängten sich neugierig hinter den Polizeischranken und versuchten, einen Blick auf den so gut gesicherten Mann zu erhaschen, für den der ganze Aufwand betrieben wurde. Es war der neue amerikanische Verteidigungsminister Ashton Carter, der zu seinem Antrittsbesuch nach Berlin gekommen war. Er besuchte zunächst das Holocaust-Denkmal im Herzen der Hauptstadt. Dann stellte er sich mit einer Grundsatzrede den Mitgliedern und Gästen der Atlantikbrücke vor. Der 60-jährige promovierte Physiker ist erst seit Mitte Februar im Amt.

Die transatlantische Partnerschaft sehe sich neuen Herausforderungen im Süden und im Osten gegenüber, sagte Carter in Berlin. Im Süden hätten Terrorismus und gescheiterte Staaten Instabilität nach Nordafrika und den Mittleren Osten getragen. Dies habe gewaltige Migrationswellen verursacht, die nun die Sicherheits- und Innenbehörden in ganz Europa unter Druck setzten. Tausende radikaler Islamisten seien in den Irak und nach Syrien gezogen, um sich dort dem Kampf der Terrororganisation Islamischer Staat anzuschließen. Heimkehrer aus dem Krieg bedrohten nun die Sicherheit in ihren Herkunftsstaaten. Die USA seien gemeinsam mit einer breiten Koalition von Staaten, zu denen auch Deutschland gehöre, dabei, den "Islamischen Staat" zu bekämpfen und zurückzudrängen. "Ich bin zuversichtlich, dass es gelingen wird", so Carter.

Der amerikanische Verteidigungsminister Ashton Carter legt einen Kranz am Holocaust-Mahnmal in Berlin nieder. Foto: DPA
Kranzniederlegung am Holocaust-MahnmalBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

"Wir wollen keinen kalten und keinen heißen Krieg"

Weniger optimistisch äußerte sich der Pentagonchef in Bezug auf die neue Bedrohungslage im Osten. Dort habe Russland seine politische, militärische und wirtschaftliche Macht genutzt, um die Souveränität und territoriale Integrität seiner Nachbarstaaten zu untergraben. Moskau habe sich dabei über internationale Normen hinweggesetzt und durch die Annexion der Krim die europäische Sicherheitsordnung destabilisiert. "Während Russland aggressiv seine militärischen und kriegerischen Fähigkeiten modernisiert, bemüht es sich gleichzeitig aktiv darum, die NATO zu unterminieren und die Sicherheits- und Wirtschaftsbeziehungen auszuhöhlen, die uns zusammenhalten", kritisierte Carter und warf Russland nukleares Säbelrasseln vor.

Man müsse sich fragen, ob sich der Kreml noch immer der vorsichtigen Politik verpflichtet fühle, mit der die Staatenlenker Jahrzehnte lang mit der atomaren Bewaffnung umgegangen seien. Carter kündigte an, dass die USA in Erwägung zögen, schweres Militärgerät in Osteuropa zu stationieren. Damit wolle man die Ausbildung der NATO-Einheiten und ihrer Verbündeten an den Rändern unterstützen. "Wir streben keinen kalten und erst recht keinen heißen Krieg mit Russland an", unterstrich der Verteidgungsminister. "Wir wollen Russland nicht zu einem Feind machen. Aber geben Sie sich keiner Täuschung hin: Wir werden unsere Alliierten verteidigen."

Lob für die deutsche Führungsrolle

Die Vereinigten Staaten seien erfreut, dass Deutschland bereit sei, Führung zu übernehmen. Bei der Bewältigung der Ukraine-Krise spiele Berlin eine wichtige Rolle, lobte Carter. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe mit ihren diplomatischen Anstrengungen in Moskau und Kiew ihre außergewöhnliche Führungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Auch in Afghanistan und bei den Atomgesprächen mit dem Iran sei die Bundesregierung ein bedeutender Partner.

Der amerikanische Verteidigungsminister rief dazu auf, die NATO zu stärken. Die Mechanismen des Kalten Krieges seien nicht mehr anwendbar. Das westliche Verteidigungsbündnis müsse den neuen Herausforderungen mit neuen Antworten begegnen. Dieser Verantwortung könne sich kein Mitgliedsland entziehen.

NATO Manöver in Polen Foto: Getty Images
Mit einem Manöver in Polen übt die NATO den ErnstfallBild: Getty Images/S. Gallup

Mehr Geld für die Verteidigung gefordert

Derzeit trage Washington 70 Prozent der Militärausgaben im Bündnis, auf Dauer aber könnten die USA die Sicherheitsaufgaben in Europa nicht alleine schultern. Sie seien auf die engagierte Mitarbeit der Partner angewiesen. In diesem Zusammenhang begrüßte es Carter, dass Deutschland seine Militärausgaben um sechs Prozent erhöhen wolle. Dies sei jedoch nicht genug, fügte er hinzu. Ein aktiveres Deutschland und eine anpassungsfähigere NATO könnten sicherstellen, dass es Russlands Präsident Wladimir Putin nicht gelingen werde, die Uhr in Europa zurückzudrehen.

Von Deutschland aus wird Carter in das Baltikum weiterreisen, um sich mit seinen Amtskollegen von Estland, Lettland und Litauen zu treffen. Die drei baltischen Staaten fühlen sich durch die russische Politik in der Ukraine bedroht. Sie fürchten, Moskau könne auch die Unantatsbarkeit ihrer Grenzen in Frage stellen.