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"Schmähgedicht" im Bundestag

12. Mai 2016

Der CDU-Abgeordnete Detlef Seif hat im Bundestag das "Schmähgedicht" des Satirikers Jan Böhmermann in voller Länge vorgetragen. Vertreter von Regierung und Opposition reagierten empört, Böhmermann nimmt es mit Humor.

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Deutschland CDU-Abgeordneter Detlef Seif im Bundestag. (c) picture-alliance/dpa/Bildfunk/M. Kappeler
Bild: picture-alliance/dpa/Bildfunk/M. Kappeler

Eine bessere Werbung für seine Rückkehr auf die Fernsehbildschirme hätte sich ZDF-Satiriker Jan Böhmermann nicht wünschen können. Seit der Veröffentlichung seines Schmähgedichts am 31. März 2016 in der Sendung Neo Magazin Royale und der Strafanzeige des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan hatte er sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Mit genau diesem Gedicht sorgte der CDU-Abgeordnete Detlef Seif am Donnerstag für einen Eklat im Bundestag. In der Sitzung sollte über die Abschaffung des Paragraphen 103 des Strafgesetzbuchs beraten werden, der Beleidigungen ausländischer Staatsvertreter sanktioniert. Seif las zu Beginn seiner Rede das "Schmähgedicht" in voller Länge vor. Er hatte damit zeigen wollen, wie verletzend Böhmermanns Beitrag sei. Es bediene Ressentiments, die eine Person "in ihrer Ehre ganz klar ansprechen", so Seif. Ob diese Ausdrucksweise noch von der Presse- und Meinungsfreiheit gedeckt sei, müsse die Justiz entscheiden.

Jan Böhmermann in der Fernsehsendung Neo Magazin Royale, Foto: © picture-alliance/dpa/B. Knabe
Sorgte mit seinem "Schmähgedicht" für Aufsehen: Jan BöhmermannBild: picture-alliance/dpa/B. Knabe

Unmut bei Regierung und Opposition

Mit seinem Vortrag stieß Seif fraktionsübergreifend auf Unverständnis. Während er sprach, waren aus dem Plenum mehrfach empörte Zwischenrufe zu hören. Bundestagsvizepräsidentin Edelgard Bulmahn (SPD) rief dazu auf, "zu berücksichtigen, dass wir im deutschen Parlament sind und dass man auch bei Zitaten dieses nicht völlig vergessen sollte". Renate Künast von den Grünen reagierte "sehr peinlich berührt". Sie unterstrich, dass das Gedicht zwar weder klug noch besonders kunstvoll, aber in einen Satirebeitrag eingebettet gewesen und daher nicht nur einzeln zu betrachten sei.

Majestätsbeleidigung soll nicht mehr strafbar sein

Angela Merkel hatte sich nach der Affäre Böhmermann für die Abschaffung des sogenannten "Beleidigungs-Paragraphen" ausgesprochen. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) kündigte an, den Paragraphen so schnell wie möglich streichen zu wollen. Doch die Union will diesen Schritt erst 2018 vollziehen. Die Oppositionsfraktionen hatten daraufhin Anträge zur sofortigen Streichung des Paragraphen 103 vorgelegt.

Wasser auf Böhmermanns Mühlen

Der Autor des "Schmähgedichts" reagierte prompt und gewohnt ironisch. Auf Twitter schrieb er: "Das Schmähgedicht, das der CDU-Abgeordnete Detlef Seif soeben im Bundestag vorgetragen hat, ist bewusst verletzend hatte. Ungeheuerlich." Damit nahm er auf Angela Merkel Bezug, die sein Schmähgedicht "als bewusst verletzend" bezeichnet. Kurz darauf beantragte Böhmermann, ebenfalls über Twitter, "die Aufhebung der Immunität des CDU-Abgeordneten Detlef Seif wegen Verstoßes gg. §103 StGB." Ob Böhmermann in seiner Sendung am 12. Mai Neo Magazin Royale auf die Geschehnisse im Bundestag und die der letzten Wochen eingehen wird, bleibt abzuwarten.

fs/rk/so (dpa/KNA)