Chamisso-Preis an Fatah
5. März 2015Mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis ehrt eine hochrangige Jury der Robert-Bosch-Stiftung auf Deutsch schreibende Autoren, deren Werk von einem Kulturwechsel geprägt ist. Anfänglich wurden Autoren sogenannter "Gastarbeiterliteratur" oder später "Migrationsliteratur" ausgezeichnet. So wie sich in der Zwischenzeit die politische und kulturelle Landschaft in Deutschland verändert hat, hat sich auch das Selbstverständnis des Preises weiterentwickelt. Ein bedeutender Aspekt heute ist unter anderen ein außergewöhnlicher, die deutsche Literatur bereichernder Umgang der Autoren mit der Sprache.
Im Spannungsfeld zwischen arabischer Welt und Europa
Der Preisträger des Adelbert-von-Chamisso-Preises 2015 ist Sherko Fatah, Sohn eines irakischen Kurden und einer Deutschen, geboren 1964 in Ost-Berlin. 1975 ging die Familie nach West-Berlin, dort studierte Fatah dann Philosophie und Kunstgeschichte. Sein Leben ist geprägt von zwei Sprachen, zwei Kulturen, einer Kindheit in der damaligen DDR und einer Jugend im umtriebigen Westteil Berlins. Die Geschichten in seinen Büchern spielen in dem Spannungsfeld zwischen arabischer Welt und Europa. Sehr sensibel beobachtet Fatah die Diskussionen um Ausländerfeindlichkeit in Deutschland. " Es herrscht eine Polarisierung: Erschreckend weitverbreitete Überfremdungsängste werden artikuliert und leider sofort instrumentalisiert, Hilfsbereitschaft und Anteilnahme sind aber auch allerorten zu registrieren", stellt er fest. Dies habe indirekt natürlich auch Auswirkungen auf sein schriftstellerisches Werk, weil er Zeitstimmungen ganz bewusst in seiner Literatur berücksichtige. "Es braucht allerdings immer einen gewissen Abstand, bis ich mich an eine Deutung wage."
Gewürdigt wird Sherko Fatahs bisheriges Gesamtwerk, insbesondere sein jüngster Roman "Der letzte Ort". "Seine Bücher bereichern das interkulturelle literarische Schreiben durch ihre schonungslose Darstellung von Krieg und Terror", lautet die Begründung der Jury zur Vergabe des Preises an den Deutsch-Iraner. Es sei eine Ehre, diesen Preis zu erhalten, so Sherko Fatah: "Ich bin beeindruckt vom öffentlichen Interesse an dieser Auszeichnung und glaube, die inhaltlichen Vorgaben für diesen Preis adressieren eine wichtige Tendenz in der neueren deutschen Literatur."
Der Adelbert-von-Chamisso-Preis ist mit 15.000 Euro dotiert und wird in München in der Allerheiligenhofkirche überreicht. Seit 1985 sind insgesamt 65 Schriftsteller mit dem alljährlich verliehenen Chamisso-Preis geehrt worden. 2015 wird er zum 30. Mal verliehen.
Förderpreise an junge Autoren
Die diesjährigen Förderpreise in Höhe von jeweils 7.000 Euro erhalten Olga Grjasnowa für ihren zweiten Roman "Die juristische Unschärfe einer Ehe" sowie Martin Kordic für seinen Debütroman "Wie ich mir das Glück vorstelle". Am Freitag lesen die Preisträger im Literaturhaus München aus ihren Werken.