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PolitikAsien

China als Rettungsanker für iranisches Regime

31. Juli 2020

Das umfassende Kooperationsabkommen zwischen Iran und China ist auch eine Folge der Enttäuschung Teherans über die ausbleibende Unterstützung durch die EU im Streit mit den USA. Der Deal ist aber umstritten.

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Ali Larijani, Irans Parlamentschef in China
Bild: Icana

China und Iran werden in Zukunft enger zusammenarbeiten. Über ein "25 Jahre laufendes strategisches Abkommen" befinde man sich in Verhandlungen, teilte Außenministeer Dschawad Sarif Anfang Juli dem Parlament mit. Der Vertrag, dessen persischsprachige Variante der "New York Times" vorliegt und über den die Zeitung ausführlich berichtete, ist offenbar unterschriftsreif. Er sieht neben milliardenschwerer wirtschaftlicher auch eine enge militärische Zusammenarbeit vor.

China sieht im Iran einen großen Absatzmarkt für seine Waren und zudem einen Lieferanten von Erdöl. Iran wiederum hofft durch die chinesischen Investitionen und seine Exporte den durch die US-Sanktionen provozierten wirtschaftlichen Druck zu vermindern. 

Iran Proteste gegen Donald Trump
Demonstration im Iran gegen US-Präsident Trump im November 2019 Bild: Getty Images/AFP/A. Kenare

USA im Blick

Die Annäherung Teherans an Peking sei eine Reaktion auf das durch die Trump-Regierung aufgekündigte Atomabkommen, sagt der an der Berliner "Stiftung Wissenschaft und Politik" (SWP) forschende Politologe Hamidreza Azizi gegenüber der DW. Zudem hätten die Europäer ihre mit dem Iran getroffenen ökonomischen Vereinbarungen nicht eingehalten. Einzig China und Russland hätten ihre Wirtschaftsbeziehungen mit dem Iran fortgesetzt. Darum sehe die dortige Regierung den Ausbau der Beziehungen zu beiden Ländern als einzige Möglichkeit an, die Wirtschaft des Landes vor dem Zusammenbruch zu bewahren.

Gleichzeitig hätten iranische Politiker zunehmend den Eindruck, dass Einfluss und internationales Ansehen der USA unter Trump zurückgehen. "Daher sind sie der Ansicht, dass die beste Möglichkeit, die Interessen des Iran langfristig zu wahren, darin besteht, den Rahmen für eine langfristige Partnerschaft mit 'nicht-westlichen' Mächten festzulegen", so Azizi.

China spendet Mundschutz an den Iran
Im Februar spendete China durch seinen Botschafter im Iran Chang Hua (2.v.l) Mundschutz an den IranBild: Chinesische Botschaft im Iran

China bei Iranern unbeliebt

Allerdings verhandle Iran aus einer Position der Schwäche heraus, sagt Ali Fathollah-Nejad, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Vorderer Orient und Vergleichende Politikwissenschaft der Universität Tübingen. Denn wirtschaftlich stehe die Regierung unter immensem Druck. Gleichzeitig stoße das Kooperationsvorhaben im Iran auf breite Ablehnung. Denn es stehe dem Selbstverständnis des Landes seit der Revolution von 1979 entgegen. Diese habe es darauf angelegt, die Unabhängigkeit des Landes gegenüber östlichen ebenso wie westlichen Großmächten zu bewahren.

Hinzu komme ein durchaus negatives Image Chinas im Iran. Seitdem sich die Europäer unter dem Druck der USA aus dem Iran zurückgezogen hätten, sei China dort omnipräsent. "Die Ablehnung richtet sich gegen chinesische Billigprodukte, die der Entwicklung der einheimischen Industrie schaden, wie auch gegen Chinas Rolle bei der Ausbreitung des Coronavirus im Iran", sagt Fathollah-Nejad. Tatsächlich war es die iranische Gesellschaft Mahan Air, die nach Recherchen der BBC zwischen China und Iran trotz eines offiziellen Verbots über 100 Flüge nach China und zurück im Februar und März durchgeführt hatte.

Iran Karikatur von Mana Neystani Unterdrückung
Karikatur der iranischen Künstlerin Mana Neystani über Unterdrückung im Lande

Partner bei innerer Repression

Sowohl der Iran als auch China unterstehen autoritären Systemen. Menschenrechtsorganisationen werfen den Regierungen beider Länder schwere Menschenrechtsverletzungen vor. Amnesty International (AI) etwa beschreibt den Umgang beider Regime mit Dissidenten in nahezu identischen Worten. So kritisiert die Menschenrechtsorganisation die Arbeit der Justizsysteme beider Länder in vielen Fällen als unfair und willkürlich.

Könnte also die Zusammenarbeit mit China die repressive Politik der iranischen Hardliner verstärken? "In puncto Repression - offline oder online - ist China ein wichtiger Lieferant und auch Inspiration für iranische Autokraten", sagt Ali Fathollah-Nejad, der auch als Nonresident Fellow beim Center for Middle East Policy der Brookings Institution arbeitet. Die größten Befürworter einer 'östlichen' geopolitischen Ausrichtung Teherans seien nicht zufälligerweise Teil des autoritärsten und des staatskapitalistischen Teils des Machtapparats. "Sie sehen in China eine Art großen Retter, der dem Regime auf Jahre, wenn nicht über Jahrzehnte hinweg eine ökonomische Rettungsleine garantiert, während es sich politisch und diplomatisch sich an der Seite Irans gegen den 'westlichen Imperialismus' stellt", sagt Ali Fathollah-Nejad.

Hamidreza Azizi ergänzt mit Blick auf die innere Entwicklung Irans: "Angesichts der vorherrschenden westlich orientierten politischen Kultur in der iranischen Gesellschaft könnten langfristige Partnerschaften mit nichtdemokratischen Mächten die Kluft zwischen dem iranischen Staat und der Gesellschaft vertiefen."

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Regionalpolitische Folgen marginal

In Syrien arbeitet der Iran insbesondere mit Russland eng zusammen, das Vorgehen beider Staaten wird im UN-Sicherheitsrat immer wieder von China gedeckt. Könnte dies bedeuten, dass eine iranisch-chinesische Annäherung sich in der gesamten Region auch außenpolitisch auswirkt - indem sich etwa autoritäre Regime auch anderer Länder bestätigt sehen?

Er erwarte das nicht, sagt Hamidreza Azizi, denn diese Regime benötigten eine solche Bestätigung nicht. Für die Weltmächte beruhe die Bedeutung des Nahen Ostens seit jeher auf seiner geopolitischen Lage und seinen natürlichen Ressourcen. "Zwar fordern die großen Mächte Demokratie und Menschenrechte in der Region ein. Allerdings haben sie sich nie ernsthaft dafür interessiert, wie die politischen Führer der Region ihre Länder regieren - jedenfalls solange nicht, wie sie weiterhin günstige Beziehungen zu ihnen unterhalten konnten."

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Azizi verweist auf die arabischen Länder am Persischen Golf: Sie seien immer von autoritären Monarchien regiert worden. Ihnen gegenüber hätten die ausländischen Partner nie eine ernsthafte Rolle bei der Etablierung von Demokratie und Menschenrechten in der Region gespielt. "Diese Regierungen können autoritärer nicht sein - ganz unabhängig von der politischen Ausrichtung ihrer ausländischen Partner."

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika