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China auf dem Weg zur Nummer zwei

Klaudia Prevezanos10. August 2005

Chinesische Firmen sind weltweit auf Einkaufstour. Den US-Ölkonzern Unocal durften sie aus politischen Gründen nicht kaufen - auch zum Ärger der Aktionäre.

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Ölförderung in ChinaBild: AP

Einige der Unocal-Aktionäre dürften wütend sein: Auf eine Milliarde US-Dollar des chinesischen Petrolriesen CNOOC müssen sie verzichten. Stattdessen haben die Anteilseigner am Mittwoch (10.8.2005) auf einer außerordentlichen Aktionärsversammlung der Übernahme ihres US-Ölunternehmens durch den ebenfalls amerikanischen Ölkonzern Chevron zugestimmt.

Gift für die Stimmung

Die Geschäftsführung von CNOOC hatte mit 18,5 Milliarden Dollar den deutlich höheren Preis gegenüber dem US-Konkurrenten geboten. Doch aus dem Geschäftsvorgang wurde eine politische Angelegenheit. Das US-Repräsentantenhaus hatte Anfang Juli vor dem Verkauf von Unocal an das chinesische Staatsunternehmen gewarnt: Die Übernahme stelle eine Bedrohung der nationalen Sicherheit dar. Öl und Gas seien strategische Güter. Mitte Juli akzeptierte der Unocal-Vorstand das Chevron-Angebot von rund 17 Milliarden Dollar. Doch es war nicht ausgeschlossen, dass die Aktionäre das bessere Gebot akzeptieren würden. Höchst verärgert zog dann aber CNOOC wegen des politischen Widerstandes am 2. August sein Gebot zurück. In der amtlichen chinesischen Zeitung "China Daily" hieß es daraufhin, dies werde Gift für die Stimmung bei den wirtschaftlichen Verbindungen beider Länder sein.

Weniger Aufsehen

"Rohstoffe sind sicherlich eine nationale Angelegenheit", sagt Christian Jasperneite, Volkswirt bei der Privatbank M. M. Warburg in Hamburg. Auch Ölkonzerne wie die britische BP oder Frankreichs Elf Aquitaine würden wohl nicht nach Peking verkauft werden. Doch grundsätzlich sollte auch im Unocal-Fall nur das geschehen, was schon die ganze Zeit passiert: Chinesische Firmen kaufen ausländische Unternehmen auf - wenn auch mit weniger Aufsehen: IBM, die Siemens-Handysparte, Rover, aber auch mittelständische Unternehmen wie beispielsweise Maschinenbauer in Deutschland wurden zuletzt von Chinesen übernommen.

Marken und Vertrieb gesucht

"Chinesische Unternehmen habe auch kaum eine Alternative zum Aufkaufen", meint Volkswirt Jasperneite. Bislang sind Waren aus China billig und namenlos. Mit den übernommenen Firmen kaufen sich chinesische Unternehmen meist eine Marke - und die bestehende Vertriebsstruktur in für sie interessanten Märkten gleich dazu. "Vertriebswege selbst aufzubauen ist schon für Konsumgüter sehr schwierig", meint Jasperneite, "für Investitionsgüter ist es aber fast nicht zu schaffen."

Doch auch der Zugang zu Rohstoffen wie im Fall Unocal ist für die Volksrepublik, deren Rohstoffverbrauch in den vergangenen 15 Jahren um 60 Prozent zugenommen hat, enorm wichtig. Der Erwerb von Technologie ist ebenfalls von großer Bedeutung für China.

Neue Nummer zwei

Ob die Aufkäufe bereits Vorboten der chinesischen Machtübernahme am Weltmarkt sind, bleibt abzuwarten. Manche Prognose sieht die Volksrepublik bereits bis Mitte dieses Jahrhunderts an der Spitze stehen. Solch langfristige Voraussagen will Hanns Günther Hilpert von der Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP) nicht machen. Dass China in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren immerhin Nummer zwei am Weltmarkt in Bezug auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) hinter den USA wird, hält der Ostasien-Experten hingen für gut möglich.

Die Höhe des BIP sagt jedoch nichts über das durchschnittliche Einkommen im Land aus. Eine immer größer werdende Differenz zwischen Armen und Reichen gibt es schon heute in China. Auch über die Technologiefähigkeit gibt das BIP keine Auskunft: Ob die Volkswirtschaft Kapital und Technologie effizient einsetzt, und ob sie auch Hochtechnologie zu bieten hat – dazu gehören Speichertechnologie, Roboter-, Rüstungs- oder Materialtechnologie. An hochwertiger und wirtschaftlich eingesetzter Technologie fehlt es dem kommunistisch regierten Land bereits heute.

Viele Flops

Hilpert meint zwar, dass es in China derzeit viel Geld für Übernahmen gebe. Er ist jedoch skeptisch, dass die Käufer aus Fernost ihre neuen Unternehmen auch erfolgreich führen können: "Mich erinnert die Einkaufswelle an die der Japaner und Südkoreaner Ende der 1980er Jahre. Da waren damals auch viele Flops dabei." Außerdem reicht die Übernahme alleine nicht aus, die aufgekauften Unternehmen müssen auch Erlöse und Gewinne am Weltmarkt umsetzen, und damit, so Hilpert, haben die Chinesen wenig Erfahrung.