China brüskiert deutschen Finanzminister
9. Mai 2023Finanzminister Christian Lindner ist kurzfristig von der chinesischen Regierung ausgeladen worden. Der FDP-Chef musste sein für diesen Mittwoch geplantes Treffen mit dem chinesischen Finanzminister Liu Kun spontan absagen. Das chinesische Finanzministerium habe gebeten, die für den 10. Mai geplanten Gespräche der beiden Minister aus terminlichen Gründen zu verschieben, heißt es aus dem Bundesfinanzministerium.
Bei dem Besuch sollten ursprünglich die in wenigen Wochen anstehenden Regierungskonsultationen und ein hochrangiger Finanzdialog vorbereitet werden. Lindner wollte das Gespräch in China mit einem Treffen der G7-Finanzminister in Japan verbinden. Die chinesische Seite bot offenbar einen Alternativtermin für die Rückreise aus Japan an. "Für eine so außergewöhnlich kurzfristige Terminverschiebung konnte der Minister nicht zur Verfügung stehen", heißt es dazu aus Berlin. Das Treffen in Peking soll nun zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden.
Geht es um Menschenrechte? Um Taiwan?
Nun stellt sich die Frage, ob die Absage auch mit dem Verhältnis Chinas zu Lindner und dessen Freier Demokratischer Partei (FDP) zusammenhängt. Im März war FDP-Politikerin und Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger nach Taiwan gereist und hatte damit für Unmut in Peking gesorgt. Lindner selbst hatte Chinas Haltung zum russischen Krieg gegen die Ukraine kritisiert und auch dafür geworben, etwa Menschenrechtsfragen offen anzusprechen.
Nach seiner kurzfristigen Ausladung spricht Lindner von einer notwendigen neuen Balance im Verhältnis zu China. Es gehe um "einen selbstbewussten und realistischen Umgang mit China" und "ein weniger samtpfötiges Auftreten", als es die Vorgängerregierungen an den Tag gelegt hätten, sagte Lindner dem Nachrichtenportal "The Pioneer". Wer nur auf wirtschaftliche Beziehungen setze, verliere ein Stück der zivilisatorischen Mission. "Wir brauchen eine bessere Balance als in der Vergangenheit, als wir zu sehr auf die Wirtschaft geschaut haben."
Die Regierungskonsultationen sind nicht in Gefahr
Bei den für den 20. Juni geplanten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen sollen führende Regierungsmitglieder beider Seiten zusammenkommen. Solche Gespräche veranstaltet die Bundesregierung mit mehreren engen oder strategisch wichtigen Partnern wie etwa Frankreich, Japan, Indien, Brasilien und Israel. Zur Vorbereitung hat sich unerwartet der chinesische Außenminister Qin Gang bei Bundesaußenministerin Annalena Baerbock angekündigt.
Bei ihrem Antrittsbesuch in Peking im April hatte sich Baerbock besorgt über die Gefahren einer Eskalation der Spannungen rund um Taiwan sowie über die Beschneidung von Menschenrechten in China geäußert. Qin hatte das als "schulmeisterlich" zurückgewiesen.
rb/ust (AFP, dpa)