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China: Vom Kunden zum Konkurrenten

Sabine Kinkartz, Berlin14. Dezember 2015

Die Chinesen liefern preisgünstige Standardproduktion, die Deutschen Hightech und Qualität – so war es einmal. Inzwischen konkurrieren die beiden Länder weltweit immer stärker um Aufträge. Wer gewinnt das Rennen?

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China Symbolbild Einbruch Wirtschaft Export Börse
Bild: picture-alliance/dpa/Wang Chun

So richtig rund läuft die Wirtschaft in China im Moment nicht, und doch lehrt das Reich der Mitte auch deutsche Unternehmer zusehends das Fürchten. Aus der verlängerten Werkbank ist ein ernsthafter Konkurrent auf den Weltmärkten geworden. "Das wird ausgedehnt auf das mittlere Preissegment", sagt DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. "Es kommen zunehmend anspruchsvollere Produkte auf den Markt." Doch die Konkurrenten sind auch Partner. Die wirtschaftliche Verflechtung ist so groß wie nie. China ist Deutschlands wichtigster Wirtschaftspartner in Asien. Umgekehrt ist Deutschland der wichtigste Handelspartner Chinas in Europa.

Nimmt man die beiden wirtschaftlichen Schwergewichte zusammen, dann geht rund ein Fünftel der weltweiten Ausfuhren auf ihr Konto. Dabei hat die Volksrepublik seit einiger Zeit allerdings die Nase vorne. Während China seinen Weltmarktanteil an den Exporten von 1990 bis 2013 von 1,9 auf 11,7 Prozent erhöhte, nahm der von Deutschland von 12,4 auf 7,7 Prozent ab. "China ist Exportweltmeister und wird das auf absehbare Zeit auch bleiben", sagt Jürgen Friedrich, Geschäftsführer von Germany Trade & Invest (GTAI), einer staatlichen Gesellschaft, die Marketing für den Standort Deutschland betreibt. Da dürfe man sich nichts vormachen. "Deutsche und chinesische Unternehmen stehen in Konkurrenz um qualitäts- und preisbewusste Kunden und das weltweit."

China erstes Flugzeug aus eigene Produktion C919 offizielle Vorführung
Konkurrenz für Airbus und Boeing: Chinas erstes selbst produziertes FlugzeugBild: picture-alliance/dpa

China in den Top 5

Ein Viertel der deutschen Unternehmen, die im Ausland aktiv sind, zählen chinesische Firmen bereits zu den fünf bedeutendsten Wettbewerbern - unabhängig davon, ob es um Geschäfte in Industrie-, Schwellen- oder Entwicklungsländern geht. Das ergab eine Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) unter 240 Betrieben an ausgewählten ausländischen Standorten, darunter die USA, Frankreich, Polen und die Türkei. Zwei Drittel der Befragten rechnen mit einer weiteren Zunahme der chinesischen Konkurrenz in den kommenden fünf Jahren. "Der Wettbewerb steigt", sagt DIHK-Außenwirtschaftschef Treier.

Die Marktanteilsgewinne Chinas zeigen sich in allen Kernbranchen der deutschen Exporte. In der Elektronik exportierte China im Jahr 2013 mehr als neunmal so viel wie Deutschland, in der Elektrotechnik mehr als doppelt so viel.

Dagegen hat Deutschland vor allem in der Kfz-Industrie, aber auch in der chemischen Industrie und im Maschinenbau noch die Nase vorn. "Aber selbst da sind klare Anteilsgewinne chinesischer Unternehmen zu erkennen", so Jürgen Friedrich, der davon ausgeht, dass Deutschland in Zukunft weiter Marktanteile verlieren wird und zwar übergreifend in allen Branchen.

Volker Treier
DIHK-Außenwirtschaftschef Volker TreierBild: DW/N. Jolkver

Deutsche Unternehmen verdienen mit

Allerdings warnt er vor einer "schwarz-weiß" gefärbten Betrachtung der Lage. Das chinesische Exportwachstum wird nämlich erheblich von Firmen mitgetragen, die ganz oder teilweise in ausländischer, also auch in deutscher Hand sind. 32,9 Prozent der Ausfuhren stammen von Tochterfirmen ausländischer Unternehmen und 14,3 Prozent aus Joint Ventures. Der Bosch-Konzern beispielsweise produziert in China Werkzeugmaschinen für den brasilianischen Markt, wo sie unter anderem Namen vertrieben werden. "Das ist ein Engagement von Bosch in China, das ihnen mit dieser Marke einen entsprechenden Markteintritt und auch eine wettbewerbsfähige Positionierung ermöglicht", formuliert Friedrich.

Im Vergleich zu deutschen Firmen werden chinesische Unternehmen bei ihrem Auslandsengagement viel deutlicher unterstützt. Zum einen betreibt China eine langfristig angelegte Wirtschaftspolitik. In Schwellenländern wird mit bilateralen Abkommen der Weg für chinesische Staatsunternehmen geebnet, die dann den lokalen Markt erschließen. Große Handelskredite werden mit der Auflage vergeben, chinesische Produkte zu kaufen. Zum anderen bietet der Staat seinen Unternehmen bei Geschäften im Ausland ein weitgespanntes Netz von finanziellen Absicherungsinstrumenten. "Auch wir haben ein Netz von Exportkreditversicherungen und Investitionsgarantien", sagt Volker Treier vom DIHK. "Aber das hat bei weitem nicht das Ausmaß, wie wir das für potenzielle chinesische Wettbewerber einschätzen."

Symbolbild Autos deutscher Herstellung in China
Ein Stück vom Kuchen bekommt nur, wer in China investiertBild: P. Lopez/AFP/Getty Images

Der Kuchen wird vor Ort verteilt

Die meisten deutschen Unternehmen wollen sich auf einen Preiswettbewerb mit der chinesischen Konkurrenz nicht einlassen. Stattdessen wollen sie ihre Stärken in den hochpreisigen Segmenten weiter ausbauen, setzen also auf Forschung und Entwicklung. Mehr als 20 Prozent der vom DIHK befragten Unternehmen sind allerdings auch offen für eine Zusammenarbeit mit chinesischen Unternehmen in Drittmärkten, sowohl als Subunternehmer als auch als Auftraggeber.

Ganz wichtig ist und bleibt allerdings die Präsenz in China selbst. Wer an der Internationalisierung der chinesischen Wirtschaft teilhaben wolle, der müsse vor Ort sein, sagt Volker Treier. "Das ist wichtig, wenn es um die Verteilung des Kuchens geht." Schon jetzt ist China nach den USA für deutsche Firmen der weltweit wichtigste Investitionsstandort. 5.200 deutsche Unternehmen sind bereits vor Ort vertreten. Sie beschäftigen mehr als eine Millionen Arbeitnehmer und haben rund 48 Milliarden Euro investiert.