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China will US-Dominanz im IT-Sektor brechen

Dai Kailin17. Juni 2014

China und USA beschuldigen sich gegenseitig der Cyberspionage. China versucht gleichzeitig, sich von der Dominanz der US-Konzerne zu befreien. Die Entwicklung konkurrenzfähiger IT-Produkte ist jedoch schwierig.

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Microsoft Windows Google Symbolbild
Bild: picture-alliance/dpa

Der lautlose "Cyber-Krieg" zwischen China und USA war Anfang Mai auf öffentlicher Ebene eskaliert. Die USA hatten fünf chinesische Offiziere, Mitglieder einer Armee-Einheit für elektronische Kriegsführung, wegen Wirtschaftsspionage angeklagt. Sie sollen in Computernetze amerikanischer Firmen eingedrungen sein.

China wies die Vorwürfe als "unbegründet und absurd" zurück und legte die erst vor kurzem vereinbarten bilateralen Gespräche über Cyber-Sicherheit auf Eis. Peking beließ es nicht bei Reaktionen auf diplomatischer Ebene: Das Update auf das neue Betriebssystem Windows 8 des US-Konzerns Microsoft wurde für Behörden-Computer verboten. Begründet wurde die Maßnahme mit Sorge vor "Hintertüren", die in der neuen Software eingebaut sein könnten.

Schon länger hatte China damit gedroht, US-Technologie wie IBM-Server oder Cisco-Router aus Sicherheitsgründen nicht mehr einzusetzen. Umgekehrt warnen auch die USA schon seit längerem vor dem Einsatz von chinesischer IT-Technologie. So darf der chinesische Internet-Gigant Huawei sich nicht am Ausbau des amerikanischen Telekom-Netzes beteiligen. Huawei ist seinerseits laut Enthüllungen Edward Snowdens Ziel intensiver Ausspähungen durch den US-Geheimdienst NSA gewesen - alles Gründe für zunehmendes Misstrauen zwischen beiden Seiten.

Mühsame Aufholjagd gegen die USA

China hatte schon vor den Snowdon-Enthüllungen versucht, sich im IT-Bereich aus der Abhängigkeit von US-Firmen zu befreien. 1999 kam die erste Version von "Red Flag Linux" auf den Markt. Das offene Betriebssystem war speziell auf chinesische Bedürfnisse abgestimmt und sollte den Marktführer Windows auf chinesischen Computern ersetzen. Der Erfolg war eher mäßig: 90 Prozent der Chinesen nutzen laut dem amerikanischen Magazin "Ars Technica" noch immer Windows, der Marktanteil von Linux liegt bei unter einem Prozent. Entsprechend schwer ist es für andere Betriebssysteme, sich im chinesischen Markt durchzusetzen, und Red Flag meldete im Februar 2014 offiziell Konkurs an. Das chinesische Ministerium für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) arbeitet allerdings schon seit 2013 mit der britischen Firma Canonical an einer anderen Linux-Version namens Ubuntu Kylin (von Qilin, Chinesisch für "Einhorn").

Chinesisches Kult-Handy Xiaomi (Foto: Picture alliance/AP)
Chinesisches Kult-Handy Xiaomi - mit Google-TechnologieBild: picture-alliance/dpa

Auch auf dem Mobilfunkmarkt werde man versuchen, das Betriebssystem Android des amerikanischen Konzerns Google (90 Prozent Marktanteil in China laut der Fachseite "Tech in Asia") innerhalb von drei bis fünf Jahren zu verdrängen, hieß es Anfang Juni auf einer vom MIIT organisierten Konferenz. Wie im PC-Bereich könnte es schwer werden, die Nutzer zu überzeugen: Auch die Betriebssysteme auf Handys chinesischer Marken wie Xiaomi basieren nahezu ausnahmslos auf Googles Android, und die Nutzerzahlen wachsen besonders in ländlichen Gegenden schneller denn je. Erst Anfang des Monats hatte ein Sprecher auf einer vom Ministerium für Telekommunikation ausgerichteten Konferenz angekündigt, Android werde in China in drei bis fünf Jahren keine Rolle mehr spielen.

Aber selbst dann, wenn China ein eigenes konkurrenzfähiges Betriebssystem entwickeln sollte, würde es sich bei den Nutzern nicht automatisch durchsetzen, meint die Sinologin und Wirtschaftswissenschaftlerin Doris Fischer: "Oft gibt es einen gewissen Netzwerkeffekt: Wenn genug Menschen etwas zu nutzen, ziehen andere nach, auch, wenn es nicht die objektiv beste Lösung ist." Momentan profitieren in China vor allem Microsoft und Android von diesem Effekt.

Peking will "Sicherheitslücken" schließen

Ende Mai wurde die Verschärfung eines Prüfsystems für IT-Produkte angekündigt, die als relevant für die nationale Sicherheit eingeschätzt werden. Englischsprachige Medien befürchten, dass diese Maßnahme vor allem gegen ausländische Unternehmen gerichtet ist. Li Jingchun vom Nationalen Forschungszentrum für IT-Sicherheit bestreitet das gegenüber der Deutschen Welle: "Ausländische und inländische Firmen werden gleich behandelt werden. Wir könnten zum Beispiel den Common-Criteria-Standard übernehmen. Den gibt es ja auch in anderen Ländern." Es gehe vor allem darum, dass Unternehmen, deren Software "für die nationale Sicherheit relevant ist und Sicherheitslücken hat", mit China zusammenarbeiten, um diese Lücken zu schließen, sagt Li Jingchun.

Hochhaus in Shanghai (Foto: Reuters)
Von diesem Gebäude in Shanghai aus soll nach US-Informationen eine geheime Cybereinheit der chinesischen Armee operierenBild: picture alliance / AP Photo

In Chinas staatlichen Medien haben die Angriffe auf amerikanische Internet- und IT-Firmen unterdessen an Intensität zugenommen. Man müsse diese "Handlanger der US-Regierung bestrafen", die China überwachten und seine Geheimnisse ausspähten, hieß es Anfang Juni in einem Blog der "Volkszeitung." Während die Server von IBM jedoch in der Wirtschaft und im Bankensektor zur Standardausrüstung gehören, hat Cisco mit seinen Routern einen schweren Stand. Nicht nur wegen der einheimischen Konkurrenz durch Huawei und ZTE, sondern auch wegen der Enthüllungen Snowdens, wonach die NSA ihre Chips in die Cisco-Router eingebaut hat.

Chinas Unternehmen haben eigene Interessen

Auch hier wird es darauf ankommen, ob chinesische Firmen konkurrenzfähige Alternativen entwickeln können: "Bei den Behörden kann die chinesische Regierung vielleicht direkt etwas ändern, aber sobald sie versuchen sollte, die Unternehmen zu irgendetwas zu zwingen, würden die auf die Barrikaden gehen", meint Doris Fischer.

Lenovo Shop in Hefei China (Foto: Reuters)
Computer-Konzerne wie Lenovo agieren global, die USA eingeschlossenBild: Reuters

Einige chinesische Firmen wittern allerdings Chancen durch die amerikanische Konkurrenz: Laut einem Bericht der "New York Times" kündigte der chinesische Serverproduzent Inspur eine Kampagne namens "IBM zu Inspur" an und brüstete sich damit, mehrere Mitarbeiter von IBM übernommen zu haben. Gleichzeitig ist Lenovo, Weltmarktführer bei Desktop-Computern, mit IBM in Gesprächen, um dessen weniger lukrative Sparte einfacher Server aufzukaufen. Nach Informationen der Hongkonger "South China Morning Post" könnte der Deal wegen der chinesisch-amerikanischen Spannungen im Technologiebereich von US-Behörden verhindert werden.