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Chinas Internetpolizei zensiert Hochschulforen

Anika Busch4. April 2005

Die chinesische Internetpolizei zensiert täglich zahlreiche Online-Angebote. Jetzt hat sie auch noch Hochschulforen für die Außenwelt gesperrt. Ein Ende der Unterdrückung der Meinungsfreiheit in China ist nicht in Sicht.

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Chinesische Studenten werden bei ihrer Internetnutzung überwachtBild: AP

China ist seit 1994 an das Internet angeschlossen. Mittlerweile nutzen nach offiziellen Angaben mehr als 80 Millionen Chinesen Online-Angebote. Dies sind zwar lediglich sechs Prozent der Bevölkerung, dennoch scheint die chinesische Regierung große Angst vor dem "neuen" Medium zu haben. Sie investiert jährlich Millionen für die Überwachung und Zensur des Internets. Chinesische Nutzer werden sogar durch Haftstrafen daran gehindert, regierungskritische Meinungen über das Internet zu verbreiten.

Dies alles ist seit langem bekannt. Doch nun sperrt die chinesische Regierung auch noch die Foren der Universitäten für externe Besucher und verlangt von den Studenten, sich für ihre Beiträge zu verantworten. Angehörige der Hochschulen müssen ihre Matrikel- oder Identitätsnummer eingeben, um die Foren der Universitäten nutzen zu können. Wenn Sie einen Beitrag senden möchten, müssen Sie ihren vollen Namen nennen, damit die Meinung zurückverfolgt werden kann

Erziehungsministerin bekämpft Meinungsfreiheit

Die chinesische Erziehungsministerin forderte Mitte März einige Universitäten dazu auf, Kontrollmechanismen für Foren einzurichten. Dadurch sollten die Meinungsplattformen gesäubert werden, selbstverständlich geschehe dies nur zum Schutz der Studenten.

Betroffen von dem Anonymitätsverbot sind bisher etwa sechs chinesische Universitäten, darunter die Tsinghua Universität in Peking, die als beste natur- und ingenieurwissenschaftliche Hochschule des Landes gilt. Einer ihrer berühmtesten Absolventen ist der gegenwärtige Staatspräsident Hu Jintao. Zu den weiteren Universitäten, die ihre Foren für Außenstehende gesperrt haben, zählen die Peking-Universität und die Nanjing Universität. Die meisten Universitäten erlauben Externen zwar das Lesen von Beiträgen, allerdings nicht das Verfassen und Senden einer eigenen Meinung.

Kritische Meinungen unterdrückt

Internet Cafe in Peking
Internet-Café in PekingBild: AP

Die Hochschulforen wurden bisher von Studenten und Interessierten dazu genutzt, um Diskussionen zu führen und Proteste zu äußern. Dies ist nun kaum mehr möglich. Demonstrationen, die bisher häufig über die Foren organisiert wurden, werden in Zukunft selten stattfinden. Die Betroffenen nennen das Verbot "eine Beleidigung der Meinungsfreiheit".

Wenn sich doch einmal ein kritischer Beitrag in eines der Foren verirrt, wird er von der Internetpolizei augenblicklich entfernt. Dies war auch bisher der Fall. Ein Student der Tsinghua Universität berichtet, dass er vor zwei Jahren seine Kommilitonen dazu aufrief, sich vor SARS zu schützen. Seine Warnung wurde kurze Zeit später aus dem Forum geworfen.

Anonymitätsverbot birgt Gefahren

Experten befürchten, dass die chinesische Regierung das Anonymitätsverbot, das derzeit nur für Universitäten gilt, ausweiten könnte. "Es besteht die Möglichkeit, dass die Internetpolizei in naher Zukunft landesweit Foren sperren oder zensieren wird", meint Guoming Yu, Direktor des Instituts für Öffentliche Meinung an der China Renmin University in Peking. Die Technik für eine solche weit reichende Maßnahme sei vorhanden, da China im Bereich der Internettechnologie fortschrittlich sei.

Das Verbot jeglicher Anonymität bei der Nutzung von Foren an chinesischen Hochschulen sei sehr gefährlich, so der Experte für Meinungsfreiheit in China. "Die chinesische Gesellschaft benötigt eine Plattform, um ihrer Meinungsvielfalt freien Lauf zu lassen", meint Yu. "Wenn man diese unterdrückt, wird sich das früher oder später rächen. Eine gänzliche Unterdrückung der Meinungsfreiheit ist ohnehin unmöglich."

Studenten protestieren - noch

Diese Ansicht vertreten auch die Studenten. Sie lassen das Verbot nicht auf sich sitzen, sondern setzen sich zur Wehr. So protestieren sie vor den Hauptgebäuden der Universitäten gegen die Einschränkung ihrer Meinungsfreiheit. Außerdem senden sie in außeruniversitären Foren Protestbeiträge - anonym. Denn kritische Meinungen unter dem eigenen Namen äußern – das trauen sich auch die verärgerten Studenten nicht. "Viele meiner Freunde wollen ihre Meinung bereits jetzt nicht mehr in der Foren der Universität äußern", berichtet Zhen, ein Student aus Peking. "Wenn bald alle Plattformen zensiert sind, werden sie ganz still sein."