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PolitikAsien

Chinas Präsident Xi in Europa: Ein Erfolg, der keiner war

Yuchen Li
11. Mai 2024

Die Bilder vom Besuch Xi Jinpings in Frankreich, Serbien und Ungarn wirkten beeindruckend. Aber in den Beziehungen zwischen Peking und Brüssel gebe es keine wirklich neue Bewegung, sagen Experten.

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Vor der Flagge Chinas und der EU: Chinas Präsident Xi Jinping in Paris
Vor der Flagge Chinas und der EU: Chinas Präsident Xi Jinping in ParisBild: Ludovic Marin/AP Photo/picture alliance

Jede Station ist ein Erfolg. Es musste einfach so sein, als Chinas Staatspräsident Xi Jinping diese Woche mit Gattin durch Europa tourte: Fahrt über den Champs-Élysées mit Eskorten von Motorrädern und Reiterstaffeln in Paris, Dining in einem Bergrestaurant in den französischen Pyrenäen und anschließend Empfang mit militärischen Ehren, zuerst vor dem neoklassizistischen Parlamentsgebäude in Belgrad, der Hauptstadt Serbiens, und später vor dem Burgpalast an der Donau im ungarischen Budapest.

Seine Gespräche in Frankreich mit Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen waren nicht einfach. Bei strittigen Fragen wie fairen Handelsbedingungen und dem russischen Krieg in der Ukraine konnten die Beteiligten offenbar keine Einigung erzielen.

Xi Jinping und Gattin im Elysee-Palast in Paris
Großer Empfang: Xi Jinping und Gattin im Elysee-Palast in ParisBild: Thibault Camus/AP/picture alliance

Auf seinen weiteren Stationen in Serbien und Ungarn gab es weniger Streitthemen. Beide Länder versprachen, ihre Partnerschaften mit Peking auf die nächste Stufe zu heben. Xi selbst bekräftigte im Gegenzug, dass er die bilaterale Kooperation ausbauen und damit die China-EU-Beziehungen insgesamt verbessern wolle.

Peking: Teilen und herrschen

Die drei Länder seien mit größter Sorgfalt ausgesucht worden, sagt Bertram Lang, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, der zu Chinas Außenpolitik forscht. Frankreich, Serbien und Ungarn seien alle "besondere" Partner.

Frankreich sei die erste Industrienation, die diplomatische Beziehungen zu China aufnahm, und genau wie China ist sie Ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat. Serbien als EU-Beitrittskandidat und Ungarn als EU-Mitglied hätten sich in den vergangenen Jahren ausdrücklich gegen die Brüsseler Kritik an China gewandt.

Peking sehe Europa nämlich in zwei Blöcken: Chinafreunde und der Rest, so Lang. "Diese Reise jetzt zielt darauf ab, ihre Beziehungen zu den Ersteren zu betonen." Nach Ansicht von Zsuzsa Anna Ferenczy, Assistenzprofessorin an der Nationalen Dong Hwa Universität in Taiwan, versucht China, die Einheit der EU zu untergraben und seinen Einfluss in der Region zu vergrößern.

Peking wolle trotz einheitlicher EU-Handelspolitik bevorzugten Ländern in Europa besondere Zugänge zu ihren Märkten gewähren, "um ihnen das Gefühl zu geben, dass sie eine privilegierte Beziehung zu China haben". Und so steuert China seine Auslandsinvestitionen gezielt in die Länder, die Peking genehm sind.

Ungarn | Treffen Xi und Orban in Budapest
Handschlag: Xi Jinping mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban in BudapestBild: Xie Huanchi/Xinhua/picture alliance

So sagte Xi nach dem Treffen mit dem ungarischen Premierminister Viktor Orban zum Beispiel, China werde Ungarn dabei unterstützen, "eine größere Rolle in der EU zu spielen".

Mit seinem Besuch in Serbien wolle Xi zeigen, dass er nicht nur in der EU, sondern auch in der unmittelbaren EU-Nachbarschaft großen Einfluss habe, so Ferenczy, die früher das Europäische Parlament beraten hat. Auch Jean-Philippe Béja, emeritierter Senior Researcher am Zentrum für internationale Studien und Forschung der Universität Sciences Po in Paris, bezeichnete die Kurztrips in die beiden mitteleuropäischen Länder als besonders "erfolgreich".

Vertrauensverlust: Russland und der Ukraine-Krieg

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatten Hoffnungen gehegt, Xi könne in Sachen Ukraine-Krieg seinen Einfluss auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin geltend machen. Sie erfüllten sich nicht. Xi ließ keine Bereitschaft erkennen, in dem Konflikt eine vermittelnde Rolle zu spielen. Er verkündete lediglich, die Initiative eines "olympischen Friedens" an allen Kriegsschauplätzen während der Pariser Sommerspiele anstoßen zu wollen.

"Dies ist ein äußerst belastender Faktor in den chinesisch-europäischen Beziehungen", sagte Béja gegenüber der DW. Die europäischen Gastgeber in Paris hätten klargestellt, dass der russisch-ukrainische Krieg "eine Frage von Leben und Tod für Europa" sei.

Die Angst vor dem Ende der E-Mobilität

"Ich glaube nicht, dass dieser Besuch zur Verbesserung der Beziehungen zwischen der EU und China insgesamt beiträgt", sagt Ferenczy im DW-Interview. "Die Beziehungen zwischen beiden Seiten hängen in hohem Maße davon ab, wie China mit Russland umgeht. Da besteht ein großes Vertrauensdefizit." Denn kommende Woche wird der russische Präsident Wladimir Putin in Peking erwartet.

EU: Selbstbewusstere Handelspolitik

Auf der anderen Seite haben die Macron und von der Leyen China für seine Überkapazitäten und die wettbewerbsverzerrende Handelspraxis mit stark subventionierten Produkten in der EU verantwortlich gemacht. Alles überhaupt kein Problem, erwiderte Xi laut amtlicher Nachrichtenagentur Xinhua. So etwas wie ein "Überkapazitätsproblem" sehe er nicht.

Die Europäische Kommission lässt bereits untersuchen, ob chinesische Elektrofahrzeuge unangemessen subventioniert werden, um festzustellen, ob sie gegebenenfalls Strafzölle auf diese Produkte erheben soll. Europa werde "nicht davor zurückschrecken, harte Entscheidungen zu treffen, die zum Schutz seiner Wirtschaft und Sicherheit notwendig" seien, wenn der Handel mit China "unausgewogen" bleibe, sagte Kommissionspräsidentin von der Leyen gegenüber Xi. In der EU gebe es "eine hohe Übereinstimmung von Positionen unter den Mitgliedsstaaten", so Ferenczy gegenüber der DW, und eine Kommission, "die sehr entschlossen ist", die Bedingungen für den Handel mit China anzugleichen. 

Allerdings ist Deutschland gegen mögliche protektionistische EU-Schutzmaßnahmen gegen chinesische E-Autos. Die deutschen Autobauer befürchten größere Verluste auf dem chinesischen Markt, falls Peking dann Gegenmaßnahmen ergreifen sollte.

Und China selber werde sich gegen Sanktionen wehren, glaubt Ferenczy, indem es den einzelnen Mitgliedsstaaten die Hand reicht. So will es die Brüsseler Strategie der Risikominimierung, des De-Risking gegenüber China, umgehen.

Mitarbeit: Miao Tian

Aus dem Englischen adaptiert von Dang Yuan.