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CHIO Aachen: Richard Vogel in vollem Galopp Richtung Olympia

4. Juli 2024

Deutschlands Top-Springreiter nutzt den CHIO Aachen als Vorbereitung für die Olympischen Spiele in Paris. Vogel ist nicht nur Reiter, sondern auch Geschäftsmann und opfert jede freie Minute dem Pferdesport.

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Richard Vogel reitet bei einer Siegerehrung nah am Zaun vorbei und klatscht mit den Zuschauern ab
Richard Vogel ist derzeit Deutschlands bestplatzierter Springreiter in der WeltranglisteBild: Lafrentz/nordphoto/picture alliance

"Gewinnen ist immer wieder schön. Es ist ein bisschen wie eine Droge und macht vielleicht sogar ein bisschen süchtig", sagt Richard Vogel scherzhaft gegenüber der DW, wird dann aber wieder ernst. "Es ist ein superschönes Gefühl, aber man gewöhnt sich besser nie dran", sagt er. "Ich glaube, wenn man sich darauf ausruht, ist es auch ganz schnell vorbei, gerade in unserem Sport."

Von Ausruhen kann bei Richard Vogel ohnehin kaum die Rede sein. Der 27-Jährige ist im Grunde ständig in Sachen Pferdesport unterwegs, Freizeit gibt es für ihn kaum. Er reitet bei vielen Turnieren in Deutschland und im benachbarten europäischen Ausland und saß in diesem Jahr aber auch schon in Mexico City und den USA im Sattel. Ansonsten ist er zu Hause und kümmert sich im heimischen Stall um seine Pferde.

Springreiter, Ausbilder, Besitzer und Händler

Vogel ist nämlich nicht nur Springreiter, sondern auch Ausbilder, Besitzer und Händler von Pferden. An zwei Standorten im Bundesland Hessen bildet er gemeinsam mit seinem guten Freund David Will, ebenfalls ein deutscher Top-Springreiter, und seiner Freundin, der Springreiterin Sophie Hinners, Sportpferde aus. Jedes Jahr kaufen sie einige Fohlen und züchten auch selbst. Insgesamt beschäftigen die drei 16 Mitarbeiter und kümmern sich gemeinsam mit ihrem Team um etwa 70 Pferde.

Zu groß soll der Betrieb aber nicht werden, damit die Qualität der Arbeit nicht leidet. "Ganz wichtig ist, dass man immer noch genug Zeit für das einzelne Pferd hat und es nicht zu einer Art Massenproduktion wird", sagt Vogel. "Ich denke, es ist unsere größte Stärke, dass wir ein Pferd gezielt ausbilden und auf einem Turnier vorstellen können. Diese Stärke müssen wir uns immer erhalten."

Richard Vogel (l.) richtet beim Pferd von David Will (r.), der im Sattel sitzt, das Zaumzeug
Gute Freunde und Geschäftspartner: Richard Vogel (l.) und David Will (r.)Bild: Stefan Lafrentz/IMAGO

Wichtiger Bestandteil ist, dass die Pferde nicht nur zu Hause auf dem Trainingsplatz, sondern auch in Wettbewerben geritten werden, um Erfahrung zu sammeln, sich zu verbessern und gegebenenfalls von potentiellen Käufern gesehen zu werden.

Auch das ist ein Grund, warum Vogel ständig unterwegs ist und bei Turnieren zu den Vielreitern zählt. "Gereist wird viel, geplant wird wenig", sagt Vogel und lacht. "Es steht und fällt mit unseren Pferden, denn sie bestimmen eigentlich unseren Turnierkalender."

USA-Aufenthalt als "gutes Allroundpaket"

Fester Bestandteil ist am Anfang des Jahres allerdings ein längerer Aufenthalt in den USA. In Florida findet dann eine Turnierserie statt, die über drei Monate geht. "Das hat für uns den Vorteil, dass wir dort auch immer mit unseren besseren Pferden, drei Monate lang an einem Fleck sind", sagt Vogel. "Selbst wenn die Pferde nicht im Turnier gehen, kann ich sie jeden Tag reiten - wenn nötig auch mehrmals."

Außerdem hat der USA-Aufenthalt immer auch einen geschäftlichen Hintergrund. "Das ist immer ein guter Markt für ältere Pferde, daher nehmen wir auch immer ein paar Verkaufspferde mit und können sie dort auch verkaufen", erklärt Vogel. "Außerdem gibt es dort Turniere, die vom Preisgeld nicht ganz unlustig sind. Und so ist es für uns eigentlich ein sehr gutes Allroundpaket dort."

Steiler Aufstieg in der Weltrangliste

Vogel war in den vergangenen anderthalb Jahren im Sattel so erfolgreich, dass er in der Weltrangliste von Platz 110 auf den zehnten Rang geklettert ist. Unter anderem gewann er im vergangenen Dezember den Großen Preis von Genf, eine der renommiertesten Prüfungen des Turnierkalenders, die genau wie der Große Preis von Aachen Teil des hochdotierten Rolex Grand Prix ist.

Seit Anfang 2024 ist Vogel - trotz der großen nationalen Konkurrenz - Deutschlands bestplatzierter Springreiter.  So hat er es zunächst in den Olympiakader mit den Reitern geschafft, die für einen Start in Paris infrage kamen. Vor wenigen Tagen legte sich Bundestrainer Otto Becker dann fest und sicherte Vogel einen der drei Olympiastartplätze fest zu.

"Er ist für sein Alter erfahrungstechnisch schon sehr weit. Er weiß genau, was er will, und er bringt es auch zu Ende im Parcours", lobt Becker seinen Schützling gegenüber der DW. "Er guckt sich alle anderen Reiter an, ist sehr wissbegierig, versucht sich immer weiterzuentwickeln, ist sehr ehrgeizig, aber trotzdem kontrolliert."

Hohes Tempo - aus Fairness gegenüber den Pferden

Eigenschaften, die Vogel von anderen Springreiterinnen und -reitern unterscheidet, sind seine Risikobereitschaft und sein stets hohes Tempo im Parcours. "Er hat ein unheimliches Rhythmusgefühl", sagt Otto Becker. "Oft hat er schon am Start eine relativ hohe Geschwindigkeit, verändert dieses Tempo aber auch nicht mehr. Insofern gibt er dadurch den Pferden Vertrauen. Die Pferde kennen das und die Art und Weise, wie er das umsetzt, ist gut."

Springreiter Richard Vogel mit seinem Pferd United Touch beim Sprung über den Wassergraben
Richard Vogel geht es im Parcours gerne schnell an - auch deshalb ist er in den Ergebnislisten oft weit vorneBild: Rolf Vennenbernd/dpa/picture alliance

Für Vogel selbst ist diese Herangehensweise nur logisch. "Die Art und Weise der Reiterei muss schon ein bisschen ähnlich sein zu der in einem wichtigen Springen", sagt er. "Wenn wir im Stechen sind und am Ende vorne stehen wollen, müssen wir auch schnell sein. Das auch in einem Springen zu üben, das nicht die höchste Schwierigkeit hat, finde ich nicht verkehrt und ist für die Pferde vielleicht sogar fairer."

Beim CHIO Aachen gehört Vogel zu einem der meistbeschäftigten Springreiter der Turnierwoche. Er reitet bei fast allen Prüfungen mit und sitzt insgesamt auf fünf verschiedenen Pferden.

Bei den wichtigsten und anspruchsvollsten Wettbewerben, dem Preis von Europa und dem Preis von Nordrhein-Westfalen, die als Qualifikation für den Großen Preis von Aachen am Sonntag zählen, nutzt er seine beiden besten Pferde, den zehnjährigen Cepano Baloubet und den zwölfjährigen United Touch. Den Preis von Europa beendete Vogel am Mittwochabend auf Cepano Baloubet als Sieger und strich dafür ein Preisgeld von 50.000 Euro ein.

Beim Preis von Nordrhein-Westfalen bewies er einmal mehr, wie sehr ihm daran gelegen ist, möglichst schnell ins Ziel zu kommen. Nach einem frühen Abwurf kürzte er kurzerhand mit einem Sprung über eine Blumenrabatte ab - zum leichten Schrecken der Fotografen, die dort standen. Vogel wollte wenigstens der schnellste Reiter mit vier Fehlerpunkten sein, um in der Endabrechnung weiter vorne zu landen.

Im Stechen um den Großen Preis von Aachen war Vogel dann erneut der Schnellste, verpasste den Sieg im bedeutendsten Springreit-Wettbewerb der Welt aber denkbar knapp, weil er auf United Touch das letzte Hindernis riss. 

Voller Fokus auf Olympia-Vorbereitung

Mit United Touch wird Vogel auch bei den Olympischen Spielen in Paris starten. Die Vorfreude auf seine erste Olympia-Teilnahme ist groß, dennoch erlaubt sich Vogel noch nicht zu viele Gedanken an den sportlichen Höhepunkt des Jahres.

"Da ist etwas, worauf man stolz ist und das einen mit Freude erfüllt, aber wir sind noch nicht da", sagt er. "Es gilt weiterhin vollen Fokus zu halten und zu gucken, dass wir in Bestform nach Paris fahren - sowohl das Pferd als auch ich als Reiter."

Springreiter Richard Vogel auf seinem Pferd United Touch beim Sprung
Richard Vogel möchte vor Paris mit seinem Olympiapferd United Touch auch beim CHIO Aachen erfolgreich seinBild: Chai von der Laage/picture alliance

Um diese Bestform zu erreichen, wird Richard Vogel wohl auch in den drei verbleibenden Wochen bis zum Start in Paris viel arbeiten und oft im Sattel sitzen - schließlich sind seine Ziele hoch.

"Ich glaube, wir fahren mit einem sehr starken Team, nach Paris", sagt er. "Und das Ziel ist, immer, wenn man die Ehre hat, für Deutschland an den Start zu gehen, auch eine Medaille nach Hause zu bringen."

Der Artikel wurde am 7. Juli aktualisiert.