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Klimaversprechen von Großkonzernen unzureichend

Stuart Braun
14. Februar 2023

Die Klimaschutzstrategien von Konzernen wie Apple, VW, Nestle und Amazon sind irreführend, wenig transparent und nicht kompatibel mit der 1,5-Grad-Grenze, das zeigt eine neue Studie.

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Mehre Menschen stehen um ein neues VW Modell auf einer Automesse herum. IAA Mobility Messe E-Auto Volkswagen VW ID LIFE
Großkonzerne wie VW - hier bei der Vorstellung einer E-Auto-Studie - erfüllen nicht die eigenen KlimaversprechenBild: Frank Hoermann/SVEN SIMON/picture alliance

Viele internationale Konzerne bezeichnen sich selbst als "Klimavorreiter" und werben damit, in den nächsten drei Jahrzehnten oder früher klimaneutral sein zu wollen. Doch diese Klimaversprechen sind in den meisten Fällen nicht nur irreführend, sondern auch nicht ausreichend. 

Das zeigt  der neueste Corporate Climate Responsibility Monitor, in dem die Kölner Denkfabrik NewClimate Institute und die Brüsseler Organisation Carbon Market Watch die Klimastrategien von 24 multinationalen Unternehmen auf Transparenz und Glaubwürdigkeit überprüften.

In der Studie werden 15 der 24 untersuchten Großkonzerne aufgrund unzureichender oder zweideutiger Zusagen zur CO2-Reduzierung mit einer Integrität von "niedrig" oder "sehr niedrig" bewertet.

Am besten schnitt in der Untersuchung der dänische Logistikkonzern Maersk ab. "Maersk ist das einzige Unternehmen, dessen Klimastrategie wir mit "angemessener" Integrität bewerten", so die Autoren. Etwas schlechter, nämlich mit "mäßiger" Integrität bei den Klimastrategien wurden die Konzerne Apple, ArcelorMittal, Google, H&M Group, Holcim, Microsoft, Stellantis und ThyssenKrupp bewertet. 

Versprechen auf Klimaneutralität aber Business as usual

Der Corporate Climate Responsibility Monitor wurde letztes Jahr erstmals erstellt. Seitdem sei nur wenig Fortschritt erkennbar, bemängeln die Wissenschaftler: Langfristige Netto-Null-Ziele der Unternehmen blieben in der Mehrzahl undurchsichtig und würden von der Notwendigkeit ablenken, Emissionen bereits in diesem Jahrzehnt drastisch zu reduzieren.

In der Summe versprechen die Unternehmen ihre CO2-Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 2019 um 15 bis 21 Prozent zu senken. Dies sei deutlich weniger als die tatsächlich erforderliche Reduktion um 43 Prozent bis 2030, um das 1,5°C-Limit noch einzuhalten.

"Es ist  viel näher am Business als usual als das was wir tatsächlich brauchen," so Ko-Autor Thomas Day vom NewClimate Institute. "In diesem für den Klimaschutz kritischen Jahrzehnt spiegeln die aktuellen Pläne der Unternehmen in keinerlei Weise die Dringlichkeit für sofortige drastische Emissionsminderungen wieder".

Auch für den Zeitraum nach 2030 sind laut der Studie die vielbeworbenen Netto-Null-Zusagen der 24 Unternehmen oftmals irreführend: Bei Betrachtung der gesamten Lieferkette läge im Durchschnitt die CO2-Reduktion bei nur 36 Prozent.

Problematisch sei zudem, dass es schwierig sei, Unternehmen mit ernsthaften und eindeutigen Strategien zur CO2-Reduktion von anderen Konzernen zu unterscheiden, die zwar vollmundige Klimaschutzziele formulieren würden, aber kaum transparent und wenig glaubhaft bei der Umsetzung seien. "Dies schafft eine wirklich schwierige Situation für die Handvoll Unternehmen, die wirklich ehrgeizig sind, sich ehrlich und integer an dem Prozess beteiligen, weil es ihnen unmöglich ist, sich von Unternehmen abzugrenzen, die Greenwashing betreiben", betont Day.

Containerhafen Yangshan in China Shanghai. Ein großes Containerschiff wird von Schleppern in Richtung des Anlegekais geschoben.
Der Logistikkonzern Maersk will 2040 klimafreundlich sein und die Waren mit alternativen Kraftstoffen transportieren Bild: VCG/imago images

Klimaschutz braucht Transformation statt CO2-Kompensation

Zwei Drittel der untersuchten Unternehmen wollen ihre CO2-Emissionen zwar künftig verstärkt kompensieren, zum Beispiel durch Aufforstungen. Diese Strategie ist laut der Autoren jedoch problematisch, da beispielsweise durch Waldbrände CO2 wieder freigesetzt werden kann. Zudem würde es zwei bis vier Planeten erfordern, wenn alle Unternehmen ihre Kompensationsstrategien in einem ähnlichen Umfang planen würden.

Positiv bewertet die Studie Unternehmen, die von Kompensationsversprechen abrücken und durch Innovationen ihre Geschäftstätigkeiten transformieren. Dazu gehören beispielsweise Maersk, das in alternative Kraftstoffe und Frachtschiffe investiert, ThyssenKrupp, das einen klaren Plan für die Umstellung seiner Stahlherstellung mit grünem Wasserstoff bis 2045 vorlegt, und die Deutsche Post DHL, die in die Elektrifizierung ihrer Flotte investiert.

Junge Frau auf einer Demonstration von Fridays for Future in Köln. Auf dem Plakat steht: Planet over Profit
Planet vor Profit: Aktivistin von Fridays for Future wirbt für eine lebenswerte Zukunft und Wirtschaft ohne Zerstörung Bild: DW/G. Rueter

Regeln für Transparenz bei Klimversprechen der Unternehmen gefordert 

Bisher konzentrieren sich die meisten Unternehmen auf Klimaschutzmaßnahmen mit geringen Emissionsminderungen und scheuten vor grundlegender Neuausrichtung ihrer Geschäftstätigkeiten zurück, heißt es im Bericht. Pläne etwa zur Installation von Photovoltaikanlagen auf Fabrikdächern oder zur Verbesserung der Energieeffizienz seien generell wichtig, allerdings sei all dies unzureichend, um die globale Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen.

Immer mehr Konsumenten und Aktienbesitzer und andere forderten von Unternehmen Klimastrategien. Doch der Druck der Öffentlichkeit alleine reiche nicht, damit diese Ziele auch umgesetzt würden. Die Studie weist darum darauf ihn, dass die Versprechen der Konzerne von geeigneten Regulatoren überprüft und nachgehalten werden sollten.

Unternehmen, Regierungen und Regulierungsbehörden empfehlen die Autoren dringend Maßnahmen, um auf einen Dekarbonisierungspfad zu kommen, der kompatibel mit der 1,5°C-Grad-Grenze ist.

Jüngste Veröffentlichungen der hochrangigen Sachverständigengruppe der Vereinten Nationen (HLEG) und der Internationalen Organisation für Normung (ISO) zeigten inzwischen, wie Unternehmen ihrer Klimaverantwortung durch Transparenz, ambitionierte Ziele und Maßnahmen gerecht werden können.

Erste Anzeichen für ein Umdenken und Konsens auf diesem Weg sehen die Autoren auch in der geplanten EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Allerdings bleibe hier abzuwarten, wie diese in der Praxis umgesetzt werde.

Der Beitrag wurde aus dem Englischen adaptiert von Gero Rueter.

DW Autor l Kommentatorenfoto Stuart Braun
Stuart Braun Australischer DW-Journalist und Buchautor.