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"24 Jahre kein Alter für den A320"

Volker Wagener26. März 2015

Noch ist die Unfallursache der abgestürzten A320 der Lufthansa-Tochter Germanwings nicht geklärt. Sicherheitsmängel schließt Markus Wahl von der Pilotengewerkschaft Cockpit allerdings schon jetzt aus.

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Zwei Piloten der Lufthansa sitzen am 01.06.2010 im Cockpit eines Airbus A380 (Foto: dpa/picture alliance)
Bild: picture-alliance/dpa

Deutsche Welle: Einige Piloten und Mitarbeiter des Bordpersonals sehen sich nach dem Absturz des Germanwings Airbus A320 nicht in der Lage, ihren Dienst in der Luft anzutreten. Steckt dahinter ein klammheimlicher Protest gegen die Lufthansa, weil sie in wirtschaftlich schwierigen Zeiten möglicherweise die Sicherheit zu kurz kommen lässt?

Markus Wahl: Ich habe jetzt nicht mit jedem einzelnen Kollegen gesprochen und kann sicherlich auch nicht für alle Kollegen sprechen, aber Germanwings ist eine kleine Fluggesellschaft. Viele der Kollegen, die jetzt fliegen müssen, kannten eines der Opfer. Das ist quasi so, als würde man einen guten Freund oder einen guten Bekannten verlieren und da ist man natürlich emotional sehr, sehr aufgewühlt. Ob man dann, in solch einem aufgewühlten Stadium, ein Flugzeug fliegen sollte, das wage ich dann doch zu bezweifeln. Ich persönlich glaube, es ist eine sehr verantwortungsvolle Entscheidung, dann zu sagen: "Wenn ich nicht hundertprozentig fit bin, dann fliege ich lieber kein Flugzeug."

Können Sie die Formel "billig = unsicher" oder "billig = unsicherer" ausschließen?

Was die Piloten angeht, kann ich nur sagen, dass beide Lufthansa-Piloten waren. Sie sind sowohl an der Lufthansa-Flugschule gewesen, als auch durch die Lufthansa ausgebildet worden. Insofern kann ich definitiv nicht unterstützen, dass es sicherheitskritisch ist, dass sie bei Germanwings, einem, wie man so schön sagt: Billigflieger, geflogen sind.

Ist ein 24 Jahre altes Flugzeug ein altes Flugzeug?

Nein, man kann bei Flugzeugen nicht gleich davon ausgehen, dass es gleich unsicherer wäre, nur weil es älter ist, wie es zum Beispiel bei einem Auto wäre. Im Auto würde man nach 15 Jahren sagen, dass man hier eine Rostlaube hat. Bei einem Flugzeug ist es ganz anders. Es wird kontinuierlich gewartet, alle paar Jahre auseinander geschraubt und die wichtigen Teile sogar ausgetauscht. Also, so ein Alter ist für ein Flugzeug im Prinzip ganz normal.

Markus Wahl, stellvertretender Sprecher von Cockpit (Foto: Vereinigung Cockpit e.V.)
"Das waren Lufthansa-Piloten": Markus Wahl von CockpitBild: Vereinigung Cockpit e.V.

Noch ist die Unfallursache unklar. Eventuell könnte der Absturz mit einem Problem beim Autopiloten zusammenhängen. Die Automatik im Flugzeug gilt seit langem schon als segensreiche Technik. Wann oder in welchen Situationen wird der Autopilot zur Gefahr?

Grundsätzlich kann eine Automatisierung immer dann zur Gefahr werden, wenn ich nicht die Möglichkeit habe, eventuelle Fehlfunktionen dieser Automatik abzuschalten. Allerdings ist auch der Airbus A320 so gebaut: Wenn man erkennt, dass es hier zu einem Fehlverhalten der Automatik kommt, kann man diese Automatik immer abschalten und dann den A320, wie jedes andere Flugzeug auch, von Hand sicher auf den Boden bringen.

Gibt es Unterschiede bei den Sicherheitsstandards zwischen dem Konzern-Flaggschiff Lufthansa und der Billigflieger-Tochter Germanwings?

Da muss man sich vor Augen führen, dass die Flugzeuge der Germanwings auch von der Lufthansa-Technik gewartet werden. Die Piloten werden von Lufthansa ausgebildet, insofern würde ich nicht sagen, dass es hier Unterschiede gibt. Es ist eine Lufthansa-Tochtergesellschaft, das stimmt, aber trotzdem werden dort hohe Maßstäbe an die Sicherheit angelegt.

Werden Sie genauso häufig gewartet wie die Lufthansa-Maschinen?

Was die Wartung von Flugzeugen angeht, so gibt es ganz klare gesetzliche Vorschriften, in welchen Abständen welche Checks durchzuführen sind, die gelten für die Lufthansa, aber die gelten genauso für Germanwings. Es kann gar keine Unterschiede geben.

Lufthansa und Cockpit befinden sich mitten in einem Arbeitskampf. Zuletzt gab es Streiks der Piloten und harte Worte auf beiden Seiten. Richtet die Pilotengewerkschaft nun nach der Flugkatastrophe eine zusätzliche Forderung an die Lufthansa?

Es stimmt, im Tarifkonflikt gibt es verhärtete Fronten. Wir sind bei vielen Dingen absolut unterschiedlicher Meinung. Allerdings hat es jetzt ein schweres Unglück gegeben und deswegen steht die Tarifsituation erst mal zurück. Für uns ist die Tarifstreitigkeit im Moment kein Thema, es hat hier Tote unter Kollegen und Passagieren gegeben und das steht jetzt erst einmal im Vordergrund. Die Tarifauseinandersetzung wird sicherlich warten müssen.

Markus Wahl ist stellvertretender Sprecher der Pilotengewerkschaft Cockpit.

Das Interview führte Volker Wagener.