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KlimaGlobal

COP29: Halbzeit beim UN-Klimagipfel – Erfolg noch möglich?

18. November 2024

Die Folgen der Klimakrise werden immer drastischer – doch woher soll das Geld für globalen Klimaschutz und Anpassung kommen? Der UN-Klimagipfel in Baku brachte noch keine Einigung. Können die G20 helfen?

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Zwei Delegierte aus dem Globalen Süden gehen an der Aufschrift COP29 in Baku vorbei
Halbzeit bei der COP29 - doch wichtige Fragen sind noch nicht geklärtBild: Sean Gallup/Getty Images

Die aktuelle UN-Klimakonferenz, die COP29 in Aserbaidschans Hauptstadt Baku, geht in die entscheidende zweite Woche. Im Mittelpunkt steht dieses Jahr vor allem die Zukunft der internationalen Klimafinanzierung.

Doch bei ihren Verhandlungen haben die Delegationen aus fast 200 Staaten bisher herzlich wenig erreicht, zur Halbzeit des internationalen Klimagipfels gibt es kaum Fortschritte. Die Verhandlungen steckten "ganz klar fest", sagte ein französischer Diplomat am Wochenende in Baku. UN-Klimasekretär Simon Stiell forderte alle Delegierten mit Nachdruck auf, "das Theater zu beenden" und zu "ernsthaften Verhandlungen" überzugehen.

UN-Klimasekretär Simon Stiell (Bildschirm) spricht zu den Delegierten der Weltklimakonferenz COP29 in Baku
UN-Klimasekretär Simon Stiell (Bildschirm) forderte die Delegierten der COP29 zu "ernsthaften Verhandlungen" auf Bild: Sergei Grits/AP/picture alliance

COP29: Warum globale Klimafinanzierung so wichtig ist

Hauptaufgabe der diesjährigen Weltklimakonferenz ist, die internationale Klimafinanzierung für die Zeit nach 2025 festzulegen. Damit sollen die armen Länder des globalen Südens beim Klimaschutz und der Anpassung an die Folgen der Erderwärmung  unterstützt werden. Die Entwicklungsländer haben bislang deutlich weniger Treibhausgase produziert als die Industrienationen, sind aber besonders stark von den Folgen der Erderwärmung betroffen. Eine wirtschaftliche Entwicklung im Stil der Industrieländer würde die globale Treibhausgas-Konzentration extrem steigen lassen.

In der Bucht von Manila demonstrieren Menschen auf einem Holzboot anlässlich der COP29 gegen Investitionen in die Gasindustrie
Klimaprotest in Manila: Entwicklungsländer haben wenig Anteil an der Entstehung der Klimakrise und leiden besonders unter den FolgenBild: JAM STA ROSA/AFP/Getty Images

Für den angepeilten neuen globalen Rahmen zur Klimafinanzierung wurde zwar am Wochenende ein neuer Textentwurf vorgelegt. Doch zentrale Fragen bleiben darin weiterhin offen. Nach Schätzung von Expertinnen und Experten ist für eine Unterstützung mindestens eine Billion Dollar pro Jahr durch die Industrienationen notwendig. Einige Entwicklungsländer fordern bereits 1,3 Billionen Dollar. Bisher haben sich Staaten wie die EU-Länder, die USA und Japan lediglich dazu verpflichtet, 100 Milliarden Euro pro Jahr zu zahlen, also nur ein Zehntel davon.

Mehr private Investitionen zur Klima-Rettung?

"Die erste Woche der Konferenz hat nicht geleistet, was nötig gewesen wäre, um jetzt optimistisch auf die zweite Woche zu blicken", kritisiert Jan Kowalzig, Experte für Klimawandel und Klimapolitik bei der Menschenrechtsorganisation Oxfam. "Beide Schlüsselthemen der COP29, mehr Ehrgeiz im Klimaschutz und solide Unterstützung für die einkommensschwachen Länder, sind von gegensätzlichen Positionen und Blockaden gezeichnet", so Kowalzig zur DW.

Bei den Verhandlungen geht es aber nicht nur um die Höhe der Summe, sondern auch um die Art der Finanzierung. So wollen die Industrieländer stärker als bisher private Investitionen für die Klimafinanzierung heranziehen. Auch Finanzinstrumente, wie Abgaben auf den Flug- oder Seeverkehr sowie auf Finanztransaktionen – oder auch auf Gewinne der fossilen Brennstoffindustrie, werden diskutiert.

Sollen reiche Schwellenländer mehr für den Klimaschutz zahlen?

Und die Industriestaaten wollen, dass reiche Schwellenländer wie China oder die Golfstaaten künftig nicht als Begünstigte, sondern als Geberländer zählen. Das forderte auch der deutsche Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) in Baku. Nach der Absage von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist der Vizekanzler der ranghöchste Vertreter der Bundesregierung beim Klimagipfel. Sein Standpunkt: "Die Länder und die Unternehmen, die mit der Gewinnung und dem Verkauf fossiler Energien ein Vermögen verdient haben, sollten zur Finanzierung der Länder beitragen, die jetzt unter der globalen Erwärmung leiden", sagte Habeck auf Nachfrage der DW.

Doch die Schwellenländer zeigten in Baku dazu bisher wenig Bereitschaft. Die Position der Industrieländer im Bezug auf neue Geber und mehr private Investitionen lenke nur davon ab, dass eine direkte Unterstützung für die einkommensschwachen Länder nötig sei, kritisiert Jan Kowalzig.

COP29: Klimakonferenz in schwierigen Zeiten

Doch mit den USA dürfte ein möglicher Geldgeber künftig vermutlich wegfallen - schließlich hat der künftige US-Präsident Donald Trump bereits angekündigt, nach seinem Amtsantritt im Januar die Mitgliedschaft der USA im Pariser Klimaschutzabkommen aufzukündigen .  Einige andere Regierungen könnten diesem Schritt folgen. So ist die argentinische Delegation bereits aus Baku abgereist.

Umweltorganisationen monieren nicht nur die bislang mangelnden Fortschritte auf der Konferenz, sie kritisieren auch die starke Präsenz von Lobbyistinnen und Lobbyisten der Öl- und Gasindustrie. Insgesamt sollen ihren Angaben zufolge mehr als 1700 Teilnehmende mit Verbindungen zur fossilen Brennstoffwirtschaft dort anwesend sein. Gastgeber Aserbaidschan selbst ist eng mit der Öl- und Gaswirtschaft verflochten. Präsident Ilham Alijew bezeichnete fossile Energieträger vergangene Woche als "Gottesgeschenk". Seine Regierung möchte deren Förderung noch ausbauen. 

Aktivistinnen und Aktivisten halten Plakate hoch auf denen die Teilnahme von Lobbyisten der Fossilindustrie angeprangert wird, etwa mit dem Slogan "werft die Schlangen raus"
Demonstration gegen Lobbyismus durch die Fossilindustrie auf der COP29 Bild: Sean Gallup/Getty Images

Verhilft der G20-Gipfel in Brasilien der COP in Baku zum Durchbruch?

Angesichts der schwierigen Umstände in Baku richten sich derzeit auch Appelle an den G20-Gipfel der führenden Industrienationen, der bis diesen Dienstag im brasilianischen Rio de Janeiro stattfindet. So rief UN-Generalsekretär António Guterres die G20-Staaten zu mehr "Führungsstärke" bei den Klimaverhandlungen auf. "Ein erfolgreiches Ergebnis der COP29 ist immer noch in Reichweite. Aber es wird Führungsstärke und Kompromisse erfordern, insbesondere von den G20-Ländern", sagte Guterres in Rio.

Auch Rachel Cleetus von der Vereinigung Besorgter Wissenschaftler aus den USA, die sich für Abrüstung und Umweltschutz einsetzt, zeigte sich im Gespräch mit der DW hoffnungsvoll. Es könnte beim G20 Gipfel in Brasilien aus den großen Volkswirtschaften "einige hilfreiche Durchbrüche in der Klimapolitik geben", die die Verhandlungen auf der COP29 vorantreiben könnten.

Redaktion: Jennifer Collins

DW-Redakteurin Jeannette Cwienk
Jeannette Cwienk Autorin und Redakteurin, Fokus unter anderem: Klima- und Umweltthemen