Copa America: US-Organisatoren vermeiden Katastrophe knapp
15. Juli 2024Das vielleicht letzte Pflichtspiel von Lionel Messi im argentinischen Trikot, der vielleicht erste echte Turniersieg von Kolumbien: Das unter diesen historischen Ausgangslagen vor dem Finale der Copa America in den USA die Emotionen hochschlagen könnten, war zu erwarten. Ebenfalls keine Überraschung war, dass viele Fans kommen würden, die versuchten, irgendwie einen Blick auf ihre Helden zu werfen - trotz bisweilen absurd hoher Wiederverkaufspreise zwischen 2000 und 7000 US-Dollar wenige Tage auf der offiziellen Verkaufsplattform "Ticketmaster".
Lateinamerikanische Fußballanhänger sind echte Fans, keine Konsumenten oder Kunden. Anders als die US-amerikanischen Fußballanhänger, die bei Spielen ihrer Nationalmannschaft durch Abwesenheit glänzten, füllten die Hispanics die Arenen und die Kassen. Manchmal sind sie etwas zu leidenschaftlich, aber das hätte man wissen können - vielleicht sogar wissen müssen. Die Gastgeber des Finales der Copa America zwischen Argentinien und Kolumbien (1:0 n.V.) wussten es offenbar nicht.
Chaos vor den Einlasstoren
Und so bot sich am Sonntagabend im Hard Rock Stadium in Miami ein chaotisches Bild: Zehntausende Fans, die zur ursprünglich geplanten Anstoßzeit noch vor den Toren warteten. Einige von ihnen ohne Tickets. Andere waren offenbar auf Ticketbetrüger hereingefallen und wollten trotzdem hinein. Und mittendrin die Zuschauer mit gültigen Tickets, die aber nicht durchkamen.
Hektische, überforderte Ordner und Polizisten versuchten, die Masse zurückzudrängen, sperrten sie geradezu in eine Art Käfig ein. Kinder schrien oder weinten, andere bekamen einfach keine Luft mehr. Die Organisatoren schrammten um Haaresbreite an einer Katastrophe vorbei.
Sicherheitskräfte sprechen kaum Spanisch
Die meisten Sicherheitskräfte sprachen anders als die Zuschauer kein Spanisch, was die Kommunikation deutlich erschwerte. Und so versuchten einige Fans, über Zäune zu klettern, andere suchten sogar den Weg durch die Lüftungsschächte - ob ohne Tickets oder in Angst, nicht mehr ins Stadion zu kommen, ist unklar.
Die Polizei reagierte hart. Wie viele Verhaftungen es am Abend gab, war zunächst nicht zu erfahren. Vor den Zäunen lagen einige an Händen und Füßen gefesselte Verhaftete. Weil sich im Gedränge Panik breitmachte, entschieden die Verantwortlichen des Stadions die Tore zu öffnen. Der Stadionbetreiber sprach von einigen tausend Fans, die ohne Tickets erschienen seien. Einige Videoaufnahmen legen allerdings auch nahe, dass die Gitter unter dem Druck der eingekesselten Menschen einfach nachgaben.
Nun strömten alle Zuschauer gleichzeitig in die Arena. Auf Aufgängen wie Rolltreppen kam es wieder zu bedrohlichen Szenen. Weil nun jeder reingelassen wurde, der vor den Toren stand, war das Stadion überfüllt. Polizisten und verzweifelte, auch entsetzte freiwillige Helfer versuchten, zumindest die Auf- und Abgänge freizuhalten. Es war ein aussichtsloses Unterfangen. Wegen der chaotischen Zustände rund um den Rasen konnte das Finale erst mit 82 Minuten Verspätung losgehen.
Verlegung in die Wintermonate?
Neben den organisatorischen Mängeln und dem Desinteresse der US-Amerikaner am Turnier gibt es im Hinblick auf die Fußball-Weltmeisterschaft, die 2026 in den USA, Kanada und Mexiko veranstaltet wird, auch andere Herausforderungen. In Miami oder in den Spielorten in Texas wurden an den Spieltagen hohe Temperaturen von über 40 Grad in der Sonne gemessen.
"Die starke Hitze zusammen mit so viel Luftfeuchtigkeit senkt zweifellos die körperliche Leistungsfähigkeit", sagte Ricardo La Volpe der DW am Rande des Finales. Der ehemalige Nationaltrainer Mexikos und Costa Ricas schlägt vor, über eine Verlegung nachzudenken: "Ich denke die beste Zeit wäre, im Dezember oder Januar zu spielen. Aber das muss die FIFA entscheiden."
Ähnlich sieht es der brasilianische TV-Experte und Ex-Bundesligaspieler Grafite auf Anfrage der DW: "Es ist schwierig, sich auf ein Spiel bei 40 Grad Hitze vorzubereiten." Die große Mehrheit der Spieler sei im europäischen Fußball aktiv. Ein großer Teil der Saison finde dort nun mal im Herbst oder Winter bei milden Temperaturen statt.
"Und nun kommen sie in der Endphase der Saison in die Vereinigten Staaten, um sich auf ein Spiel bei 40 Grad Hitze vorzubereiten. Dafür gibt es keine richtige Vorbereitung."