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Corona-Effekt: Deutschland schafft Klimaziel für 2020

4. Januar 2021

Deutschland erreicht doch noch das Klimaziel für 2020. Die Kohlekraft bricht ein, 50 Prozent Ökostrom sind inzwischen im Netz und geringer Flugverkehr hilft dem Klimaziel. Doch der CO2-Ausstoß könnte auch wieder steigen.

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Braunkohlekraftwerk Frimmersdorf ohne Stromproduktion. Kohlekraftwerke stehen in Deutschland zunehmend still.
Kohlekraftwerke stehen in Deutschland zunehmend still, wie hier das Braunkohlekraftwerk in Frimmersdorf Bild: Gero Rueter/DW

Unter der Führung von Angela Merkel beschloss die Bundesregierung 2007 den CO2-Ausstoß bis 2020 um mindestens 40 Prozent zu senken. Laut Analyse des Berliner Thinktank Agora Energiewende hat Deutschland dieses Ziel für 2020 eindeutig erreicht und minderte seinen CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 um 42 Prozent. 2020 stieß Deutschland demnach 722 Millionen Tonnen CO2 aus und damit 82 Millionen Tonnen weniger als 2019 - ein Rückgang von zehn Prozent.

Zwei Drittel dieser Minderung sind laut Agora Corona-bedingt: Durch die Rezession ging vor allem der Energiebedarf der Industrie deutlich zurück und damit sank auch der CO2-Ausstoß um über 50 Millionen Tonnen CO2. Ohne die Krise hätte der Rückgang an CO2 Emissionen laut Agora nur bei etwa 25 Millionen Tonnen gelegen. Mit dieser Emissionsminderung von 38 Prozent im Vergleich zu 1990 hätte Deutschland also das gesetzte Klimaziel verfehlt.

Inforgrafik Strommix in Deutschland 2020

"Echte Klimaschutzeffekte hat es 2020 nur im Stromsektor gegeben, denn hier gehen die CO2-Minderung auf den Ersatz von Kohle durch Gas und Erneuerbare Energien zurück", sagt Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende.

Über 50 Prozent Ökostrom im Netz 

2020 lag der Anteil vom Ökostrom im deutschen Stromnetz laut Analyse des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) bei 50,5 und im Vorjahr bei 46 Prozent. 2020 deckte demnach allein die Windkraft 27 Prozent des Strombedarfs in Deutschland und produzierte damit mehr Strom als Braunkohle (17%) und Steinkohle (7%) zusammen. Solarmodule deckten 10 Prozent des deutschen Strombedarfs, Kraftwerke mit Biomasse 9 und Wasserkraft 4 Prozent.

Während die Windräder durch ein gutes Windjahr 2020 fünf Prozent mehr Strom als im Vorjahr erzeugten und Photovoltaikmodule 7 Prozent mehr, ging die Stromerzeugung mit Braunkohle (-20%) und Steinkohle (-28%) deutlich zurück. In 2019 war der Rückgang der Kohleverstromung im Vergleich zum Vorjahr noch jeweils stärker und lag bei bei 22 und 33 Prozent.

"Die Kohlekraft ist weiter im Sinkflug", sagt Patrick Graichen und dies werde sich auch "in den nächsten Jahren fortsetzen". Der Grund liege zum einen am Ausbau der Erneuerbaren Energien und zum anderen am gestiegenen Preis für CO2, erklärt Graichen im DW-Gespräch.

Dadurch wird Kohlestrom teurer und zunehmend unrentabel. Neben den Erneuerbaren Energien liefern Gaskraftwerke im Vergleich oft günstiger Strom, sie laufen deshalb häufiger - in der Folge stehen Kohlekraftwerke immer öfter still. 

Aus diesem Grund fließt laut Agora inzwischen auch weniger Kohlestrom aus Deutschland ins Ausland, da die Nachbarländer mit Gaskraftwerken den Strom günstiger selbst produzierten. In der Summe flossen 2020 so noch drei Prozent des Stroms aus Deutschland über die Grenzen, 2019 lag der Stromexport noch doppelt so hoch. 

Weniger Flugverkehr großer Klimaeffekt

Der Luftverkehr spielt bei den deutschen Klimazielen bislang eine untergeordnete Rolle, da bei der Bewertung der nationalen Emissionen nur der inländische Flugverkehr gezählt wird. In Deutschland zeigt sich durch den infolge der  Pandemie eingebrochenen Flugverkehr ein sehr positiver Effekt fürs Klima. Laut Agora wurden bis 2019 durch in Deutschland startende Flugzeuge Klimaeffekte ausgelöst, die dem Ausstoß von über 80 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr entsprechen. Im Vergleich zum Vorjahr sei der Absatz von Kerosin in Deutschland 2020 um 55 Prozent zurückgegangen - das habe eine Klimawirkung von über 40 Millionen Tonnen eingespartem CO2. 

Infografik Pfad für Emissionsminderung von Deutschland 1,5-Grad-Ziel

Bei Diesel und Benzin für den Auto und LKW-Verkehr ging der Absatz laut Agora um neun Prozent zurück - ein Rückgang des CO2-Ausstoßes um rund 14 Millionen Tonnen. 

Kurs zum Pariser Klimaziel?

Für die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze, die im Weltklimaabkommen von Paris vereinbart wurde, müssen laut Studie des Wuppertal Instituts die CO2-Emissionen nun weiter sehr deutlich und kontinuierlich sinken. "Deutschland muss bis 2035 CO2-neutral werden. Sonst ist ein adäquater Beitrag für die Erreichung des 1,5-Grad-Celsius Ziels nicht zu schaffen", sagt Energie- und Klimaforscher Prof. Manfred Fischedick, Leiter des Wuppertal Instituts. "Aus technischer und ökonomischer Sicht ist das extrem anspruchsvoll, aber grundsätzlich durchaus möglich", so Fischedick.

Der zentrale Schlüssel sei ein starker Ausbau der Erneuerbaren Energien. Fischedick und seine Kollegen empfehlen für die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze einen Ausbau der Stromerzeugung durch Solar- und Windkraftanlagen von mindestens 25 bis 30 Gigawatt pro Jahr - das ist drei bis fünf Mal schneller als in den vergangenen Jahren.

Bei Agora Energiewende, wo man ein Szenario zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 für Deutschland skizziert, sieht man einen Ausbaubedarf von Solar- und Windkraft von 15,5 Gigawatt pro Jahr in den nächsten Jahren. "Das entspricht nicht dem 1,5 Grad-Ziel", so Graicheng, "da müsste man noch eine Schüppe drauflegen."

Bislang ist die Bundesregierung mit ihren Plänen zum Ausbau der erneuerbaren Energien noch weit entfernt, um das Pariser Klimaziel und auch das gesetzte EU-Klimaziel bis 2030 zu erreichen. Bislang ist lediglich ein Ausbau von insgesamt rund 10 Gigawatt Wind- und Solarkaft pro Jahr geplant. Graichen rechnet auch deshalb mit einem Anstieg der Treibhausgase "sobald die Wirtschaft wieder anzieht". 2021 könnte zudem der Stromverbrauch stärker steigen als der Zuwachs an Erneuerbaren Energien. "Für 2021 rechnen wir daher in Summe mit mehr Emissionen. Nur durch schnelles klimapolitisches Handeln kann man dem entgegensteuern", so Graichen.

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Gero Rueter Redakteur in der Umweltredaktion