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GesellschaftDeutschland

Corona: Genesen, und dann?

12. November 2021

Infiziert, genesen, geimpft? Oder wieder ungeimpft? Mit den steigenden Infektionszahlen steigt auch die Anzahl der Genesenen. Ein Blick auf eine wenig beachtete Gruppe, die eine wichtige Rolle in der Pandemie spielt.

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Deutschland | 2G Hinweis an einem Restaurant
2G-Regel: Angesichts steigender Infektionszahlen haben in vielen Restaurants nur Geimpfte und Genesene ZutrittBild: Sebastian Kahnert/ZB/picture alliance

Wie viele Genesene gibt es mittlerweile in Deutschland?

Nach einer Schätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) gibt es zurzeit rund 4,4 Millionen Genesene in Deutschland (Stand 10.11.2021, siehe Grafik). Die meisten von ihnen, knapp eine Million Menschen, leben in Nordrhein-Westfalen.

Die Ermittlung der Zahlen basiert auf der Anzahl der gemeldeten Infektionen und Todesfälle, kann aber dennoch nur geschätzt werden. Zwar sind Infektionen und Todesfälle meldepflichtig, eine Genesung jedoch nicht. In der Regel gelten Infizierte, die nicht versterben, nach spätestens 28 Tagen als genesen. Außerdem befinden sich unter den Genesenen etwa auch Geimpfte, die sich trotzdem infiziert und die Erkrankung danach überstanden haben.

Wie hoch ist die Dunkelziffer?

Die  sogenannte "Untererfassung" ist beträchtlich. Laut der bundesweiten Studie "Leben in Deutschland – Corona-Monitoring von Oktober 2020 bis Februar 2021" des RKI und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ist womöglich jede zweite Person, die sich mit COVID-19 infiziert hat, nicht getestet und nicht registriert.

Dies bedeutet, dass die Zahlen der Infektionen und der Genesungen etwa doppelt so hoch sind wie die gemeldeten Fälle. Die Dunkelziffer bei den Genesenen liegt damit vermutlich bei knapp neun Millionen Menschen. Zum Vergleich: Die Zahl der ungeimpften Personen in Deutschland wird auf 15 Millionen Menschen geschätzt.

Infografik COVID Genesene DE

Was genau bedeutet "genesen"?

Als "genesen" gelten Personen mit einer überstandenen Corona-Infektion, die weniger als sechs Monate zurückliegt. Für diesen Zeitraum besteht eine weitgehende Immunität gegen das Coronavirus SARS-CoV-2. Dies gilt auch für Personen, die nach der ersten Impfdosis eine SARS-CoV-2-Infektion durchlaufen haben. 

Nicht zu diesem Personenkreis gehören Genesene, die nach einer überstandenen SARS-CoV-2-Infektion geimpft worden sind. Sie gelten als vollständig geimpft. Da die Anzahl der Genesenen, die sich impfen lassen im Rahmen des Impfmonitoring nicht erfasst wird, gibt es auch keine genauen Daten, wie viele Menschen in Deutschland gleichzeitig genesen und geimpft sind.

Bei der Behandlung von COVID-Patienten im Krankenhaus wird nur der Impfstatus erfasst. "Die Rubrik 'Genesene' gibt es im Krankenhaus nicht", sagt RKI-Sprecherin Susanne Glasmacher. "Entweder ist die genesene Person bereits geimpft, oder sie gilt als ungeimpft, auch wenn die Infektion weniger als sechs Monate zurückliegt."

Wie wird eine Genesung nachgewiesen?

Alle Personen, die eine Infektion mit SARS-CoV-2 durchgemacht haben, haben Anspruch auf ein sogenanntes Genesenenzertifikat. Voraussetzung ist laut Bundesgesundheitsministerium der Nachweis eines positiven PCR-Test-Ergebnisses, der mindestens 28 Tage zurückliegen muss und maximal sechs Monate alt sein darf.

Das Zertifikat darf von allen Ärzten ausgestellt werden. Seit Ende August 2021 dürfen in Deutschland auch Apotheken digitale Zertifikate für Genesene ausstellen. Die Ausstellung eines solchen Zertifikates ist kostenlos. 

Symbolbild Österreich Corona - 3G am Arbeitsplatz
Digitaler Nachweis: In Österreich haben seit 1.November nur Geimpfte, Genesene oder negativ Getestete Zutritt zum ArbeitsplatzBild: Hans Klaus Techt/APA/picture alliance

Werden Genesenenzertifikate bei einer Reise ins Ausland anerkannt?

Laut Informationen des Auswärtigen Amtes erkennen viele Länder Genesenenzertifikate an und erlauben in Kombination mit einem aktuellen PCR-Test die Einreise für Touristen. Zu den Ländern gehören unter anderem Spanien, Frankreich, Griechenland, Italien, Brasilien, aber auch Indien und Israel. In Großbritannien ist die Einreise von Genesenen mit einer mehrwöchigen Quarantäne und mehreren PCR-Tests verknüpft. Nicht möglich ist die Einreise für Genesene in die USA, dort dürfen nur vollständig geimpfte Personen das Land betreten.

Welchen Einfluss haben Genesene auf den Verlauf der Pandemie?

Für Christian Drosten, Leiter der Virologie in der Berliner Charité, spielt die Gruppe der Genesenen bei der Bekämpfung der Pandemie eine wichtige Rolle. "Genesene schließen eine Immunitätslücke in der Gesellschaft", erklärte er in seinem jüngsten "Coronavirus-Update" vom 9. November. Allerdings gehe das Erlangen einer Herdenimmunität durch eine zunehmende Durchseuchung der Gesellschaft auch mit dem Tod von vielen COVID-Erkrankten, insbesondere älteren Menschen, einher.

Drosten vergleicht die Lage in Deutschland mit der Situation in Großbritannien, wo die Impfquote sich auf einem ähnlichen Niveau befindet. "In Deutschland gibt es rund 100.000 an und mit Corona Verstorbene." In Großbritannien, das eine Zeit lang auf eine Herdenimmunität gesetzt hatte, seien es doppelt so viele. Bei einer Herdenimmunität gebe es automatisch sehr viele Genesene.

Drosten kommt zu dem Schluss, dass Deutschland dem englischen Beispiel folgen und den schwierigen Weg zur  Herdenimmunität durchmachen werde, wenn die Impfquote weiter stagniere. "Wir müssten uns dann darauf vorbereiten, in Deutschland noch mindestens 100.000 Tote zu bekommen, bevor die Epidemie sich beruhigt."