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Coronavirus bedrängt Autoindustrie weltweit

7. Februar 2020

Die Autobauer spüren zunehmend die Folgen des Virusausbruchs in China. Einige Konzerne fürchten Ausfälle in Europa oder sie verlängern die Werksferien. Jetzt beginnt die Suche nach Bezugsquellen außerhalb Chinas.

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Symbolbild China Industrie Produktion Wuhan 02.07.2013
Bild: picture-alliance/dpa

Als erster europäischer Autobauer stellt sich Fiat Chrysler darauf ein, dass eine stockende Teileversorgung aus dem Land in zwei bis vier Wochen die Produktion in einem Werk in Europa beeinträchtigen könnte. Um welches Werk es sich handelt, sagte Vorstandschef Mike Manley nicht. Der größte japanische Autobauer Toyota kündigte am Freitag an, die Produktion in all seinen chinesischen Werken bis zum 16. Februar ruhen zu lassen. Auch andere Hersteller haben die Werksferien nach dem chinesischen Neujahrsfest wegen des Virusausbruchs verlängert.

Suzuki erwägt, Fahrzeugkomponenten außerhalb von China zu beziehen, da die Ausbreitung des Coronavirus die Fahrzeugproduktion in seinem größten Markt in Indien bedroht. Suzuki baut und verkauft keine Autos in der Volksrepublik, bezieht von dort aber Komponenten für seine Werke in Indien. Dort kontrolliert der japanische Kleinwagenspezialist mit dem Gemeinschaftsunternehmen Maruti-Suzuki rund die Hälfte des indischen Marktes.

Lieferketten korrodieren

BMW hatte bereits die Werksferien für Mitarbeiter in der Produktion in der chinesischen Stadt Shenyang bis zum 9. Februar verlängert. Büroangestellte sollen in dieser Zeit zu Hause arbeiten. Volkswagen will die Arbeit an den Standorten mit dem chinesischen Partner FAW nach bisherigen Informationen nicht vor Sonntag wieder aufnehmen. Im Gemeinschaftsunternehmen mit SAIC ist dies bisher am Montag geplant.

Produktion im VW-Werk in Schanghai
Produktion im VW-Werk in SchanghaiBild: picture-alliance/dpa/O. Spata

Als erster ausländischer Autokonzern hatte Hyundai wegen einer unterbrochenen Lieferkette die Produktion in Korea heruntergefahren. In der zwischen Herstellern und Lieferanten weltweit verflochtenen Industrie können Störungen in der Teilevorsorgung massiven Einfluss auf die Autoproduktion haben.

Eine Krise zur Unzeit

Für die exportabhängigen deutschen Autobauer ist China der wichtigste Automarkt und zugleich ein wachsender Produktionsstandort. Wenn die Schauräume der Händler und die Fabrikhallen länger leer bleiben, könnte dies Audi, BMW, Daimler, Porsche und VW empfindlich treffen. Denn unter der Last des Handelskonflikts mit den USA sank der Neuwagenabsatz in China 2019 bereits das zweite Jahr in Folge.

Die deutschen Autokonzerne trifft die Corona-Krise zudem in einer kritischen Phase: Sie wollen in diesem Jahr neue Elektroautos auf den Markt bringen, in denen viel Technik steckt, die aus China geliefert wird. Ein längerer Ausfall der Lieferungen könnte die Pläne durcheinander bringen - mit nicht absehbaren Folgen für das Erreichen der Klimaziele in der Branche.

Die Verunsicherung wächst

Einer Umfrage zufolge verunsichert das Virus zahlreiche deutsche Unternehmen. Laut einer am Freitag veröffentlichten Erhebung des Düsseldorfer Beratungsunternehmens Kloepfel geben 28 Prozent der befragten Manager an, schon Ausfälle von Lieferanten zu verzeichnen, die aber durch alternative Anbieter noch ausgeglichen werden können.

Die auf Lieferketten spezialisierten Berater haben Anfang Februar 243 Fach- und Führungskräfte in der deutschen Industrie und im Handel befragt. 19 Prozent befürchten, dass Lieferengpässe ihre Produktion stilllegen könnten. 42 Prozent der Unternehmen gaben an, noch nicht betroffen zu sein.

Viele Unternehmen neigten nun zu Hamsterkäufen, sagte der Chef des Beratungsunternehmens, Marc Kloepfel. Die Lager würden aufgefüllt. "Dies betrifft neben der produzierenden Industrie auch sehr stark den Handel."

Auch Schneider und Schuster leiden

Das Coronavirus stört inzwischen auch das Geschäft mit teurer Bekleidung und Handtaschen: Der britische Luxuskonzern Burberry hat seinen Ausblick für das bis Ende März laufende Geschäftsjahr gestrichen. Derzeit sind 24 von 64 Läden in China geschlossen, wie das Unternehmen am Freitag mitteilte. Finanzchefin Julie Brown sagte, die Umsätze in den noch geöffneten chinesischen Geschäften seien in den vergangenen beiden Wochen um 70 bis 80 Prozent eingebrochen.

Für europäische Hersteller teurer Konsumgüter von Bekleidung über Kosmetik und Schuhe bis zu Uhren ist China ein extrem wichtiger Markt, der Kauf von "mingpai" (berühmten Marken) ist für viele Chinesen der Hauptgrund für Urlaubsreisen nach Europa. Burberry macht rund 40 Prozent der Umsätze mit chinesischen Kunden.

Die Ausgaben chinesischer Touristen in Europa sind laut Burberry derzeit noch weniger betroffen. Allerdings gehen die Briten von einer Verschlechterung in den kommenden Wochen aus. Burberry hatte erst im Januar die Umsatzprognose erhöht - bevor sich das Virus immer weiter verbreitete.

Auch Konsumgüterhersteller sind betroffen: Nike warnte in dieser Woche vor erheblichen Einbußen. Die Amerikaner haben ebenso Filialen in China schließen müssen wie der deutsche Konkurrent Adidas. Die Kosmetikkonzerne L'Oreal und Estee Lauder sehen ebenfalls Belastungen für ihr Geschäft.

dk/hb (rtr, dpa)