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Deutsche Experten hoffen auf Eindämmung von Corona-Virus

14. Februar 2020

Deutsche Experten halten die Aussagekraft der chinesischen Infektions-Zahlen für sehr beschränkt. Dafür wisse man inzwischen mehr über das Virus und die Infektionswege.

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China Wuhan Jinyintan Hospital
Bild: picture-alliance/AP/Chinatopix

Sind die Zahlen aus China verlässlich? Was wird das neue Virus übertragen? Wie lässt sich eine drohende Pandemie eindämmen? Bei einer Informationsveranstaltung des Science Media Centers und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina haben führende deutsche Wissenschaftler zentrale Fragen rund um die neue Lungenkrankheit COVID-19 beantwortet. Ein Überblick:

Das Virus

Wie der Virologe Christian Drosten (Charité Berlin) erklärte, vermehrt sich SARS-CoV-2 ähnlich wie das Influenzavirus im Rachen. Das mache es ansteckender als anfangs vermutet. Der Ursprung des Virus werde vielleicht nie gefunden, sagte Drosten.

Er bezeichnete Berichte, wonach Schuppentiere möglicherweise das Wirtstier seien, als wenig sinnvoll, da diese keine Fledermäuse fräßen. Fledermäuse gelten als Virus-Reservoir. Möglicherweise haben sich Menschen irgendwo in China mit dem Virus infiziert, bevor sie es auf den Markt in Wuhan eingeschleppt haben. Dort waren die ersten Fälle gemeldet worden. Es scheine so, als sei das Virus gut an den Menschen angepasst.

Die Ausbreitung 

Bisherige Daten deuten laut dem Präsidenten des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, darauf hin, dass die neue Lungenerkrankung COVID-19 in China ähnlich verläuft wie eine schwere Grippewelle. China unternehme drastische Maßnahmen, so dass sich das Virus bislang außerhalb des Landes nicht stark verbreitet habe.

Wichtig sei, dass es bislang bei den Ansteckungsketten außerhalb Chinas immer einen Zusammenhang mit China gegeben habe.

China Coronavirus: Zahl der Infizierten steigt sprunghaft
Temperaturmessen und Atemschutzmasken bringen nach Ansicht der deutschen Experten nichtsBild: Getty Images/K. Frayer

Die Strategie 

Die bisherigen Bemühungen um eine Eindämmung in Ländern außerhalb Chinas wertete Wieler als "sehr, sehr erfolgreich".

In Deutschland sei es zum Beispiel das Ziel, eine Erkrankungswelle hinauszuzögern. Eine drohende COVID-19-Welle solle möglichst nicht mit der derzeit auch in Deutschland laufenden Grippewelle zusammenfallen.

Drosten warnte jedoch, dass die Möglichkeiten der Eindämmung begrenzt seien: "Irgendwann wird es wahrscheinlich dazu kommen, dass unbemerkte Infektionen plötzlich bemerkt werden."

Ab wann ist es eine Pandemie?

Von einer Pandemie könne man noch nicht sprechen und es bestehe auch die Chance, dass es keine werde, sagte Wieler. "Das entscheidende Merkmal ist, dass es sich auf mehrere Kontinente verbreitet. Das ist zurzeit schon der Fall." Aber das wichtigste - und bisher nicht erfüllte - Kriterium seien Infektionsketten in der Bevölkerung, die sich nicht mehr nachvollziehen lassen. 

Zur Zählweise

Die derzeit aus China bekannten Infektionszahlen seien mit Vorsicht zu genießen, betonten die Experten. "Es sind Trends", sagte Wieler. Laut Drosten spiegeln die Werte eher die Kapazitäten des Erfassungssystems wieder, nicht die tatsächlichen Zahlen. Es sei also möglich, dass Infizierte mit mildem Krankheitsverlauf nicht getestet und damit auch nicht erfasst werden. 

Infografik Verlauf Corona Epidemie DE

Wer stirbt?

In China liege die aus der Statistik abzulesende Sterberate bei etwa zwei Prozent. Außerhalb Chinas sind es hingegen nur 0,2 Prozent, sagte Wieler. Das hat wahrscheinlich damit zu tun, dass nur die Menschen mit den schwersten Krankheitsverläufen statistisch erfasst werden und es eine hohe Dunkelziffer gibt. 

Drosten betonte, COVID-19 trete für die meisten wie eine Erkältungskrankheit in Erscheinung. Eine besondere Risikogruppe seien ältere Patienten mit Vorerkrankungen, häufiger seien zudem Männer als Frauen betroffen. Selbst Menschen, die wenige oder keine Symptome verspüren, können den Fachleuten zufolge andere anstecken.

Wie ist Deutschland vorbereitet?

Eine Infektionswelle in Deutschland würde unter anderem volle Wartebereiche und Arztpraxen, belegte Intensivbetten und vollkommen überlastete Gesundheitsämter mit sich bringen, sagte Drosten. Es sei aber unklar, wann die Welle komme und wie groß sie werde.

Der Vorstandschef der Charité, Heyo Kroemer betonte, man bereite sich intensiv vor. Das Krankenhaussystem fahre im Winter generell unter Volllast - im Fall von Infektionen hätten die Einrichtungen aber Spielräume, zum Beispiel durch das Verschieben nicht dringender Operationen. 

Afrika Sambia Coronavirus Vorkehrungen
COVID-19 wäre große Herausforderung für afrikanische Gesundheitssysteme Bild: picture-alliance/AP Photo/E. Mwiche

Was ist mit weniger entwickelten Ländern?

In Afrika würde, zum Beispiel, der neue Corona-Erreger nach Ansicht von RKI-Präsident Wieler die regionalen Systeme massiv herausfordern. Deshalb verschicken Partner in Industrieländern bereits diagnostisches Material dorthin. Es gehe darum, die diagnostischen Kapazitäten massiv zu stärken. Zudem bieten sie Trainings für die Infektionen-Prophylaxe gerade in Krankenhäusern an.

Wer ist schuld?

Drosten betonte, es handle sich um ein Naturphänomen - mit dem Finger auf andere - etwa Infizierte -  zu zeigen, sei unangebracht. Wichtig sei vielmehr, dass sich jetzt jeder ein Wissen über die Erkrankung aneigne. Zum Beispiel solle man sich fragen, wie man Menschen mit Grunderkrankungen in der Familie schützen könne. 

Generell sei zum Beispiel gründliches Händewaschen zur Vorsorge für die Bevölkerung geeignet. Das Tragen von Mundschutz hingegen helfe nicht, machten die Experten deutlich. Die Masken verlören aufgrund der Feuchtigkeit beim Ausatmen bereits nach 20 Minuten ihre Funktion. 

Offene Fragen 

Unklar sei unter anderem, wie schnell sich das Virus ausbreite und wie viele Menschen ein Infizierter anstecken kann, sagte Wieler. Drosten zufolge wären bessere Voraussagen zur weiteren Entwicklung möglich, wenn man mehr darüber wüsste - etwa auch ob die Epidemie ein schleichender Prozess ist oder ob möglicherweise auch mehrere Infektionswellen bevorstünden. 

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund