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Coronavirus-Impfstoff braucht noch Zeit

5. März 2020

Die Entwicklung von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 ist in vollem Gange. Dennoch wird es noch mindestens ein Jahr dauern, bis ein Wirkstoff auf den Markt kommt. Ob das Virus dann noch grassiert, ist unklar.

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Symbolbild Impfung
Bild: picture-alliance/dpa/O. Spata

Erst ein Monat ist vergangen, seit chinesische Wissenschaftler die Erbinformation des Coronavirus SARS-CoV-2 entschlüsselt und der weltweiten Forschergemeinschaft zur Verfügung gestellt haben. 

Zahlreiche forschende Pharmaunternehmen, universitäre und andere Forschungseinrichtungen sind unverzüglich an die Arbeit gegangen. Inzwischen ist die Anzahl der Labore, die mit Hochdruck an der Impfstoffentwicklung zur Bekämpfung von SARS-CoV-2 arbeiten, so stark angewachsen, dass es schwierig ist, den Überblick zu behalten. 

Neben den großen Forschungsinstituten, etwa dem Institut zur Kontrolle und Vermeidung von Virenerkrankungen in Festland-China, sind Forscher vor allem in Hongkong, den USA, in Deutschland, Frankreich, Australien, Kanada und Israel eifrig bei der Sache. 

Mehrere Projekte werden von CEPI finanziell unterstützt, einer internationalen Partnerschaft zur Bekämpfung von Epidemien, die sich durch staatliche und private Fördermittel finanziert. 

Mehr dazu: Coronavirus: Impfstoffentwicklung - ein Wettlauf gegen die Zeit

Wissenschaft gegen Coronavirus

CEPI fördert derzeit Impfstoffentwicklungen der Firmen CureVac (Deutschland), Inovio und Moderna (beide USA). Hinzu kommt ein Projekt der University of Queensland (Australien), die bereits seit Ende Februar einen Impfstoff im Tiermodell testet. 

Die CEPI-Projekte werden auch von den US-Unternehmen Dynavax und Glaxo Smith Kline (GSK) unterstützt, die sich um die Entwicklung von Adjuvantien kümmern. Das sind Wirkverstärker, die dafür sorgen, dass weniger Antikörper pro Impfdosis ausreichen, um eine Immunreaktion zu bewirken.

Neben den CEPI-Projekten haben auch Johnson&Johnson,  Novavax (beide USA), Sanofi (Frankreich bzw. multinational) und die kanadische VIDO-InterVAC eigene Impfstoffentwicklungen angekündigt.

Eng mit universitärer Forschung verzahnt 

An den internationalen Bemühungen sind unter anderem Universitäten in Marburg (Deutschland), Hongkong, Saskatchewan (Kanada), Cambridge (UK) und Institute in Israel beteiligt.

 Was ist von Erfolgsmeldungen zu halten?

Einige Forschergruppen haben Impfstoffentwicklungen mit sehr ambitionierten Zeitplänen angekündigt, von wenigen Wochen ist teilweise die Rede.

Deutsche Experten betrachten solche Ankündigungen indes sehr kritisch. Der Infektionsepidemiologe Dr. Alexander Kekulé, der dasInstitut für medizinische Mikrobiologie am Universitätsklinikum Halle leitet, geht davon aus, dass frühestens im Laufe des Jahres 2021 ein zugelassener Impfstoff auf den Markt kommen könnte. "Bis zum Herbst [2020] werden wir auf keinen Fall eine Impfung haben", sagte der Medizin-Professor in einer Fernsehdebatte des deutschen Ersten Fernsehens. 

Kekulé erläuterte dort auch die Schwierigkeit, einen Impfstoff gegen Coronaviren zu entwickeln, da diese genetisch sehr wandlungsfähig sind.

Dies wird untermauert durch eine Studie chinesischer Wissenschaftler, die nun herausgefunden haben, dass es bereits zwei SARS-CoV-2 Stämme gebe, einen s-CoV- und einen l-CoV-Stamm. Der erste davon sei der häufigere, der zweite davon sei der gefährlichere. 

Die schnelle Wandlungsfähigkeit der Coronaviren ist auch einer der Gründe dafür, dass es noch keine Impfungen gegen die gewöhnlichen, saisonalen Erkältungsviren gibt. Diese sind zum Großteil ebenfalls Coronaviren, obwohl sie harmloser sind als SARS-CoV-1, SARS-CoV-2 und MERS.

Sicherheit geht vor Schnelligkeit

Anders als etwa beim Ebola-Virus, wo bei einer Impfung die Phasen II und III bei der Impfstoffeinführung zusammengelegt worden waren, kommt ein beschleunigtes Zulassungsverfahren bei SARS-CoV-2 nicht in Frage. Das liegt daran, dass das Coronavirus wesentlich weniger gefährlich als Ebola ist. Die Dringlichkeit ist entsprechend nicht so hoch.

Die Einführung eines Impfstoffes bedeutet immer auch, dass viele gesunde Menschen damit geimpft werden müssen. Und da spricht – anders als bei Ebola – die Risikoabwägung eindeutig gegen ein voreiliges Verfahren. Mögliche Impfschäden auszuschließen ist hier wichtiger, als gesunde Menschen, bei denen es fast nie schwere Krankheitsverläufe gibt, übereilt zu impfen.

Zudem gibt es schon jetzt Medikamente, um schwere Krankheitsverläufe zu behandeln. Sehr vielversprechend sind etwa der RNA-Polymerase-Hemmer Remdesivir, der ursprünglich gegen Ebola entwickelt worden war und bereits auf dem Markt eingeführt ist. 

Mehr dazu: Neuer Ebola-Impfstoff bringt Hoffnung in den Kongo

Wie sollen die verschiedenen Impfungen wirken?

Fast alle in der Entwicklung befindlichen Impfstoffe bauen auf bereits vorhandenen Impfstoffen auf. Mediziner nennen das eine "Plattform-Entwicklung". Einige davon sind bereits in der Tiermedizin im Einsatz, wie etwa ein Impfstoff gegen MERS, der für Kamele genutzt wird. Auch wurden einige Impfstoffe schon im Tiermodell getestet oder dies steht kurz bevor.

Die Hoffnungen vieler Pharmaunternehmen liegen derzeit auf Impfstoffen, deren Erbinformation (mRNA bzw. DNA) im Körper die Bildung ungefährlicher Virusproteine hervorruft. Darauf soll dann die Immunabwehr des Körpers reagieren: Das Immunsystem bildet Antigene, die dann auch gegen das gefährliche Coronavirus wirken. Solche Impfungen könnten, wenn es denn irgendwann einen Impfstoff gibt, auch in großer Menge schnell produziert werden.

Andere Hersteller setzen darauf, Patienten die Virusproteine oder auch Impfviren direkt zu verabreichen. Das ist ein eher traditionelles Verfahren der Impfstoffproduktion. Hierbei kann es allerdings länger dauern, bis ausreichend Impfdosen ausgeliefert sind. 

Kommt die Impfung noch rechtzeitig? 

Grundsätzlich ist nicht auszuschließen, dass der Impfstoff erst nach Abebben der derzeitigen Pandemie auf den Markt kommt. Allerdings kann es auch sein, dass noch weitere COVID-19-Wellen um den Erdball rollen werden.

Wenn in der nördlichen Hemisphäre der Sommer beginnt und die Viren es schwerer haben werden, könnten Epidemien dann im auf der kälteren Südhalbkugel ausbrechen. Ab Spätherbst könnte sich das Virus dann auch wieder im Norden leichter verbreiten.

Schmidt Fabian Kommentarbild App
Fabian Schmidt Wissenschaftsredakteur mit Blick auf Technik und Erfindungen