Coronavirus: So sieht Amsterdam ohne Touristen aus
Die niederländische Hauptstadt hat seit Jahren mit "Overtourism", also überbordendem Tourismus, zu kämpfen. Die Corona-Krise bewirkt das Gegenteil: Die Grachten sind leer, die Kassen vieler Gastronomen auch.
Es fährt ein Zug nach Nirgendwo
Der Hauptbahnhof Amsterdam Centraal ist kaum wiederzuerkennen: Sonst drängen sich hier Touristen und Pendler. Laut niederländischer Eisenbahngesellschaft gingen 2018 hier 192.000 Passagiere pro Tag ein und aus - nur am Bahnhof Utrecht zählte man mehr Fahrgäste.
Blumenschmuck ohne Bewunderer
Wie in jedem Jahr recken auch in diesem Frühling unzählige Tulpen ihre Köpfchen in den niederländischen Himmel. Aber etwas ist anders: Das Tulpenfestival in Amsterdam ist sonst eines der touristischen Highlights im Jahresprogramm - in diesem Jahr bleiben die Besucher aus. So bleibt an der Uferpromenade im Stadtteil Noord genügend Platz, um die Tulpen alleine zu bewundern.
Eine andere Vogelperspektive
Der Dam ist weiter bevölkert - dieser Tage jedoch von Tauben statt Touristen. Der zentrale Platz, der von Bauten wie dem Königlichen Palast und der Nieuwe Kerk gesäumt wird, zählt in vielen Reiseführern zum Pflichtprogramm. Der Name des Platzes bezieht sich auf den Damm, der seit dem Mittelalter an dieser Stelle den Fluss Amstel zurückhielt und auch der Stadt ihren Namen gab.
An Land bleiben
Die vielen Grachten im Stadtkern sind Lebensadern Amsterdams, in denen sich Touristenschiffe und die Boote der Einheimischen drängen. Doch sie müssen am Steg vertäut bleiben: Ansonsten würden sich bei Frühlingswetter Menschenmengen bilden, in denen das Coronavirus sich verbreiten könnte, fürchten die Behörden. Bootsbesitzern, die trotzdem durch die Grachten fahren, droht ein Bußgeld von 390 Euro.
Hasch-Hamstern
Die liberale Cannabis-Gesetzgebung hat schon immer Touristen aus sämtlichen Ländern in Amsterdams Coffeeshops gelockt. Genau wie Schulen und Kindergärten sind jedoch derzeit auch sämtliche Gaststätten geschlossen - darunter fallen auch Coffeeshops. Als die Maßnahme angekündigt wurde, bildeten sich vielerorts Schlangen von Menschen, die sich noch schnell mit Cannabis-Vorräten eindecken wollten.
Rote Vorhänge statt Rotlicht
Auch im berühmt-berüchtigten Rotlichtbezirk ist aufgrund des Coronavirus nichts wie zuvor: Geschäfte in "kontaktbasierten Bereichen", heißt es auf der Webseite der Amsterdamer Stadtverwaltung, sind untersagt. Damit sind Friseursalons und Nagelstudios gemeint, aber eben auch Bordelle und Stripclubs. Die Maßnahmen gelten mindestens noch bis zum 28. April.
Beschränkte Einkaufswelt
Geschäfte des täglichen Bedarfs wie Supermärkte sind weiter geöffnet - wenn auch unter starken Einschränkungen. Vielerorts normalisiert sich die Lage in den Gängen. Vor wenigen Wochen war es auch in den Niederlanden zu Hamsterkäufen gekommen. Darauf beschwichtigte Ministerpräsident Mark Rutte, nachdem er das Hygieneregal inspiziert hatte, es gebe genug Toilettenpapier, "um zehn Jahre zu k...en".
Maxima zu Besuch
Wie an vielen Orten der Welt bedroht die Krise auch in Amsterdam die Existenz der Gastronomen. Königin Maxima besuchte kurz vor Ostern einzelne Gastwirte und Verbandsvertreter, um mit ihnen zu sprechen. Es wurden kurz- und längerfristige Maßnahmen erörtert, teilte das Königshaus mit. Die studierte Wirtschaftswissenschaftlerin ist Mitglied des niederländischen Komitees für Unternehmertum.
Einsame Meister
Amsterdam hat im Ausland nicht nur einen gewissen Ruf als Partystadt, sondern auch das beeindruckende Kulturprogramm ist bekannt: Tagsüber locken Van Gogh-Museum, Anne-Frank-Haus, Rijksmuseum und Keukenhof, abends Theater, Shows und Konzerthäuser. Um das Coronavirus einzudämmen, ist derzeit alles geschlossen. Das nun menschenleere Van Gogh-Museum bietet wenigstens einen virtuellen Rundgang an.
Amsterdam in (fast) leeren Zügen genießen
Für Berufstätige, die auch in diesen Tagen physisch an ihren Arbeitsorten anwesend sein müssen, hat das Ausbleiben der Touristen einen angenehmen Nebeneffekt: Die Trams und Züge sind so leer wie selten. Unter Amsterdamern gab es nicht nur Freude am starken weltweiten Interesse für ihre Stadt. Angesichts der wirtschaftlichen Folgen dürften aber viele hoffen, dass die Touristen bald zurückkommen.