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"Ein Schaden für den deutschen Fußball"

3. April 2019

Nach seinem Rücktritt als DFB-Präsident sitzt Reinhard Grindel weiter in Gremien von FIFA und UEFA. "Eine untragbare Situation", sagt die Sportausschussvorsitzende im Bundestag, Dagmar Freitag, im DW-Interview.

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Dagmar Freitag -  Vorsitzende des Sportausschusses des Bundestages
"Der Verband ist seit Jahre krisengeschüttelt und zwar durch eigene Verfehlungen", sagt Freitag über den DFBBild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

DW: Dagmar Freitag, Reinhard Grindel begründet seinen Rücktritt mit der Annahme einer teuren Uhr. Ist das für Sie eine plausible Erklärung?

Dagmar Freitag: Die Annahme ist nur das letzte Glied in einer Kette. Sie steht am Ende eines quälenden Prozesses. Manchmal läuft das Fass ganz plötzlich und schnell über, so muss man den ganzen Vorgang einordnen.

Reicht Ihnen Grindels Erklärung oder erwarten Sie mehr?

Jeder muss selbst entscheiden, wie er seinen Rücktritt begründet. Die Uhr allein wird nicht als Begründung angesehen. Dem kann ich mich nur anschließen. Herr Grindel hat es in seiner Amtszeit nicht geschafft, sich eine valide Hausmacht innerhalb des Deutschen Fußball-Bundes aufzubauen. Und wenn man dann Fehler macht, hat man irgendwann keine Freunde mehr. Das hat sich in den letzten Tagen gezeigt: Er hatte keine Stimme der Unterstützung mehr, weder aus dem Amateur- noch aus dem Profilager.

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Sollte Reinhard Grindel auch von seinen Posten bei FIFA und UEFA zurücktreten?

Natürlich! Denn es geht hier nicht nur um das Geld, sondern auch darum, dass der deutsche Fußball auf internationaler Ebene ein zahnloser Tiger wäre. Denn Herr Grindel sitzt in den Gremien der FIFA und UEFA jetzt praktisch als Privatperson. Er hat keinerlei Funktion im deutschen Fußball mehr. Das würde bedeuten, dass der deutsche Fußball keine Stimme auf internationaler Ebene mehr hätte. Das ist eine untragbare Situation.

Drei Präsidenten-Rücktritte binnen sieben Jahren - ist der größte Sportfachverband der Welt schlecht geführt?

Wir sehen einen veritablen Schaden für das Ansehen des deutschen Fußballs. Es stellt sich jetzt die Frage, was die Liga und die Landesverbände aus dem Desaster der letzten sieben, acht Jahre gelernt haben. Denn so wie es war, sollte es nicht weitergehen.

Bekanntgabe EM-Gastgeber 2024 - Reinhard Grindel
Grindel musste gehen, weil er "keine Stimme der Unterstützung mehr" hatte, urteilt Dagmar FreitagBild: picture-alliance/dpa/S. Stache

Was muss sich im DFB nun ändern, strukturell und personell?

Das ist von außen schwer zu beurteilen. Ich selbst habe keine Verbindungen in das Innenleben des deutschen Fußballs. Aber ich glaube, es darf nicht mehr danach gehen: Wer ist gerade mehrheitsfähig? Wer hat am wenigsten Gegenwind? Es sollte danach gehen, wer diesen Job kann.

Und wer kann diesen Job?

(Lacht) Wenn ich das wüsste, hätte man mich schon um Rat gefragt. Diese Frage möchte und kann ich nicht beantworten.

Wäre es an der Zeit für eine Frau an der Spitze des DFB?

Es gibt keinen Zweifel, dass Frauen einen großen Verband genau so gut führen können wie Männer.

Reinhard Grindel bedauert, dass er Vorurteile gegenüber Sportfunktionären bestätigt habe. Wie kann der DFB seine Glaubwürdigkeit wiederherstellen?

Das wird ein langwieriger Prozess. Der Verband ist seit Jahre krisengeschüttelt und zwar durch eigene Verfehlungen. Das schadet dem Ansehen des Sports. Schauen Sie sich die vielen Ehrenamtlichen an, die tagtäglich bei jedem Wetter auf dem Platz stehen. Wenn die sehen, wie ihre Verbandsspitze agiert, dann ist das ein Desaster. Und das wird noch lange nachwirken. Deutschland setzt sich auf internationaler Ebene für Good Governance, Integrität und Werte des Sports ein. Deswegen steht es uns nicht gut zu Gesicht wenn der größte Fußballverband der Welt solche Schlagzeilen macht.

Dagmar Freitag, Jahrgang 1953, ist Mitglied des Deutschen Bundestages und leitet seit 2009 den Sportausschuss. Freitag ist SPD-Mitglied, stammt aus dem nordrhein-westfälischen Iserlohn und ist auch Aufsichtsratsmitglied der Nationalen Anti-Doping Agentur (NADA). 

Das Interview führte Joscha Weber.