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Dan, Da Vinci und der Opus Dei

Golrokh Esmaili18. Mai 2006

Als Eröffnungsfilm der Filmfestspiele in Cannes lief "Sakrileg". Bei der weltweit ersten Pressevorführung einen Abend vorher fiel der Film beim Publikum bereits durch.

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Endlich wird das Geheimnis gelüftet - der Film "The Da Vinci Code - Sakrileg" kommt in die KinosBild: Sony Pictures
Da Vinci Code
Im Vorfeld gelangen nur wenige Informationen über "Sakrileg" an die ÖffentlichkeitBild: Sony Pictures

Auf Seite 342 findet man den Satz des Anstoßes: "Christus und Maria Magdalena müssen ein Kind gehabt haben". Diese These sorgt seit Jahrhunderten für reichlich Diskussionsstoff. Auch Dan Brown nahm sich in seinem 2003 erschienenen Buch "The Da Vinci Code" dieses Themas an. In Deutschland wurde das Buch unter dem Namen "Sakrileg" bekannt. Die Verfilmung des Weltbestsellers wird ab Donnerstag (18.5.2006) weltweit um dieselbe Zeit in den Kinos anlaufen.

Kampf der Kirche

Bis heute hat sich "Sakrileg" seit seinem Erscheinungsjahr 2003 über 48 Millionen Mal verkauft und ist in 40 Sprachen übersetzt worden. Allein in Deutschland ist es im ersten Erscheinungsjahr mehr als vier Millionen Mal über die Ladentheke gegangen.

Die Handlung kreist um den Kampf der Kirche gegen einen Geheimbund. Dabei geht es um das vermeintliche Geheimnis, dass Jesus angeblich mit Maria Magdalena ein Kind zeugte, dessen Nachkommen bis in die heutige Zeit leben. Dieses Geheimnis versuchen die katholische Kirche und insbesondere das Opus Dei, eine konservative Bewegung innerhalb der römisch katholischen Kirche, mit allen Mitteln zu hüten.

In Form einer gigantischen symbolkundlichen Schatzsuche, in deren Verlauf etliche Menschen sterben und viel Gewalt zu sehen ist, klären die Hauptdarsteller Tom Hanks und Audrey Tautou das Geheimnis des Heiligen Grals. Im Heiligen Gral sind nach alten Überlieferungen kultische Mysterien und Geheimisse symbolisiert, die nur von Gläubigen erkannt werden können.

Dan Brown The Da Vinci Code - Sakrileg
Nachdem Dan Brown als Sänger und Gitarrist scheiterte, wandte er sich dem Schreiben zuBild: AP

Das Gerücht um den Familienvater Jesu ist kein neues mehr und existiert schon seit Jahrhunderten. Der Unterschied ist aber, dass Dan Brown in "Sakrileg" scheinbar Beweise mitliefert. Durch eine neue Interpretation des Abendmahls von Da Vinci untermauert er seine These. Behauptet er zumindest. Und meint der Leser. Über die im Buch genannten Personen behauptet der Autor selbst, dass sie eine Erfindung seien.

Der amerikanische Erfolgsautor Dan Brown gehört heute zu den erfolgreichsten Schriftstellern der Welt. Er wurde 1964 in New Hampshire geboren. Sein Vater war Mathematikdozent, die Mutter Kirchenmusikerin. Die beiden Pole Wissenschaft und Religion, die sich aus den Berufen der Eltern ergaben, beschäftigten den Autor seit seiner Kindheit und prägen wohl auch seine Bücher. "Sakrileg" bereitete Brown nach einer Art Masterplan vor. Die Kombination Religion, Sex und Mystik schien aussichtsreich, die bespielten Orte sollten berühmt und nachvollziehbar sein.

Lautstarke Proteste gegen Verfilmung

Immer wieder haben der Papst und Opus Dei gegen den Film protestiert. Der Vatikan hatte in den vergangenen Wochen von Boykottaufrufe bis zu einem rechtlichen Vorgehen zahlreiche Maßnahmen gegen das Buch und den Film unternommen. Viele Christen fühlen sich in ihrem Glauben herabgesetzt und vermuten eine gezielte Strategie gegen die Kirche. Opus Dei - im Film die Bösen - zeigte sich erregt und kämpft gegen diese Behauptungen und Darstellungen. Sie werfen Hollywood vor, die Menschen zu falschen Annahmen zu verleiten. Der Orden hat vergeblich einen Warnhinweis im Vorspann gefordert, der den Film zur "reinen Fiktion" erklärt.

Mittlerweile hat die Kirche den Spieß umgedreht und zeigt sich dem Publikum versöhnlich. Der Film wird nun für eigene Zwecke genutzt. Theologe und Krimi-Experte Lutz Lemhöfer hat die Kirche dazu aufgerufen, den Film für eigene Zwecke zu nutzen und damit für Aufklärung und Information zu sorgen. Dan Brown wird bloß noch müde belächelt - man versucht ihn zu ignorieren.

Griechenland Nonnen demonstrieren gegen Film Sakreleg
Auch in Griechenland haben Geistliche gegen die Verfilmung von "Sakrileg" protestiertBild: AP

Zu dem bevorstehenden Filmstart gab es aber auch noch von anderen Stellen Ärger. In den Vereinigten Staaten wurden Boykott-Aufrufe laut, ein philipinischer Staatssekretär forderte ein Verbot des Filmes. In Tschechien wird "Sakrileg" mit den Mohammed-Karikaturen verglichen. Auf der Inselgruppe Färöer wird "Sakrileg" erst gar nicht gezeigt. Die Besitzer der beiden Filmtheater haben sich dazu entschlossen, keine Kopien zu bestellen. 90 Prozent der 48.000 Einwohner auf den 17 bewohnten Felseninseln im Nordatlantik sind streng evangelisch.

Viel Lärm um nichts?

Obwohl das Buch und nun der Film an jeder Ecke Gesprächsthema sind, weiß man recht wenig über die teure Megaproduktion. Sony hat sich alle Mühe gegeben, vor dem Filmstart nichts an die Öffentlichkeit kommen zu lassen. Vielleicht haben die Macher sich von der Geheimniskrämerei des Opus Dei inspirieren lassen. Wie keinem anderen Film in diesem Jahr, ging dem Filmstart ein imposantes und scheinbar perfektes Marketing voraus: Journalisten bekamen den Film in voller Länge erst am Dienstag, einen Abend vor der Premiere, zu sehen. Wochen vorher wurden lediglich Filmausschnitte gezeigt. Die Journalisten mussten sich verpflichten Stillschweigen zu wahren.

Der Aufwand scheint sich allerdings nicht gelohnt zu haben. Die Pressevorführung schien ein Fiasko. Keine Hand rührte sich zum Applaus nach der Präsentation des zweieinhalb Stunden langen Thrillers am Dienstagabend vor der internationalen Filmpresse in Cannes. Ein amerikanischer Filmmacher erklärte: "Viel Lärm um nichts".

Die Hauptdarsteller, der Autor und der Regisseur haben sich am Dienstag (16.5.2006) von London aus mit einem Sonderzug auf den Weg nach Cannes gemacht. Die 1421 Kilometer lange Fahrt im Eurostar "Da Vinci Code" soll zugleich als längste Zugreise ohne Aufenthalt ins "Guinness-Buch der Rekorde" aufgenommen werden. Gespannt lässt sich abwarten, ob es am Ende vielleicht heißen wird: Viel PR um - oder besser - für nichts.