Die Fracking-Frage
17. November 2014Nein, beteuern die Sprecher von Umwelt- und Wirtschaftsministerium: Das Fracking bleibt in Deutschland verboten, sogar unbefristet. Aber, so Michael Schroeren, Sprecher von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), am Montag in Berlin: "Experten können ja irgendwann zu anderen Erkenntnissen gelangen, und auch politische Mehrheiten können sich ändern." Und die Ministerin selbst ergänzte in einem Radiointerview, in Deutschland könne eine Regierung nicht einfach für alle Zeiten etwas verbieten, man müsse schon den Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit einhalten.
Klingt nach einem Hintertürchen - und so ist es wohl auch. Obwohl die Methode, in Stein gebundenes Gas aus tiefen Schichten zu fördern, kaum Freunde in Deutschland hat. Im Gegensatz zu den USA, wo die Förderung zwischenzeitlich zu einem Boom und auch zu sinkenden Treibhausgasemissionen geführt hat. Gas ist wesentlich umweltfreundlicher als Kohle. Aber die Technik der Förderung - so argwöhnen Umweltverbände hierzulande - birgt hohe Risiken:
Ein Gemisch aus Wasser und Chemikalien wird unter hohem Druck tief in die Erde gepresst, löst dort das Gas vom Stein - mit hohen Risiken etwa für das Grundwasser, so die Kritiker.
Noch nicht vom Tisch
Rechtlich geregelt ist das Fracking in Deutschland noch nicht, aber schon nach der ersten Meldung, auch Deutschland habe im Norden und Westen geeignete Gasvorkommen, formierte sich der Bürgerwiderstand. Und die Politik beschloss, das heiße Eisen gar nicht erst anzufassen: Im Sommer einigten sich Umweltministerin Hendricks und SPD-Wirtschaftsminister Gabriel auf Eckpunkte, die einem Fracking-Verbot sehr nahe kamen.
Das entsprechende Gesetz soll bald verabschiedet werden - jetzt berichteten Medien von einigen kleinen, aber nicht unwichtigen Änderungen, die vor allem der Wirtschaftsflügel der CDU durchgesetzt haben soll.
Ein Expertengremium aus sechs Wissenschaftlern soll gebildet werden, dass darüber beraten darf, ob bestimmte geologische Schichten nicht doch geeignet sein könnten für ein gefahrloses Fracking. Und zunächst hieß es, dass generelle Verbot für die Förderung oberhalb von 3000 Metern Tiefe werde gar ganz gestrichen. Eine Falschmeldung sei das, beeilten sich die Sprecher der Ministerien zu sagen. Die Expertenkommission aber wird es wohl geben.
Schon ist die Aufregung groß. Oliver Krischer, Grünen-Politiker im Bundestag, argwöhnt: "Die Große Koalition schafft ein Fracking-Ermöglichungsgesetz." Die Regierung setzt sich jetzt über die breite Ablehnung in der Bevölkerung hinweg.
Und auch der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) kritisierte, die Regierung wolle verhindern, dass Vertreter der Umweltgruppen beim Thema Fracking ein Wort mitreden - daher die Festlegung auf Wissenschaftler in dem Beratergremium.
Schlussendlich nur fast ein Fracking-Verbot?
Das klingt etwas sehr dramatisch. Tatsache ist aber trotzdem, dass es in den letzten Monaten immer mehr Stimmen gab, die das Fracking nicht für alle Zeiten verdammen wollten. Denn Deutschland, lange Zeit Vorreiter im Klimaschutz, kämpfte zuletzt mit steigenden Emissionen von Treibhausgasen. Daran ist vor allem die hohe Verstromung der Braunkohle schuld. Außerdem könnte durch Fracking gefördertes Gas die Abhängigkeit von Lieferungen aus Russland verringern.
Zu den vorsichtigen Fracking-Fans gehört offenbar auch Angela Merkels Minister im Kanzleramt, Peter Altmaier (CDU), der noch im vergangenen Jahr Umweltminister war. Er setzte den neuen Kompromiss von Umwelt-und Wirtschaftsministerium durch. Mit dem Segen der Kanzlerin, darf man sich sicher sein. Tenor: Fracking jetzt nicht - aber in der fernen Zukunft? Vielleicht.