Das Merkel-Barometer
14. Mai 2017Dass die diesjährige Wahl im bevölkerungsreichsten Bundesland keine gewöhnliche ist, scheint den Bürgern in Nordrhein-Westfalen bewusst zu sein: Nach Angaben des Landeswahlleiters hatten bis 16 Uhr bereits 59 Prozent ihre Stimme abgegeben. Damit war die Wahlbeteiligung von 2012 (59,6 Prozent) bereits zwei Stunden vor Schließung der Wahllokale fast erreicht.
Noch bis 18 Uhr können sich mehr als 13 Millionen Menschen an Rhein und Ruhr zwischen 31 Parteien entscheiden, darunter 840.000 Erstwähler. Bestätigen sich die jüngsten Umfragen, ist eine Große Koalition am wahrscheinlichsten. Doch wer wird sie führen? Ob SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft weiter im Amt bleibt oder Christdemokrat Armin Laschet Ministerpräsident wird, gilt auch als Stimmungstest für die Bundestagswahl am 14. September, bei der sich Angela Merkel und Martin Schulz gegenüberstehen.
Schulz: NRW-Wahlergebnis steht für sich
Noch am Samstag hatte die Bundeskanzlerin ihren Parteifreund Laschet bei einer Wahlkampfveranstaltung unterstützt. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sagte nach seiner Stimmabgabe in Würselen, das Ergebnis der Landtagswahl stehe erst einmal für sich, sie sei aber gleichzeitig ein "stimmungsbeeinflussender Wahlvorgang".
Hannelore Kraft zeigte sich bei ihrer Stimmabgabe in Mühlheim an der Ruhr zuversichtlich. "Wir haben fleißig gearbeitet und die Partei war bis zur letzten Minute unterwegs", sagte die Sozialdemokratin. Auch CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet, der am Vormittag in Aachen wählte, gab sich optimistisch. Das Ergebnis werde wahrscheinlich knapp, aber es gebe "eine reale Chance, das wir gewinnen können".
Große Parteien etwa gleichauf
Während Kraft um den Verbleib an der Regierungsspitze kämpft, konnten die Christdemokraten ihres Herausforderers Laschet in Umfragen zuletzt deutlich zulegen. "Es läuft jetzt zu auf die Situation: Er oder ich", meinte denn auch die Regierungschefin in Düsseldorf. Laschet erhielt beim Wahlkampfabschluss seiner Partei in Aachen nochmals Unterstützung von Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel.
Realistische Chancen auf den Einzug in den neuen Landtag haben neben SPD und CDU die liberale FDP, die Grünen, die rechtsgerichtete "Alternative für Deutschland" (AfD) und die Partei Die Linke. Insgesamt bewerben sich mehr als 1300 Frauen und Männer um mindestens 181 Mandate.
Rot-Schwarz oder Schwarz-Rot?
Eine Fortsetzung der bislang in NRW regierenden rot-grünen Koalition dürfte angesichts des prognostizierten schwachen Abschneidens der Grünen nicht möglich sein. "Rot-Rot-Grün" - also einer Regierung unter Beteiligung der Linken - hat die SPD eine klare Absage erteilt. Die Grünen lehnen ihrerseits eine "Jamaika-Koalition" mit CDU und FDP ab. Die FDP will laut Parteitagsbeschluss "unter keinen Umständen" über eine sogenannte Ampel-Koalition mit SPD und Grünen verhandeln.
Halten sich alle Parteien an ihre Ankündigungen, dürfte alles auf eine große Koalition hinauslaufen - unter Führung von Kraft oder Laschet - je nachdem, welche Partei am Ende die Nase vorn haben wird.
hk/rb (dpa, rtr, afp)