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Das Mode-Phänomen Inditex

Stefanie Claudia Müller Madrid
20. November 2018

Zara, Bershka, Pull&Bear - diese und andere Marken machen Inditex aus Spanien zu einem der größten Modekonzerne der Welt. Das Geheimnis des Erfolgs: Technologie und Tempo. Von Stefanie Müller, Madrid.

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Zara Geschäft in Büssel
Bild: Inditex

Der eher klein gewachsene und spröde wirkende Pablo Isla hat nicht das magnetische Auftreten eines Steve Jobs. Der Mann an der Spitze des wohl erfolgreichsten spanischen Unternehmens wirkt auf den ersten Blick eher farblos.

Dennoch gibt es viele Gemeinsamkeiten zwischen Islas Erfolg bei Inditex, dem zweitgröβten Modekonzern der Welt, und dem verstorbenen Gründer von Apple. Jobs erkannte schnell, wie wichtig die Kombination von Design und Technologie ist und formte so eine der wertvollsten Marken der Welt.

Pablo Isla, CEO von Inditex
Pablo Isla im März 2018 bei der Präsentation der Jahresbilanz von InditexBild: Getty Images/AFP/M. Riopa

Isla setzt zwar nicht auf Markenwert, sondern auf Rentabilität, aber unter der gleichen Formel: Design und Technologie. Inditex verdient heute mit jedem umgesetzen Euro doppelt so viel wie seine Wettbewerber. Der Gewinn betrug 2017 rund 3,4 Milliarden Euro, sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Harvard Business Review wählte Isla auch deswegen zum CEO des Jahres. Er konsolidierte, was der Gründer auf den Weg gebracht hat: Zara und sieben andere weltweit positionierte Mode-Labels.

Rechte Hand des Inditex Gründers

Isla war ab 2005 die rechte Hand von Amancio Ortega, dem einfachen Hemdverkäufer, der den Konzern aus dem Nichts geschaffen hat. Der 82-jährige Galizier wies seinem Ziehsohn die Richtung. Als Ortega sicher war, dass Isla den richtigen Weg verfolgen würde, zog er sich 2011 zurück.

Die Macht aus der Hand zu geben, fiel dem Gründer schwer. Aber Ortegas Abneigung gegen jede Art von Öffentlichkeit war nach dem Börsengang der Gruppe 2001 nicht mehr haltbar. Inditex brauchte ein smartes Gesicht und eine überzeugende Stimme, und Isla schien dafür die richtige Wahl.

Pull & Bear Flagshipstore in Berlin
Pull&Bear-Flagshipstore in BerlinBild: Inditex

Der 1964 geborene Manager mit dem inzwischen ergrauten Krauskopf kommt aus der Welt der Gesetze, des Tabaks, der Banken und der Logistik. Mit Mode hatte Isla wenig zu tun. Sie scheint ihn auch nicht sonderlich zu interessieren, denn langweiliger als er kann man sich kaum noch kleiden. Im vergangenen Jahr investierte er dagegen eine Milliarde Euro in Innovation: noch mehr Vernetzung, Ware, die noch leichter nachzuverfolgen ist. 

Inditex wächst seit 40 Jahren

Auch Ortega hatte mit Mode und Design wenig am Hut. Dafür hatte er ein Geschäftsmodell im Kopf, das auf Schnelligkeit basierte. Er wollte Trends in Rekordtempo umsetzen und in die Geschäfte bringen. Schon in den 1980er Jahren war ihm klar, dass das nur mit Hightech möglich war.

Ortega wollte nicht mit der Marke Geld machen, sondern mit dem Volumen - dabei aber keine großen Lagerbestände anhäufen. Zara ist ein Label für Smart-Shopping, aber keine Marke wie Calvin Klein. Aus der Zentrale in La Coruña liefern die Spanier zweimal pro Woche in die fast 7500 Geschäfte auf der ganzen Welt. Eine der Sendungen enthält komplett neue Schnitte und Farben, die andere erneuert den Bestand.

Infografik Inditex und seine Marken

Dieser Rythmus ist nur möglich durch eine Fließbandarbeit, die immer dem Puls der Zeit folgt. Die Shops von Inditex sind Pulsmesser für Trends und eine wichtige Säule in der Logistik, weil sie selber bestimmen, was je nach Tagesgeschäft geliefert werden soll.

"Unser Erfolg, selbst in Zeiten von Wirtschaftskrisen, hat auch damit zu tun, dass wir von Anfang so organisiert waren, dass wir perfekt online funktionieren konnten", sagt Isla.

Seit 2017 arbeiten alle Linien mit dem RFID-Tracking-System, das Waren per Funk-Chips identifizierbar macht. Die Lager des Konzerns sind fast komplett automatisiert. Überall wird gespart.

Hochprofitable Mode

Das alles sind Gründe, warum Inditex laut dem Wirtschaftsmagazin Forbes der zweitgrößte Modekonzern der Welt ist, nach dem französischen Luxusgüter-Konzern LVMH, der rund 70 verschiedene Marken umfasst.

Inditex Vertriebszentrum nach Europa in Spanien
Inditex-Vertriebszentrum in Spanien: Die meisten Nähbetriebe sitzen in China, gefolgt von der Türkei und PortugalBild: Inditex

Inditex setzte im vergangenen Jahr 25,3 Milliarden Euro um, neun Prozent mehr als im Vorjahr. Dank der rigorosen Fokussierung von Produktion und Logistik auf die Nachfrage ist Inditex doppelt so rentabel wie seine Wettbewerber H&M oder Gap. Die operative Marge beträgt satte 20 Prozent.

Das war nicht immer so und ist Islas Management zu verdanken. Der kreierte keine weiteren Modelinien, sondern setzte ganz auf das Online-Geschäft, das allein im vergangenen Jahr weltweit um 41 Prozent wuchs. Das und auch die globale Präsenz in 96 Ländern schützt den Konzern vor Krisen.

Weltweit vernetzt

Nicht nur die Designer in der Zentrale in La Coruña, die aus aller Welt kommen, sondern auch die Verkäuferinnen rund um den Globus sind per App mit der Produktion und dem Lager verbunden. Sie alle fungieren als Trendscouts. Läuft in vielen Geschäften die Farbe Braun nicht, wird in Galizien auf dem Zeichentisch sofort was anderes ausprobiert.

Ortega und Isla haben eine perfekte Kopiermaschine geschaffen, die nichts anderes macht, als weltweit Modetrends aufzuspüren, sie in Rekordzeit umzusetzen und in die eigenen Läden zu bringen.

Inditex Technologiezentrum an der Firmenzentrale in La Coruña
Alles im Blick: Technologiezentrum in der Firmenzentrale von Inditex in La CoruñaBild: Inditex

Der Startschuss dazu fiel 1989 dort, wo nach Meinung Ortegas die wichtigsten Modetrends entstehen: Zara ging nach New York und Paris - und nicht nach München, Mailand oder Rom. Neue Farben oder Schnitte kommen binnen drei Wochen in die Geschäfte.

Gefertigt werden die Textilien von 7210 Nähbetrieben in der ganzen Welt. Die meisten davon sind in China (1866 Betriebe), der Türkei (1459) und Portugal (1344). 

Börse wenig begeistert

Es dauerte lange, bis Isla die Analysten von den Vorteilen dieses Systems überzeugen konnte. Inzwischen gilt Zara zwar als Modell für ein logistikgetriebenes, globales Unternehmen, doch die Aktie läuft immer noch lahm. In fünf Jahren stieg der Preis gerade einmal von 23 auf 25 Euro.

Das Hauptproblem: Inditex wird trotz aller Bemühungen nicht als Tech-Konzern wahr genommen. Das ist die nächste Herausforderung für Inditex-Chef Isla. Genug Geld bekommt er: Laut spanischen Zeitungsberichten verdient der gelernte Anwalt über drei Millionen Euro Festgehalt im Jahr.